Dadaab: Überleben ohne Aussicht auf eine bessere Zukunft

Les camps ne remplissent plus leur rôle de refuge, le conflit somalien s’y est exporté.

Somalia / Somaliland2 Min.

Seit zwanzig Jahren leidet die somalische Zivilbevölkerung unter einem bewaffneten Konflikt. Die Ereignisse des Jahres 2011 haben die ohnehin schon äusserst prekäre Lage noch weiter verschlimmert. Hunderttausende von Somaliern sind ins Landesinnere vertrieben worden oder in Nachbarstaaten geflüchtet, um der Gewalt und den Auswirkungen der Dürre zu entkommen.

Im ersten Halbjahr 2011 haben gegen 200'000 Personen die Flüchtlingslager von Dadaab in Kenia erreicht. Es zeigte sich schnell, dass die Lager diesem massiven Zustrom in keiner Weise gewachsen waren. Während sie ursprünglich zur Aufnahme von 90'000 Personen konzipiert worden waren, zählt man dort heute fast eine halbe Million Flüchtlinge. Unter den gegebenen Umständen können Hilfsorganisationen ihre Grundbedürfnisse nur unzureichend abdecken. Die Folge davon ist, dass sich bei der Mehrheit der Neuankömmlinge der Gesundheitszustand nach ihrer Ankunft gar noch verschlechtert. Denn in den Lagern fehlt es an allem: Zugang zu Wasser, Nahrung und medizinischer Versorgung.

Die Akteure der humanitären Hilfe brauchten lange, um das Ausmass dieses medizinischen Notstands zu ermessen. Erst ab Sommer 2011 stand für die Neuankömmlinge eine angemessene Versorgung bereit. In der Zwischenzeit hat sich die Lage aber wieder zum Schlechten gewendet: Es besteht von neuem Anlass zu grosser Sorge um die 470'000 Flüchtlinge in Dadaab.

Da sich der somalische Konflikt weiter ausgedehnt hat, werden die Lager ihrer Funktion nicht mehr gerecht. Seit Oktober ist Kenia, ehemals sicherer Zufluchtsort für Flüchtlinge, durch seine militärischen Interventionen in Somalia selber zur Konfliktpartei geworden. Die Sicherheit hat sich dadurch auch in den Lagern verschlechtert, wobei wiederum die Flüchtlinge die Hauptleidtragenden der wachsenden Gewalt sind.

So hat seit der Entführung von zwei Mitarbeiterinnen von MSF / Ärzte ohne Grenzen (MSF) im vergangenen Oktober eine Mehrheit der humanitären Akteure ihre Aktivitäten vor Ort drastisch eingeschränkt. Die Flüchtlinge bleiben in der Folge weitgehend sich selber überlassen und können nur noch teilweise von den Dienstleistungen und Einrichtungen profitieren, welche die Organisationen hinterlassen.
MSF steht heute vor einem Dilemma: Wir wollen uns weiterhin in Dadaab engagieren, da die humanitären Bedürfnisse enorm sind, doch die unsichere Lage macht uns dies äusserst schwierig. Wir haben daher entschieden, uns vorläufig auf die lebenswichtigen medizinischen Aktivitäten zu konzentrieren. Sobald die Bedingungen es zulassen, sind wir aber bereit, unsere Tätigkeiten wieder zu erweitern.
In Dadaab steht die Gesundheit der Flüchtlinge auf dem Spiel. Tausende von Menschen sind einem Konflikt ausgeliefert, gegenüber dem sie machtlos sind. Es ist unerlässlich, dass die Konfliktparteien den Schutz der geflüchteten Somalier gewährleisten und ihr Recht auf angemessene Hilfe in einer sicheren Zone respektieren. Dies ist jetzt umso dringlicher, als der Konflikt sich fortwährend verschlimmert und dadurch auch die Not der Bevölkerung unaufhörlich wächst.
Laurent Ligozat, stellvertretender Direktor der Einsätze von MSF / Ärzte ohne Grenzen (MSF)