Myanmar: Humanitäre Notlage im Bundesstaat Rakhine
Myanmar3 Min.
MSF fordert besseren Schutz für gefährdete Bevölkerungsgruppen und für humanitäre Helfer.
Auch acht Monate nach dem Ausbruch schwerer lokaler Auseinandersetzungen im Bundesstaat Rakhine in Myanmar haben zehntausende Menschen immer noch keinen Zugang zu dringend benötigter medizinischer Versorgung. Dies berichtet die internationale Hilfsorganisation Médecins Sans Frontières / Ärzte ohne Grenzen (MSF). Die Organisation fordert die Behörden und die Gemeinde-Verantwortlichen auf sicherzustellen, dass alle Menschen in Rakhine ohne Angst vor Gewalt, Missbrauch und Drangsalierung leben können und dass humanitäre Organisationen jenen helfen dürfen, die am meisten auf Hilfe angewiesen sind.
Gemeinden und Dorfgemeinschaften, die früher Seite an Seite lebten, sind seit den Gewaltausbrüchen im Juni und Oktober tief gespalten. Tausende haben ihr Dach über dem Kopf verloren und leben nun in behelfsmässigen Unterkünften, abgeschnitten von Gesundheitsversorgung und ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser. Nach offiziellen Schätzungen gehört die überwiegende Mehrheit der Vertriebenen einer muslimischen Minderheit an, die häufig als Rohingya bezeichnet wird.
Harte Lebensbedingungen in den Lagern
„Die dringendsten medizinischen Bedürfnisse haben wir bei den Menschen festgestellt, die in den provisorischen Lagern in Reisfeldern oder an anderen überfüllten Orten leben“, sagt Arjan Hehenkamp, Direktor von MSF Holland. „Die konstante Unsicherheit und wiederholte Drohungen und Einschüchterungen durch eine kleine, aber lautstarke Gruppe in Rakhine beeinträchtigen unsere Fähigkeit, lebensrettende medizinische Versorgung zu liefern.“
Vertriebene berichten gegenüber MSF, wie hart das Leben in den Lagern ist. „Wir machen uns grosse Sorgen um unsere Frauen; wir haben mehr als 200 schwangere Frauen in unserem Lager. Für die Geburt können sie nicht in ein Gesundheitszentrum gehen. Sie müssen hier entbinden, im Schlamm und ohne Arzt“, berichtet ein Mann in einem Vertriebenenlager in Pauktaw Township in Rakhine.
Die häufigsten Beschwerden, die bei den mehr als 10’000 medizinischen Untersuchungen in den Lagern seit Oktober festgestellt wurden, sind Hautinfektionen, Würmer, chronischer Husten und Durchfallerkrankungen. Die Mangelernährungsraten schwanken, doch in mehreren Lagern zeigen Screenings alarmierende Zahlen akut mangelernährter Kinder. Sauberes Wasser wäre zwar oft vorhanden, doch wird den Vertriebenen mitunter der Zugang dazu verweigert. „Die einzige Trinkwasserstelle, die wir haben, müssen wir mit dem Vieh eines nahegelegenen Dorfes teilen. Fünf Minuten von hier liegt ein Teich mit kristallklarem Wasser. Doch wir getrauen uns nicht, dorthin zu gehen“, berichtet ein Mann in einem Vertriebenenlager in Pauktaw Township.
Medizinische Teams werden bedroht
Währenddessen sehen sich die medizinischen Teams von MSF anhaltenden Drohungen und Anfeindungen ausgesetzt. In Flugblättern, Briefen und in Facebook-Postings haben einige Personen in Rakhine MSF und anderen wiederholt vorgeworfen, „pro-Rohingya“ zu sein. Es sind diese Drohungen, die für MSF die grösste Herausforderung darstellen, um tätig sein zu können. Die Behörden könnten zudem mehr tun, um klarzustellen, dass die Androhung von Gewalt gegenüber Gesundheitspersonal inakzeptabel ist.
„Wir haben wiederholt erklärt, dass MSF nur versucht, jenen Menschen medizinische Hilfe zu bieten, die diese am dringendsten brauchen. Dies ist jedoch nicht ausreichend, um die Anschuldigungen zu entkräften“, so Hehenkamp. „Wir fordern die Verantwortlichen der Gemeinden und die Behörden auf, mehr zu tun, um den Drohungen entgegenzuwirken, so dass die humanitäre Hilfe jene erreichen kann, die dringend darauf angewiesen sind.“