Psychische Gesundheit – ein unterschätztes Thema, das mehr Aufmerksamkeit erfordert
Die Tragweite psychischer Erkrankungen wird weltweit unterschätzt, insbesondere in Entwicklungsländern. Gewalt, Menschenrechtsverletzungen, Armut, fehlende Gleichberechtigung und eine minimale Schulausbildung verschlimmern psychische Störungen zusätzlich.
Bei folgenden Personengruppen ist psychologische Hilfe Bestandteil der Grundversorgung in den MSF-Projekten:
- Opfer von Gewalt, insbesondere von sexueller Gewalt
- Patienten, die aus ihrem Heimatland flüchten mussten oder innerhalb ihres Heimatlandes auf der Flucht sind
- Personen, die an chronischen Krankheiten wie HIV/Aids oder Tuberkulose leiden
- Opfer von Naturkatastrophen
Die psychologische Hilfe von MSF umfasst Einzelberatungen oder Gruppentherapien. Daneben werden Informationsveranstaltungen organisiert, mit denen die Bevölkerung auf das Angebot der psychologischen Hilfe aufmerksam gemacht wird. Auch bei Patienten, die eine schwierige und langwierige Therapie durchmachen, zum Beispiel Menschen mit chronischen Krankheiten, ist psychologische Unterstützung Bestandteil der Behandlung.
Symptome
- Müdigkeit, körperliche Beschwerden, Schlafstörungen
- Angst, Unruhe, Traurigkeit
- Konzentrationsprobleme, Antriebslosigkeit, Aufmerksamkeits-, Wahrnehmungs-, Sprach- oder Verhaltensstörungen, Halluzinationen
Vernachlässigte Gesundheitsprobleme / Gesundheitsprobleme, die weder diagnostiziert noch behandelt werden
Man geht davon aus, dass einer von vier Patienten, der eine Gesundheitseinrichtung aufsucht, ein psychisches, neurologisches oder verhaltensbezogenes Problem aufweist. In den meisten Fällen werden diese Gesundheitsprobleme weder diagnostiziert noch behandelt. Die Tragweite psychischer Erkrankungen wird weltweit unterschätzt, insbesondere in Entwicklungsländern. Gewalt, Menschenrechtsverletzungen, Armut, fehlende Gleichberechtigung und eine minimale Schulausbildung verschlimmern psychische Störungen zusätzlich.
Evaluierung der Bedürfnisse und der Auswirkungen
Bevor ein Programm für psychologische Hilfe eingeführt wird, evaluiert MSF zunächst massgebliche Indikatoren, wie zum Beispiel die Verbreitung bestimmter psychischer Erkrankungen. Dazu gehören häufig vorkommende psychische Probleme, solche im Zusammenhang mit Drogenmissbrauch, schwere psychische Erkrankungen sowie psychische Störungen von Kindern und Heranwachsenden. Ein weiterer Faktor, den MSF vor Lancierung eines Projekts untersucht, ist die Verfügbarkeit bzw. das Fehlen geeigneter Behandlungsmöglichkeiten.
Um langfristige psychologische Konsequenzen, die bei Gewalt oder einer Katastrophe unweigerlich entstehen, voraussehen zu können, muss der psychologische Aspekt bei einem medizinischen Hilfseinsatz möglichst früh miteinbezogen werden.
Bestandteil der Grundversorgung
MSF hat die psychologische Betreuung bei den Hilfsmassnahmen für Opfer von Gewalt, insbesondere für Opfer sexueller Gewalt, in das Grundversorgungsprogramm aufgenommen. Auch bei Flüchtlingen oder intern Vertriebenen sowie bei Menschen, die an chronischen Krankheiten wie HIV/Aids oder Tuberkulose leiden, gehört psychologische Hilfe zum Grundangebot. MSF erachtet diese Massnahmen auch für Opfer von Naturkatastrophen und ähnlichen Situationen als notwendig.
Die Organisation bemüht sich verstärkt, um in den meisten ihrer Projekte psychologische Unterstützung anbieten zu können. Es geht vorwiegend darum, dass Menschen mit einem Bedarf an psychologischer Hilfe bereits innerhalb ihrer Gemeinschaft diagnostiziert und eine erste Hilfe erhalten und psychiatrische Fälle an eine entsprechende Einrichtung überwiesen werden. Bei einer humanitären Krise ist es wichtig, dass Betroffene einen ruhigen Ort aufsuchen können und man ihnen Aufmerksamkeit schenkt – ausserhalb der Nothilfe-Tätigkeiten. Dazu müssen spezielle Räume geschaffen werden und das entsprechende Personal zur Verfügung stehen.
In den Bereichen, in denen MSF tätig ist, bieten Berater, Psychologen, Ärzte und Psychiater psychologische Betreuung und Medikamente an, um so häufige Beschwerden bis hin zu sehr belastenden psychischen Erkrankungen zu behandeln. Für die meisten Erkrankungen gibt es kostengünstige Behandlungen, die den Betroffenen dabei helfen können, sich wieder in die Gesellschaft einzugliedern.