Nauru: MSF muss Hilfe für Flüchtlinge einstellen

Nauru, 04.08.2018

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MSF protestiert gegen die plötzliche Entscheidung der Regierung von Nauru, dringend benötigte psychosoziale Hilfe für Flüchtlinge, Asylsuchende und die Bevölkerung der Insel zu beenden. Vor allem die internierten Geflüchteten befinden sich in einer verzweifelten Lage.

Mindestens 78 Patienten von Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) vor Ort haben bereits einen Selbstmordversuch begangen oder über Suizid gesprochen oder sich selbst verletzt. Statt die Hilfe für sie zu beenden, müssten die Asylsuchenden dringend von der Insel gebracht werden, forderte die internationale Hilfsorganisation am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Sydney. Australien müsse seine Politik beenden, Asylsuchende auf Inseln zu internieren.

Es ist infam zu behaupten, dass die psychologische Hilfe von MSF nicht mehr nötig sei

Beth O´Connor, MSF-Psychiaterin

«Der psychische Zustand der auf unbestimmte Zeit auf Nauru festgehaltenen Flüchtlinge ist verheerend. In den vergangenen elf Monaten habe ich auf der Insel alarmierend viele Selbstmordversuche und Selbstverletzungen bei Männern, Frauen und Kindern gesehen. Wir sind besonders schockiert, wie viele Kinder sich wegen ihres Traumas zurückziehen. Ihr Zustand hat sich so weit verschlechtert, dass sie oft nicht mehr essen, trinken oder zur Toilette gehen», so O’Connor.

Medizinische Daten von MSF bestätigen, dass die Patienten in einem Teufelskreis gefangen sind. Viele von ihnen wollen nicht mehr weiterleben. 78 der Patienten haben Selbstmordgedanken, verletzen sich selbst oder haben bereits versucht, sich ihr Leben zu nehmen. Sogar neunjährige Kinder sagen, dass sie lieber sterben möchten, als in Hoffnungslosigkeit auf Nauru weiterzuleben. Die schwersten psychischen Probleme haben Patienten, die infolge der australischen Flüchtlingspolitik von ihren nächsten Angehörigen getrennt wurden.

Es hat nichts mit humanitär zu tun, Menschen aus Seenot zu retten, um sie dann in einem Freiluftgefängnis auf Nauru wegzusperren

Paul McPhun, Geschäftsführer von MSF Australien

«Die Trennung von Familien und das gewaltsame Festhalten von Männern, Frauen und Kindern auf einer abgelegenen Insel ohne Hoffnung und Schutz, ausser im Falle eines medizinischen Notfalls, ist grausam, unmenschlich und erniedrigend», so McPhun. «Während die australische Regierung die Inhaftierung auf der Insel als humanitäre Politik bezeichnet, zeigt unsere Erfahrung, dass nichts daran humanitär ist, Menschen aus Seenot zu retten, um sie dann in einem Freiluftgefängnis auf Nauru wegzusperren. Dieses Vorgehen sollte sofort gestoppt und von keiner Regierung übernommen werden. Es sind nicht die Psychologen und Psychiater von MSF, die Nauru verlassen sollten, sondern die Asylsuchenden und Flüchtlinge, die Australien die letzten fünf Jahre auf der Insel eingesperrt hat.»

MSF leistete in der Republik Nauru seit November 2017 psychologische und psychiatrische Hilfe. Diese wurde am 5. Oktober von der naurischen Regierung mit der Begründung gestoppt, die Hilfe werde «nicht länger benötigt». Fast alle der 900 Geflüchteten auf Nauru, darunter 115 Kinder, befinden sich seit mehr als fünf Jahren dort, ohne zu wissen, wie es für sie weitergeht.