MSF fordert Covid-19-Impfstoffe zum Selbstkostenpreis
© Albert Masias/MSF
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Die Hilfsorganisation MSF fordert die Staaten bei der Geberkonferenz für die Impfstoffallianz GAVI am Donnerstag auf, von den Pharmafirmen den Verkauf künftiger Covid-19-Impfstoffe zum Selbstkostenpreis zu verlangen. Bei der Konferenz wird ein Fonds zur Ausweitung von Produktionskapazitäten für künftige Impfstoffe und zur Beschaffung für ärmere Länder ins Leben gerufen.
Staats- und Regierungschefs haben einen Impfstoff gegen Covid-19 als gemeinschaftliches globales Gut bezeichnet. Der Bundesrat hat mitunter beschlossen die Entwicklung und Bereitstellung von Diagnostika, Therapien und Impfstoffen mit 60 Millionen Franken zu unterstützen. Die Hälfte davon erhält GAVI.
Wir fordern, dass ein allfälliger Impfstoff für alle gleichermassen zugänglich sein wird. Dafür müssen jetzt die nötigen Voraussetzungen geschaffen werden.
«Unsere Erfahrungen mit einem GAVI-Fonds für einen Impfstoff gegen Lungenentzündung zeigt: Zwar gibt es Subventionen für einige sehr arme Länder, aber viele andere werden weiterhin der Willkür des Marktes überlassen. Einige Länder haben wegen des hohen Preises nicht ausreichend Impfstoffe beziehen können. Das darf sich bei Covid-19 nicht wiederholen. Es muss bezahlbare Preise für alle und einen objektiven und fairen globalen Verteilmechanismus geben, an den sich alle Regierungen und GAVI selbst halten», sagt Marco Alves von der MSF-Medikamentenkampagne.
Regierungen und Grossspender haben Pharmafirmen bisher mehr als 4,4 Milliarden US-Dollar für die Forschung und die Entwicklung von Covid-19-Impfstoffen zur Verfügung gestellt. Im Grossen und Ganzen wurden jedoch keine Regelungen für den Zugang oder die Bezahlbarkeit dieser Impfstoffe als Vorbedingung für eine solche Finanzierung festgelegt.
«Die Regierungen und GAVI müssen von den Pharmaunternehmen verlangen, offenzulegen, wie viel die Herstellung potenzieller Covid-19-Impfstoffe tatsächlich kostet», sagt Kate Elder, Expertin für Impfungen bei MSF.
Alle scheinen sich darin einig zu sein, dass wir hier nicht nach dem Business-as-usual-Prinzip vorgehen können, bei dem der Meistbietende seine Bevölkerung zuerst vor dieser Krankheit schützt, während der Rest der Welt leer ausgeht.
2009 hatten GAVI, die Gates-Stiftung, die Weltbank und andere Akteure einen Fonds zur Beschaffung von Impfstoffen gegen Pneumokokken eingerichtet, die Lungenentzündung verursachen. Dieser Fonds krankte daran, dass Pharmaunternehmen einen relativ hohen Preis für den Impfstoff verlangten: Regierungen, die die Kosten für den Impfstoff selbst bezahlen mussten, bekamen diesen langfristig nur zu sehr hohen Preisen. Trotz einer Subvention in Höhe von 1,5 Milliarden US-Dollar, die grösstenteils an Pfizer und GlaxoSmithKline ausgezahlt wurde, um ausreichende Impfstoffmengen für Entwicklungsländer sicherzustellen, kam es zu Versorgungsengpässen.
Humanitäre Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen waren von dem Mechanismus ausgeschlossen. Dies führte dazu, dass MSF bis 2017 keinen Zugang zu Pneumokokken-Impfstoffen zum von Gavi ausgehandelten Preis erhielt. Weil zu Beginn nicht der Selbstkostenpreis festgesetzt worden war, hatte GAVI später kaum noch Möglichkeiten, niedrigere Preise auszuhandeln.
© Albert Masias/MSF