Klimawandel: Malaria auf dem Vormarsch – Spitäler immer schwerer erreichbar

Von 2022 bis März 2024 haben unsere Teams in Ikongo, im Süden des Landes, in Zusammenarbeit mit der Gesundheitsbehörde 2205 Kinder unter 5 Jahren diagnostiziert und behandelt. Diese litten sowohl an Mangelernährung als auch an Malaria.

Madagaskar3 Min.

Madagaskar gehört zu den Ländern, die am stärksten von Malaria betroffen sind. Laut der Gesundheitsbehörde hat 2023 die Zahl der gemeldeten Malariafälle den nationalen epidemischen Schwellenwert überschritten. 2,8 Millionen Erkrankungen und 400 Todesfälle wurden erfasst, gegenüber 1,7 Millionen Erkrankungen im Jahr 2022.

Der Distrikt Ikongo, in dem Ärzte ohne Grenzen / Médecins Sans Frontières (MSF) tätig ist, hat mit einer Doppelkrise zu kämpfen: Sowohl Malaria als auch Mangelernährung sind hier ein Problem für die öffentliche Gesundheit. Dies wird durch geografische Gegebenheiten und den schwierigen Zugang zu medizinischen Einrichtungen noch verschlimmert. Bei Kindern unter fünf Jahren ist das Risiko für Komplikationen am höchsten. Schätzungen der USAID zufolge erkranken im Land etwa 7,5 Prozent der Kinder unter fünf Jahren an Malaria.

Erschwerend hinzu kommt, dass die Malariasaison, die sich über den Zeitraum von November bis Mai erstreckt, mit der Zeit der Zyklone und Regenfälle von Oktober bis Mai zusammenfällt. Die Strassen sind in dieser Zeit nur schwer passierbar und die Gesundheitszentren deshalb schwierig zu erreichen.

Beschwerliche Anreise hält Menschen davon ab, ein Spital aufzusuchen

Dies gefährdet das Leben der kranken Kinder zusätzlich, die so nicht rechtzeitig behandelt werden können. «Wenn es zu stark regnet, ist es für uns schwierig, die Kinder zu behandeln. Die Strassen sind schlammig und kaum passierbar. Auch die umliegenden Gewässer steigen an. Sowohl wir selbst als auch unsere Patient:innen haben Mühe, von einem Ort zum anderen zu gelangen», erklärt Dr. Nantenaina, Arzt in unserem intensiv-therapeutischen Ernährungszentrum (CRENI). 

Um hierher zu gelangen, war ich vier Stunden zu Fuss unterwegs und musste einen Fluss überqueren – meinen Sohn trug ich die ganze Zeit auf dem Rücken.

Soanary

In schwer zugänglichen Gebieten wie dem Distrikt Ikongo sind die Distanzen zwischen den Wohnhäusern und den Gesundheitseinrichtungen gross. «Erst als sich der Zustand meines Sohnes verschlechterte, habe ich mich entschieden, einen Arzt aufzusuchen», erzählt Soanary. Der vierjährige Junge ist mangelernährt und leidet zugleich an Malaria.

Soanary und ihr Sohn Clairy im intensiv-therapeutischen Ernährungszentrum von Ärzte ohne Grenzen. «Alles, was ich mir wünsche, ist, dass er wieder ganz gesund wird und mit seinen Freunden spielen kann.»

Soanary und ihr Sohn Clairy im intensiv-therapeutischen Ernährungszentrum von Ärzte ohne Grenzen. «Alles, was ich mir wünsche, ist, dass er wieder ganz gesund wird und mit seinen Freunden spielen kann.»

© Miora Rabearisoa/MSF

So wie Soanary ergeht es hier vielen. Fehlende Transportmittel und der schlechte Strassenzustand machen es für die Menschen in dieser Gegend schwierig, Gesundheitszentren oder Malaria-Posten zu erreichen. Dies gilt insbesondere für die Regen- und Zyklonzeit. Viele suchen erst dann ein Spital auf, wenn es wirklich ernst ist.

Klimawandel wirkt sich in vielerlei Hinsicht aus 

Madagaskar ist besonders stark von den Folgen des Klimawandels betroffen, extreme Wetterereignisse treten regelmässig auf. Diese erschweren nicht nur den Zugang zu medizinischen Einrichtungen, sondern wirken sich auch negativ auf die allgemeine Gesundheit und den Ernährungszustand der Menschen aus. Diese Situation ist mitverantwortlich an der Zunahme der Malaria- und Mangelernährungsfälle. 

Gemäss der Weltgesundheitsorganisation ist die Zahl der Neuerkrankungen und Todesfälle aufgrund von Malaria im Zeitraum zwischen 2015 und 2022 deutlich angestiegen (zwischen 25 und 55  Prozent). Im World Malaria Rapport der WHO hat die Inzidenz zwischen 2000 und 2022 um mehr als 100 Prozent zugenommen. 

Die steigenden Temperaturen und veränderten Niederschlagsmuster und die damit verbundenen Hitzewellen und Überschwemmungen können sich auf das Verhalten und das Überleben der Malaria übertragenden Anopheles-Mücke auswirken, was zu mehr Übertragungen und einer höheren Krankheitslast führen kann.

Im Distrikt Ikongo, einer Region mit feuchtheissem Tropenklima, sind die Auswirkungen des Klimawandels besonders stark spürbar. Starke Regenfälle oder ein Zyklon machen nicht nur die Strassen unpassierbar, sondern überschwemmen oder verwüsten ganze Plantagen und Reisfelder. Dies verschärft die bereits prekäre Ernährungssituation vor Ort und beeinträchtigt die Gesundheit der Bevölkerung.

Der Distrikt Ikongo wird häufig von extremen Wetterereignissen getroffen, wodurch die Gesundheitseinrichtungen für die Menschen noch schlechter erreichbar werden.

Der Distrikt Ikongo wird häufig von extremen Wetterereignissen getroffen, wodurch die Gesundheitseinrichtungen für die Menschen noch schlechter erreichbar werden.

© Miora Rabearisoa/MSF

«Während der Regenzeit kommen sehr viele Menschen mit Malaria in unsere Gesundheitszentren», berichtet die Pflegefachfrau Evelyne im Zentrum in Ikongo. «Wir nehmen jede Woche mindestens ein mangelernährtes Kind auf, das an Malaria leidet und bei dem es zu Komplikationen kommt», bestätigt Dr. Nantenaia.

Angesichts der steigenden Ernährungsunsicherheit aufgrund verschiedener Wetterphänomene und der Zyklone haben unsere Teams ihre Aktivitäten im Süden des Landes, der am stärksten betroffen ist, weiter ausgebaut.  Sie unterstützen zurzeit sieben Gesundheitszentren und zwei intensiv-therapeutische Ernährungszentren in Ikongo. Dort kümmern sie sich um die Diagnostik und Behandlung mangelernährter Kinder.