Horn von Afrika: Cholera in Zeiten der Klimakrise
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Kenia4 Min.
Zuerst einmal die gute Nachricht: Cholera ist eigentlich eine vermeidbare Krankheit, die sich gut behandeln lässt. Mit entsprechender Behandlung erholen sich 99% der Patient*innen wieder vollständig und mithilfe von Impfungen lässt sich präventiv gegen die Krankheit vorgehen. Dennoch mehren sich zurzeit weltweit die Cholera-Erkrankungen, insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent. Warum?
Die aktuellen Choleraausbrüche am Horn von Afrika gehören zu den längsten, die jemals in der Region verzeichnet wurden. Während wir einen Ausbruch an einem Ort beenden, beginnt anderswo ein weiterer.
Wie entsteht Cholera?
Eine schwerwiegende Mischung aus den Folgen der Klimakrise, unhygienischen Bedingungen in Geflüchtetencamps und einem Engpass an Impfstoff führt zurzeit am Horn von Afrika zu einer schweren Welle von Choleraausbrüchen. Insbesondere Äthiopien, Kenia und Somalia sind betroffen. Cholera ist eine akute bakterielle Infektion, die durch die Aufnahme von verunreinigten Lebensmitteln oder Wasser verursacht wird. Besonders an Orten ohne sauberes Wasser, sanitäre Einrichtungen oder medizinische Versorgung breitet sich die Krankheit schnell aus und verursacht schweren Durchfall. Unbehandelt kann Cholera innerhalb weniger Stunden zum Tod führen.
Die Klimakrise – ein entscheidender Faktor
Die Klimakrise hat einen großen Einfluss auf Krankheiten wie Cholera und beschleunigt ihre Ausbreitung. Bei starkem Regen, Wirbelstürmen oder Überschwemmungen wird das Grundwasser verunreinigt und es kommt zu stehenden Gewässern - ein ideales Umfeld für Cholerabakterien, um sich auszubreiten. Wenn es zudem noch über einen längeren Zeitraum wärmer als gewöhnlich ist, können sich die Bakterien noch leichter vermehren und das Risiko für einen Choleraausbruch steigt.
Überschwemmungen: Wir kommen nur schwer an unsere Patient*innen
Durch Überschwemmungen erreichen unsere Teams Orte schlechter, an denen es zu Choleraausbrüchen kommt. So werden Menschen, die an Cholera erkrankt sind, zu spät oder gar nicht behandelt.
"In einem Konvoi von vier Geländewagen machten wir uns von unserem Projektbüro in Jijiga auf den Weg in die Dawa-Zone, an der Grenze zu Kenia”, berichtet unser Leiter der Krankenpflege in Äthiopien, Mohamed Abdiwahab Omar. ”Sieben Tage lang fuhren wir auf unbefestigten Straßen, die mit Tierkadavern übersät waren. Am dritten Tag sorgten starke Regenfälle für heftige Überschwemmungen. Straßen und Brücken wurden weggespült. Unsere Autos blieben immer wieder im Schlamm stecken und mussten abgeschleppt werden. "
Wenn auch der letzte Tropfen Wasser verunreinigt ist
Auch Dürreperioden sorgen dafür, dass sich Cholera rasch ausbreiten kann. Wenn Flussbette austrocknen, können sich Pfützen mit schmutzigem Wasser bilden. Durch den Wassermangel sind die Menschen vor Ort gezwungen, das verunreinigte Wasser zu nutzen und können sich so leicht mit Cholera infizieren.
Besonders betroffen sind nomadische Hirtengemeinschaften. Viele von ihnen haben durch Dürren und Überschwemmungen bereits ihren Viehbestand und damit ihre Lebensgrundlage verloren. Sie sind gezwungen in städtische Gebiete zu ziehen, was den Druck auf die ohnehin schon begrenzte Grundversorgung an diesen Orten weiter erhöht. Unterkünfte für Binnenvertriebene in den Städten sind oft überfüllt und haben keine ausreichenden sanitären Anlagen, wodurch sich Cholera dort rasend schnell ausbreitet.
Menschen auf der Flucht sind besonders gefährdet
Anhaltende, gewaltvolle Konflikte am Horn von Afrika führen dazu, dass Infrastrukturen und Lebensgrundlagen zerstört werden, sodass die Menschen fliehen müssen. Jedoch herrschen in den Unterkünften, in denen sie Zuflucht finden, schlechte hygienische Bedingungen. Es gibt kaum sanitäre Einrichtungen und nur eine mangelnde medizinische Versorgung.
Seit November 2022 kommt es im Geflüchteten-Camp Dadaab in Kenia immer wieder zur Choleraausbrüchen, die sich, trotz einer Cholera-Impfkampagne im Februar 2023, kaum eindämmen lassen. “Ohne sauberes Wasser und angemessene sanitäre Einrichtungen sind Bemühungen wie eine Impfkampagne vergeblich”, sagt Kelly Khabala, unser stellvertretender medizinischer Koordinator in Kenia. "Es braucht nachhaltigere Lösungen. Wenn die sanitären Einrichtungen nicht in Qualität und Umfang ausgebaut werden, werden in den Camps in Dadaab auch noch andere Krankheiten wie Hepatitis E ausbrechen."
Eine vermeidbare Krankheit
Der Kampf gegen Cholera ist ein Teufelskreis: Durch den weltweiten Anstieg von Cholera wurde die Verfügbarkeit des Impfstoffes stark eingeschränkt. Dadurch können weniger Menschen gegen die Krankheit geschützt werden und sie verbreitet sich so noch schneller. Es müssen jetzt Maßnahmen, wie eine bedarfsgerechte Produktion des Impfstoffes und Investitionen von Regierungen in Infrastrukturen für sauberes Wasser und Abwassersysteme, ergriffen werden, um die Belastung durch die Cholera sowohl am Horn von Afrika als auch weltweit zu verringern, bevor die Zahl der Todesfälle durch diese vermeidbare Krankheit noch weiter ansteigt.
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