Feindliches Klima: Humanitäre Hilfe im Kontext des Klimawandels

Der Klimawandel setzt der humanitären Hilfe gleich in doppelter Hinsicht zu: Er verschärft nicht nur die Gesundheitsrisiken, sondern macht auch die Durchführung von Hilfseinsätzen schwieriger und komplexer. Foto: Madagaskar, 2021

Madagaskar2 Min.

Der Klimawandel hat verheerende Auswirkungen für die menschliche Gesundheit. Ein neuer Bericht beleuchtet, wie humanitäre Hilfskräfte, betroffene Bevölkerungen und Patient:innen von Ärzte ohne Grenzen mit dem sich rasch wandelnden Umfeld umgehen. Er stützt sich auf Interviews mit 49 Mitarbeitenden in 30 Ländern und zeigt ausführlich, wie Veränderungen bei der Verfügbarkeit und Qualität von Wasser sowie Nahrungsmangel, die auf den Klimawandel zurückzuführen sind, die humanitären Bedürfnisse ansteigen lassen.

Es geht im Bericht auch darum, dass der Klimawandel Hilfsorganisationen zwingt, ihre Arbeitsweise zu überdenken. Um weiterhin wirksam Menschen in Not zu helfen, müssen oftmals zusätzliche logistische Hürden überwunden werden, etwa wenn bei einer Katastrophe die Infrastruktur beschädigt wurde oder die Lieferkette unterbrochen ist. Zudem schaffen die klimatischen Veränderungen Bedingungen, die sich negativ auf die psychische und physische Gesundheit auswirken.

Im März [2022] waren nach Zyklon Gombe in Mosambik einige Dörfer komplett von der Aussenwelt abgeschnitten. Auch das Team von Ärzte ohne Grenzen konnte nur in einem begrenzten Gebiet arbeiten. Eingestürzte Brücken hatten zur Folge, dass das Team nicht von einer Region in die andere kam», berichtet ein Mitglied unseres Teams in Mosambik. Foto: Provinz Nampula nach dem Durchzug des Zyklons Gombe, 2022

« Im März [2022] waren nach Zyklon Gombe in Mosambik einige Dörfer komplett von der Aussenwelt abgeschnitten. Auch das Team von Ärzte ohne Grenzen konnte nur in einem begrenzten Gebiet arbeiten. Eingestürzte Brücken hatten zur Folge, dass das Team nicht von einer Region in die andere kam», berichtet ein Mitglied unseres Teams in Mosambik. Foto: Provinz Nampula nach dem Durchzug des Zyklons Gombe, 2022

© Tadeu Andre/MSF

Doch aus dem Bericht geht auch hervor, dass unsere Teams ihre Aktivitäten an diese neuen Gegebenheiten anpassen. Dies tun sie Seite an Seite mit der Bevölkerung der Dörfer, in denen sie tätig sind. Die befragten Mitarbeitenden berichteten von bestehenden und möglichen Massnahmen, die der Bevölkerung und Ärzte ohne Grenzen helfen sollen, sich an den Klimawandel anzupassen. Dazu gehören etwa Aufklärungsaktivitäten, vorausschauendes Handeln, Stärken der Resilienz und Fördern der Zusammenarbeit.

Ich glaube, dass wir unsere Arbeitsweise noch optimieren können. Madagaskar ist ein Beispiel, wo schon vieles gut läuft und wir uns bei der Vorbereitung auf Notsituationen auf vorhandene Daten stützen. So überwachen wir nicht nur Infektionskrankheiten, sondern auch andere Faktoren wie Niederschlag, Ernteertrag, Ernährungsunsicherheit und Mangelernährung. Wir warten nicht erst, bis Kinder mit akuter Mangelernährung in unsere Einrichtungen gebracht werden.

Mitglied des Teams von Ärzte ohne Grenzen Schweiz

Insgesamt zeigt die Studie, dass die Massnahmen in Bezug auf Umfang und Tragweite noch ziemlich begrenzt sind. Dies gilt umso mehr, wenn man sich das Ausmass der aktuellen und erwarteten Auswirkungen des Klimawandels vor Augen führt. Das Vorantreiben solcher Anpassungsmassnahmen ist eine ideale Gelegenheit, die humanitäre Hilfe zu verstärken.

Viele Gemeinschaften sind weiterhin nicht genügend vor den wachsenden Risiken des Klimawandels geschützt, weil die Hilfemassnahmen dem Bedarf nicht gewachsen sind». Léo Lysandre Tremblay, Projektmanager für Klima und Umwelt. Foto: Südsudan, 2020

Viele Gemeinschaften sind weiterhin nicht genügend vor den wachsenden Risiken des Klimawandels geschützt, weil die Hilfemassnahmen dem Bedarf nicht gewachsen sind». Léo Lysandre Tremblay, Projektmanager für Klima und Umwelt. Foto: Südsudan, 2020

© Tetiana Gaviuk/MSF

«Um Risiken zu verringern, die Notfallbereitschaft zu verbessern und die betroffenen Menschen vor den Auswirkungen des Klimawandels besser zu schützen, braucht es deshalb ehrgeizigere Massnahmen. Der Bericht gibt eine Übersicht über die von unseren Teams bereits umgesetzten, beobachteten oder geplanten Massnahmen und bietet eine Fülle von Ideen und Inspirationen», fasst Léo Lysandre Tremblay, Projektmanager für Klima und Umwelt bei Ärzte ohne Grenzen und Mitautor des Berichts, zusammen.

 

Ein Ziel der im Bericht präsentierten Forschungsarbeit war es, bei der Anpassung unserer Aktivitäten strategisch vorzugehen.

Wir teilen unsere Ergebnisse in der Hoffnung, dass auch andere Organisationen ihre Arbeitsmethoden hinsichtlich des Klimawandels und dessen gesundheitliche Auswirkungen überdenken. Gleichzeitig geht es darum, Strategien und Massnahmen zu ermitteln, um gesundheitsgefährdende Folgen des Klimawandels zu reduzieren.

Der Bericht «Feindliches Klima: Die Herausforderungen humanitärer Hilfe im Kontext des Klimawandels» ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit von Ärzte ohne Grenzen und  dem Heidelberger Institut für Global Health.