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Infolge eskalierender Gewalt beendet Ärzte ohne Grenzen seine Arbeit im Samsam-Camp
© Mohammed Jamal
Sudan2 Min.
Die Angriffe und Kämpfe rund um das Vertriebenencamp Samsam in Nord-Darfur verunmöglichen es den Teams von Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans FrontIères (MSF), ihre Arbeit fortzusetzen. Die Organisation wird alle Aktivitäten im Camp einstellen und ihr provisorisches Spital schliessen. Angesichts des immensen medizinischen Bearfs im Camp, in dem etwa eine halbe Million Menschen leben, ist dieser Entscheid sehr schwergefallen.
In den ersten drei Februarwochen nahm Ärzte ohne Grenzen 139 Verwundete im provisorischen Spital von Samsam auf, die meisten mit Schuss- und Splitterverletzungen. Das Spital ist jedoch nicht auf unfallchirurgische Behandlungen ausgerichtet, sondern wurde in erster Linie zur Behandlung der massiven Mangelernährung eingerichtet. Vergangenes Jahr wurde die Ernährungskrise im Camp als Hungersnot eingestuft.
Elf Patient:innen sind im Spital verstorben, darunter fünf Kinder. Wir konnten sie weder angemessen behandeln noch in das Saudische Spital überweisen, das als einziges in al-Faschir chirurgische Kapazitäten hat. Zwei unserer Krankenautos wurden im Januar und Februar beschossen, als sie Patient:innen aus dem Camp nach al-Faschir brachten. Jetzt ist die Situation noch gefährlicher und entsprechend sind viele Menschen geradezu im Camp gefangen, darunter solche, die dringend einen unfallchirurgischen Eingriff oder Notfall-Kaiserschnitt benötigen.
Die Menschen in der Region leiden unter den heftigen Kämpfen zwischen den Rapid Support Forces und den Joint Forces, einer Koalition bewaffneter Gruppen, die mit den sudanesischen Streitkräften verbündet sind. Die Rapid Support Forces belagern und beschiessen al-Faschir seit zehn Monaten. In letzter Zeit haben sie ihre Offensive verstärkt und auch das Samsam-Camp angegriffen, besonders heftig am 11. und 12. Februar. Die Bevölkerung, die schon vorher um ihr Leben bangen musste, hat jetzt noch schlechteren Zugang zu Wasser und Lebensmitteln.
«Inmitten einer ausufernden Katastrophe unsere Arbeit in Samsam zu beenden, war eine herzzerreissende Entscheidung», so Yahya Kalilah. «Mehr als zwei Jahre haben unsere Teams ihr Möglichstes getan, um Hilfe zu leisten». Inzwischen seien auch minimale Sicherheitsbedingungen nicht mehr erfüllt. Wir haben keine Wahl angesichts der unmittelbaren Nähe der Gewalt, der Schwierigkeiten beim Transport von Hilfsgütern. Zudem ist es uns nicht möglich, erfahrenes Personal zu entsenden und sie unsicheren Fluchtwege aus dem Camp sind für Mitarbeitende wie auch die Bevölkerung sehr unsicher.»
In der letzten Zeit kamen zu den etwa 500'000 Menschen im Camp noch Vertriebene aus Abu Zerega, Shagra und Saluma, die nun in Schulen, Gemeindegebäuden oder im Freien untergebracht sind. Sie berichten von Brandstiftung, Plünderungen, sexualisierter Gewalt, Morden und Misshandlungen in den Dörfern und Straßen um al-Faschir.
Ärzte ohne Grenzen ist angesichts der Sicherheitslage zutiefst besorgt und appelliert an die Rapid Support Forces, die Joint Forces sowie alle bewaffneten Akteure der Region, die Zivilbevölkerung zu schützen und all jene, die fliehen wollen, unversehrt zu lassen. Darüber hinaus müssen die Kriegsparteien dringend ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe gewähren. Ihre Verbündeten sowie Staaten mit Einfluss auf die Kriegsparteien sollten helfen, entsprechende Hindernisse zu beseitigen.
© Mohammed Jamal