Tschad: Kürzungen der Nahrungsmittelrationen für sudanesische Geflüchtete: Ärzte ohne Grenzen schlägt Alarm
© Laora Vigourt/MSF
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Da die humanitäre Hilfe in den Geflüchtetencamps nicht nachhaltig finanziert ist, sind die Menschen noch mehr Leid und Gesundheitsrisiken ausgeliefert, warnt Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF). Die humanitäre Hilfsorganisation fordert die Geber auf, dringend ihre Finanzierungspolitik zu überprüfen.
Im Sudan wütet weiterhin der Krieg und vertreibt die Menschen aus dem Land. Der humanitäre Bedarf in den Geflüchtetencamps im Osten des Tschad bleibt daher gross, auch was den Zugang zu genügend Nahrung betrifft. Seit Ausbruch des Krieges im April 2023 sind mehr als eine halbe Million Menschen über die Grenze ins Nachbarland geflüchtet. In Aboutengue leben knapp 45'000 sudanesische Geflüchtete, die meisten von ihnen Frauen und Kinder. Sie sind mit drastischen Kürzungen der Lebensmittelrationen konfrontiert und leben unter prekären Bedingungen, da es an angemessenen Unterkünften mangelt.
Anfangs bekamen wir genug zu essen, aber jetzt sind die Rationen kleiner geworden. In letzter Zeit haben wir nur noch Sorghum und Öl erhalten. Wir haben nicht genug, um unsere Familie zu ernähren.
Seit Februar wurden die Rationen nach und nach gekürzt. Die Ungewissheit über die künftige Finanzierung hat zu erheblichen Lieferunterbrechungen und Verzögerungen geführt.
«Wir beobachten diese wiederkehrenden Engpässe bei der Verteilung von Nahrungsmitteln sehr genau», sagt Danielle Borges, Nothilfekoordinatorin von Ärzte ohne Grenzen im Ost-Tschad. «Es wäre verheerend, wenn die Lücken in der humanitären Hilfe zu einer zusätzlichen Ernährungskrise in diesen Camps führen würden.»
Das Camp Aboutengue ist geografisch isoliert, es gibt in diesem Gebiet kaum Möglichkeiten zur Existenzsicherung. Die Geflüchteten sind daher stark auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Um etwas Geld zu verdienen, sammeln sie in umliegenden Wäldern Brennholz. Dies birgt jedoch grosse Risiken. «Manchmal werden wir im Wald von Leuten bedroht, die sagen, dass wir kein Holz sammeln dürfen. Ein paar von uns wurden dabei sogar zusammengeschlagen», sagt Aziza. Die Mutter lebt mit ihren sieben Kindern seit Juli letzten Jahres im Camp.
Ein Bündel trockener Äste wird auf den informellen Märkten, die sich rund um das Camp gebildet haben, für umgerechnet 1 bis 3 Franken verkauft. «Da es an Nahrungsmitteln und finanzieller Unterstützung mangelt, bleibt den Frauen nichts anderes übrig als Brennholz zu sammeln und es zu verkaufen», sagt Atsuhiko Ochiai, Projektkoordinator von Ärzte ohne Grenzen. «Leider gibt es immer wieder Geschichten von Frauen, die im Wald überfallen werden.»
Die geringer ausfallenden Nahrungsmittelportionen könnten zu einer Zunahme von Mangelernährung führen, insbesondere bei Kindern. «In Aboutengue behandelt Ärzte ohne Grenzen jeden Monat Hunderte von Kindern mit mittelschwerer und schwerer akuter Mangelernährung», sagt Borges. «Wir befürchten, dass sich diese Situation verschlimmern könnte, wenn die Nahrungsmittelknappheit anhält.»
In Metché, einem Camp, das zwei Autostunden von der Grenzstadt Adré entfernt liegt, ist die Lage ähnlich alarmierend. Viele Geflüchtete leben dort von nur einer Mahlzeit am Tag. Sowohl in Metché als auch in den nahe gelegenen Camps Alacha und Arkoum wurden in den letzten Monaten zwar Lebensmittel verteilt, die Menschen erhalten aber Lebensmittelrationen mit weniger Kalorien. Im Spital von Ärzte ohne Grenzen in Metché ist das stationäre therapeutische Ernährungszentrum die am stärksten ausgelastete Station; von Januar bis August hat die Zahl der Kinder mit schwerer akuter Mangelernährung und Komplikationen aus den Camps Alacha und Arkoum zugenommen. Damit sich die Situation nicht noch weiter verschlimmert, müssen die Nahrungsmittelrationen vergrössert und logistische Probleme gelöst werden.
Die Notlage der Geflüchteten spitzt sich zu, weil die humanitäre Hilfe nicht nachhaltig finanziert ist. «Es herrscht das Gefühl vor, dass diese Krise von den wichtigen Gebern vernachlässigt wird», sagt Borges. «Ohne sofortige substanzielle Unterstützung riskieren wir, dass sich die humanitäre Katastrophe in diesem Gebiet noch verschlimmert.»
Seit mehr als einem Jahr unterstützt Ärzte ohne Grenzen die Geflüchteten im Camp Aboutengue. Unsere Teams sorgen für die grundlegende medizinische Versorgung, Wasser sowie Latrinen. Zudem behandeln sie mangelernährte Menschen und verteilen Hilfsgüter wie Seife, Moskitonetze und Wasserkanister. Obwohl die Geflüchteten vor 14 Monaten in dieses Camp umgesiedelt wurden, haben rund 14'000 von ihnen immer noch keine richtige Unterkunft und leben weiterhin in Behelfsunterkünften unter extrem harten Bedingungen.
Im Sudan selbst ist Ärzte ohne Grenzen eine der wenigen Organisationen, die humanitäre Hilfe leisten. Die Ernährungssituation für die Binnenvertriebenen dort ist ebenfalls dramatisch. Vor Kurzem warnte die Organisation, dass im Samsam-Camp in Nord-Darfur zehntausende Kinder an den Folgen von Mangelernährung sterben könnten, wenn nicht bald die dringend benötigten Hilfen eintreffen.
© Laora Vigourt/MSF