Alarmierende Zahlen in Syrien: Zahlreiche Verletzte in Damaskus und Homs

Un quartier résidentiel détruit à Homs en 2012.

Syrien3 Min.

Auch der Zustand des Gesundheitssystems ist kritisch: Rettungsteams und Spitäler werden regelmässig angegriffen; medizinisches Material zur Behandlung der Verletzten wird knapp.

Der wiedererstarkte Konflikt hat Ende November in belagerten Gebieten um Damaskus und Homs zu einer deutlich erhöhten Zahl von Verletzten geführt, berichten von Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) unterstütze Einrichtungen. So wurde Ost-Ghouta am 25. November von mehreren Luftangriffen getroffen. Unter den zahlreichen Opfern sind auch Frauen und Kinder. Die endgültige Zahl der Verletzten und Toten ist noch unklar. Auch der Zustand des Gesundheitssystems wird immer prekärer: Rettungsteams und Spitäler sind wiederholt unter Beschuss, und auch medizinisches Material zur Behandlung der Verletzten wird knapp.
Seit dem 17. November berichten die von MSF unterstützten medizinischen Einrichtungen in belagerten Gebieten wie Ost-Ghouta in der Nähe von Damaskus oder Al Waer in der Nähe von Homs von sehr hohen Verletzten- und Opferzahlen. Den Angaben von Kliniken in Ost-Ghouta zufolge wurden an einem einzigen Tag mit intensivem Beschuss und Bombenangriffen 261 Verletzte und 30 Tote eingeliefert; das Spital in Al Waer zählte an dem Tag 100 Verletzte und 13 Tote.
Ende November wurde ausserdem ein Rettungssanitäter in Ost-Ghouta bei einem Luftangriff schwer verletzt. In Zabadani wurde ein Anästhesie-Assistent im Scharfschützenfeuer verletzt. Auch drei Rettungsfahrzeuge wurden getroffen und zerstört. In Ost-Ghouta wurde ein von uns unterstütztes  Spital beschädigt, als eine Bombe das Nachbarhaus traf. Infolgedessen war die Intensivstation nicht mehr nutzbar – zu einer Zeit, als diese gerade besonders dringend gebraucht wurde.

60 Prozent der Toten sind Frauen oder Kinder unter 15 Jahren

Die Tatsache, dass auch Schulen und Wohngebiete getroffen werden, zeigt, dass es sich zumindest bei einigen Angriffen um willkürlichen Beschuss und willkürliche Bombenabwürfe auf zivile Gebiete handelt. In Ost-Ghouta sind 43 Prozent der Verletzten und 60 Prozent der Toten Kinder unter 15 Jahren oder Frauen. Für Al Waer fehlen uns noch vollständige Daten zu Alter und Geschlecht.
«Während wir auf die katastrophalen Zustände in Ost-Aleppo aufmerksam machen, ist die Lage auch in anderen Konfliktgebieten besorgniserregend», sagt Anja Wolz, medizinische Programmleiterin von MSF in Syrien. «Erst gestern wurden zwei Schulen in Ost-Ghouta getroffen, als die Schüler am Ende des Tages die Schulgebäude verliessen. Alle Verwundeten, bis auf eine Person, waren Frauen und Kinder. 16 von ihnen wurden in einer von uns unterstützten Einrichtung behandelt und andere wurden mit Rettungswagen zu anderen medizinischen Einrichtungen in der Gegend gebracht. Am vergangenen Sonntag geriet ein Rettungsteam, das dabei war, Menschen aus von Bomben getroffenen Gebäuden auszugraben, wiederholt unter Mörserbeschuss. Neun Mitglieder des Rettungsteams wurden dabei verletzt und mussten selbst behandelt werden.»
«Wir sind entsetzt, dass so viele Frauen und Kinder unter den Verletzten und Toten sind, die in die von uns unterstützte medizinische Einrichtung eingeliefert werden», fährt Wolz fort. «Wir sollten uns alle Gedanken über das Schicksal der Menschen machen, die in den Konfliktgebieten festsitzen. Wenn schon die Bombenabwürfe und Kämpfe nicht gestoppt werden können, dann müssen die Kriegsparteien zumindest darauf achten, damit die Ärzte und Rettungsteams nicht getroffen werden, die lebensrettende Arbeit leisten.»

Sämtliches Gesundheitspersonal in Notaufnahme und Chirurgie

Das Personal der von MSF unterstützten Einrichtungen berichtet, dass sich viele Bewohner aus Angst vor den regelmässigen Bombenabwürfen in Kellern aufhalten. Rettungsfahrzeuge sind über das Gebiet verteilt, anstatt an einer zentralen Notfallstelle zu stehen. Die Gefahr, dass alle Fahrzeuge bei einem einzigen Luftangriff zerstört werden, ist zu hoch. Einige Spitäler mussten ihre reguläre Gesundheitsversorgung einstellen, weil alle Mitarbeitenden in der Notaufnahme und den chirurgischen Abteilungen gebraucht werden.
Die medizinischen Materialbestände sind in einigen Spitälern sehr niedrig: MSF hat drei Notfallanfragen für intravenöse Flüssigkeiten, Antibiotika und Schmerzmittel erhalten und die entsprechenden Materialen geliefert. Darüber hinaus bereiten unsere Teams 19 weitere Lieferungen vor, die die medizinischen Einrichtungen in Ost-Ghouta angefordert haben.
MSF betreibt sechs Einrichtungen im Norden Syriens und unterstützt mehr als 70 Gesundheitszentren und Spitäler im ganzen Land. Wir bieten einem Netzwerk von etwa 80 weiteren medizinischen Einrichtungen kurzfristige, medizinische Notfallspenden an. In den unterstützten Einrichtungen sind keine Mitarbeitenden von MSF tätig.