Im Nordosten der DR Kongo fehlt es Tausenden von Vertriebenen noch immer am Nötigsten
© Juliette Muller/MSF
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In Nizi, im Gebiet von Djugu im Nordosten der DR Kongo, leben 10’000 Vertriebene auch ein Jahr nach ihrer Ankunft noch immer unter prekären Bedingungen. Sie waren Ende 2017 vor gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen geflohen.
Vor der Strohhütte von Innocent auf einem Gelände für Vertriebene in Limani hat sich eine Menschenansammlung gebildet. «Ich weiss nicht, wie wir enden werden, wenn es so weiter geht. Die Kinder leiden, weil sie nichts zu essen haben. Wer nicht isst, wird krank!», ruft Melchior. Und Espérance erzählt: «Wir sind nun schon fast ein Jahr hier. Wir leben unter schwierigsten Bedingungen, ohne Teller und ohne Kanister, um Wasser zu transportieren. Die umliegenden Felder sind bereits bestellt, aber wir sind viele, die hier leben, so dass wir sehr weit gehen müssen, um Arbeit zu finden – für einen Lohn von nur 1000 oder 500 Francs.» [Der Betrag entspricht ungefähr einem halben Dollar.]
Auch im einige Kilometer entfernten Tsé Lowi ist die Situation nicht besser. An manchen Hütten wurden zum Schutz vor Unwettern alte Plastiksäcke oder Säcke von Nahrungsmittelverteilungen befestigt. «Es hilft ein bisschen, aber die meisten Hütten sind undicht und es regnet rein. Manche Hütten haben überhaupt keinen Schutz», erzählt Mambo, einer der Bewohner. «Es gibt keine Planen, keine Lebensmittel, keine Latrinen und nur eine einzige Wasserstelle, die weit entfernt ist und nicht viel Wasser hergibt. Unser Leben hier ist äusserst schwierig. Die Menschen sind damit beschäftigt, Essen aufzutreiben», sagt Joachim, ein Nachbar.
Melchior, Espérance und Joachim errichteten ihre behelfsmässigen Unterkünfte in Limani und Tsé Lowi im Februar 2018, als sie vor den wiederaufgeflammten Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen im Gebiet von Djugu geflohen waren. Ganze Dörfer wurden damals in Brand gesetzt und Zehntausende Menschen zur Flucht gezwungen. Allein in der Gegend um Nizi haben sich an 13 Orten insgesamt 10’000 Vertriebene niedergelassen. Das Gebiet von Djugu zählt insgesamt 26 solche Lager und in der Stadt Bunia gibt es noch einmal zwei Standorte mit insgesamt 8’700 Menschen. Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) handelt es sich bei den Bewohnern der Lager nur um einen Viertel aller Vertriebenen, denn die Mehrheit unter ihnen hat bei Gastfamilien Zuflucht gefunden.
Seit April 2018 ist MSF in der Region aktiv und unterstützt neun Gesundheitszentren und zwei Spitäler. In dieser Zeit hat MSF mehr als 57’000 kostenlose Sprechstunden durchgeführt. Trotzdem hat eine Umfrage im Oktober gezeigt, dass die Sterblichkeit in den Dörfern und Vertriebenenlagern um Nizi noch immer höher ist als üblich, vor allem bei Kindern unter fünf Jahren. Sie leiden meist unter Malaria, Durchfallerkrankungen und Atemwegsinfektionen sowie unter Mangelernährung.
«Die Lebensumstände der Vertriebenen erhöhen sowohl das Risiko für Krankheiten wie auch deren Schweregrad. Die hygienischen Bedingungen sind oft sehr schlecht und es gibt zu wenig Latrinen. Die Unterkünfte sind dergestalt, dass es fast nicht möglich ist, sich vor Moskitos oder Kälte zu schützen. Weil sie weit weg von ihren Feldern leben, haben die Menschen ihre bisherige Lebensgrundlage verloren und müssen improvisieren, um zu überleben. Als Folge steigt das Risiko für Mangelernährung bei Kindern», erklärt Dr. Moussa Ousman, MSF-Einsatzleiter. Neben diesen Schwierigkeiten gibt es zusätzlich noch strukturelle Ursachen wie der fehlende Zugang zu medizinischer Versorgung – weil die Wege für die Patienten zu weit sind oder weil ihnen das Geld fehlt –, sowie die Verbreitung von Malaria, die in der Region endemisch ist und während der Regenzeit jeweils den Höhepunkt erreicht.
Angesichts der prekären Situation vor Ort verstärkte MSF seine Aktivitäten und bildete Mitglieder der Gemeinschaften in 14 Lagern darin aus, die häufigsten Krankheiten wie Malaria, Durchfallerkrankungen und akute Atemwegserkrankungen frühzeitig zu erkennen und zu versorgen. Die Organisation hat alle diese Lager mit Medikamenten versorgt und unterstützt zusätzlich die einheimische Bevölkerung an fünf Standorten. «Um die Sterblichkeit hier spürbar zu senken, genügen medizinische Massnahmen jedoch nicht. Die Grundbedürfnisse der vertriebenen Menschen müssen ebenfalls abgedeckt werden», bemerkt Dr. Ousman – und fügt hinzu, dass es in der gesamten Provinz Ituri ungefähr 50 Vertriebenenlager mit unzähligen weiteren Menschen gebe, die Hilfe benötigten.
© Juliette Muller/MSF