Äthiopien: Ein Jahr nach der brutalen Ermordung unserer Kolleg:innen
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Am 24. Juni 2021 wurden drei Mitarbeitende von Ärzte ohne Grenzen in der Region Tigray in Äthiopien ermordet. Notfallkoordinatorin María Hernández, Assistenz-Koordinator Yohannes Halefom Reda und Fahrer Tedros Gebremariam waren leblos in der Nähe ihres Fahrzeugs gefunden worden. Ein Jahr später erinnert die Präsidentin der spanischen Sektion von Ärzte ohne Grenzen, Paula Gil, an das tragische Ereignis und zeigt sich enttäuscht, dass die Verantwortlichen noch immer nicht ausfindig gemacht worden sind.
Am Freitag, 24. Juni war es genau ein Jahr her, seit unsere drei Kolleg:innen María Hernandez Matas, Tedros Gebremariam und Yohannes Halefom Reda in der umkämpften Tigray-Region getötet wurden, während sie dort dringend benötigte Hilfe leisteten.
Zu wissen, dass sie mit Absicht getötet wurden und noch niemand die Verantwortung für diese verabscheuenswürdige Tat gegen drei humanitäre Mitarbeitende übernommen hat, macht uns wütend und traurig – und verstärkt unsere Entschlossenheit, die Umstände dieser Tat in Erfahrung zu bringen.
In den vergangenen zwölf Monaten waren wir mit verschiedenen Vertreter:innen der Demokratischen Volksrepublik Äthiopien wie auch der Volksbefreiungsfront von Tigray in Kontakt und haben ihnen die vorläufigen Ergebnisse unserer eigenen internen Untersuchung mitgeteilt. Wir haben sie gebeten, uns über die Anwesenheit und die Handlungen ihrer Streitkräfte zum Zeitpunkt und am genauen Ort des Geschehens in Kenntnis zu setzen.
Obschon uns versichert wurde, dass die Ermittlungen der äthiopischen Behörden nach wie vor in Gang sind, haben wir auch ein Jahr nach der Tötung von María, Yohannes und Tedros noch keine Angaben, wann diese Untersuchungen abgeschlossen und wir über die Ergebnisse informiert werden sollen.
Wir verlangen weiterhin eine Stellungnahme von offizieller Seite, die Klarheit über die Geschehnisse dieses Tages gibt. Es ist inakzeptabel, dass die Familien der Opfer, unsere Mitarbeitenden und die Menschen, die unsere Organisation unterstützen, noch keine Antworten auf die zentralen Fragen haben: Wer waren die Täter und was war ihr Motiv?
Der erste Jahrestag der Tötung unserer Kolleg:innen fällt in eine Zeit, in der der humanitäre Bedarf in der Region Tigray und anderen Teilen Äthiopiens zunimmt. Das Land braucht dringend medizinische Hilfe. Nach fast 20 Monaten Krieg und steigender Ernährungsunsicherheit, die die Zahl mangelernährter Personen in die Höhe schnellen lässt, ist die Lage in der Tigray-Region ernst, darüber sind wir uns bewusst. Wir wollen den Menschen in Äthiopien helfen und alles in unserer Macht Stehende tun, um Leben zu retten und die dringend benötigte medizinische Hilfe zu leisten. Leider ist uns das nicht in allen Regionen möglich: Bevor wir nicht wissen, was unseren Kolleg:innen zugestossen ist und wer dafür verantwortlich ist, fehlen uns dazu die nötigen Sicherheitsgarantien.
María, Yohannes und Tedros wurden gezielt getötet, während sie am 24. Juni 2021 Hilfe für die äthiopische Bevölkerung leisteten. Wird die Verantwortung für einen solch brutalen Angriff gegen humanitäre Mitarbeitende nicht geklärt, könnte dies in Äthiopien wie auch in anderen Ländern einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen.
Die Weigerung der zuständigen Behörden, eine transparente und detaillierte Erklärung zu den Ereignissen dieses Tages zu liefern, fügt den Familien und Kolleg:innen von María, Yohannes und Tedros zusätzlichen Schmerz zu.
Wir werden ihr Andenken weiter in Ehren halten. Nie werden wir María, Yohannes und Tedros vergessen und auch nicht, was sie für Menschen in Not getan haben. Der Lauf der Zeit kann uns nicht davon abhalten, der Wahrheit auf den Grund zu gehen.
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