Clinique mobile MSF en réponse aux cyclones Honde et Jude à Madagascar.

Madagaskar: Der Süden im Griff der Zyklon-Saison

Innerhalb von zwei Wochen wurden die Bewohner:innen im Süden Madagaskars gleich zweimal von einem heftigen Tropensturm getroffen. Mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 165 km/h tobte am 28. Februar Zyklon Honde in fünf Regionen, zwei Wochen später in drei davon Tropensturm Jude. Insgesamt waren mehr als 200 000 Personen betroffen; 13 Menschen starben und 46 000 mussten ihr Zuhause verlassen. Die Überschwemmungen und heftigen Winde beschädigten wichtige Infrastruktur und setzten mehrere tausende Hektar Ackerland unter Wasser.

«Durch Zyklon Honde ist unser Leben aus den Fugen geraten. Bereits einen Monat zuvor (im Februar) hatte uns ein Sturm getroffen. Ich mache mir grosse Sorgen für unsere Zukunft», sagt Jean Biscotin. Er wohnt in einem der  Dörfer, in denen Honde besonders stark wütete. «Am meisten Angst macht mir, dass uns noch weitere Zyklone treffen könnten», fügt er hinzu. Nur eine Woche später traf Tropensturm Jude erneut den Süden Madagaskars. 

Die Landwirtin Nordine, 42, erzählt: «Ich habe keine Worte dafür, wie schwierig es für uns ist. Wir haben nichts mehr, weder Essen noch ein Haus. Die Zyklone haben unser Land verwüstet. Die Ernten, die wir jetzt gebraucht hätten, wurden zerstört oder vom Wasser weggespült. Unsere Häuser sind nicht mehr bewohnbar.» Wie sie haben zahlreiche Familien nach dem Durchzug von Honde und Jude alles verloren. 

In den Dörfern Belalanda und Behompy werden Lebensmittel und Hygieneartikel verteilt.

In den Dörfern Belalanda und Behompy werden Lebensmittel und Hygieneartikel verteilt.

© Nomena Tiavina Rajerison/MSF

Anfang März reisten unsere Teams in den Südwesten der Insel, um den dringendsten Hilfebedarf zu decken. In Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden richteten sie an acht Standorten mobile Kliniken ein, in denen insgesamt 2817 Personen medizinisch versorgt wurden. An 1289 Haushalte verteilten sie Lebensmittel und Hygiene-Kits. Da in den mobilen Kliniken Fälle von schwerer akuter Mangelernährung festgestellt wurden, spendete Ärzte ohne Grenzen im Distrikt Toliara II Medikamente zur Behandlung der Betroffenen.

Schwieriger Zugang: Drei Tage, um die Menschen in Toliara II zu erreichen

«Der Strassenzustand verschlechterte sich zusehends, je weiter wir kamen. Viele Strassen standen vier Tage nach dem Durchzug von Honde noch unter Wasser oder waren blockiert. Das machte es sehr schwierig, die am stärksten betroffenen Gebiete zu erreichen», erklärt Narcisse Wega, unser Einsatzleiter in Madagaskar. «Einige Küstenorte waren auf dem Landweg nicht mehr zugänglich, es blieb nur noch der Weg über das Meer. Doch die hohen Wellen nach den Stürmen machten Seereisen unmöglich, sodass sich die Hilfseinsätze verzögerten. Unsere Teams mussten mehrere Tage warten, bis sie diese Orte erreichen konnten», fügt er hinzu.

Die Überschwemmungen und zerstörte Infrastruktur hatten spürbare Auswirkungen auf die medizinische Situation. «Die Zyklone beschädigten das Solarsystem, das für die Aufrechterhaltung der Kühlkette im Distrikt benötigt wird. Dadurch wurden wichtige Routineimpfungen von Kindern unterbrochen und ihre Gesundheit gefährdet», so Wega. «In Ankilimivony fanden wir ein Gesundheitszentrum ohne Dach vor – der Wind hatte es weggerissen. Der Betrieb im Zentrum war so nicht mehr möglich. Das Gesundheitspersonal behandelte deshalb in ihren eigenen Häusern Kranke», fährt er fort. Damit das Gesundheitszentrum von Ankilimivony saniert und der Betrieb bald wieder aufgenommen werden kann, stellte Ärzte ohne Grenzen Material zur Verfügung.

Die Menschen im Süden Madagaskars leiden bereits unter der wiederkehrenden Dürre und einem mangelhaften Zugang zur Basisinfrastruktur. Die Zyklone verschärfen die Lage zusätzlich. In diesem ländlichen Gebiet arbeiten die meisten Menschen in der Landwirtschaft. Ihre Existenzgrundlage hängt von den klimatischen Bedingungen ab – deshalb sind sie Umweltschocks besonders ausgesetzt.

Abgesehen von der unmittelbaren Not stellt sich auch die Frage, wie viel diese Menschen noch aushalten können. Denn die wiederkehrenden Klimakatastrophen haben direkte Auswirkungen auf ihre Gesundheit und Lebensbedingungen. «Dass die Häufigkeit dieser Extremwetterereignisse noch zunimmt, bereitet uns besondere Sorge», so Wega. «Wenn es in diesem Tempo weitergeht, wird es für die Bevölkerung immer schwieriger, sich nach einer Katastrophe zu erholen».

Seit Anfang Jahr wurde das Land nach einer aussergewöhnlich trockenen Regenzeit bereits von drei Zyklonen und mehreren starken Regenfällen heimgesucht. Dazu gehören jene vom 16. Februar und 22. März in der Hauptstadt Antananarivo, wo unsere Teams Lebensmittel und Hygieneartikel verteilten.