Niger: Auswirkungen der Gewalt in Diffa
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Seit mehr als drei Jahren leidet die Bevölkerung rund um den Tschadsee unter den Kämpfen zwischen Boko Haram und dem Militär.
Viele Menschen mussten fliehen und alles zurücklassen. Sie fanden Zuflucht in anderen Dörfern oder flohen über die Grenze. In der nigrischen Grenzstadt Diffa leben laut offiziellen Angaben inzwischen mehr als 240’000 Vertriebene. Die Mehrzahl von ihnen ist gezwungen, von einem Ort zum nächsten zu fliehen, um der ständigen Gewalt zu entkommen.
Auswirkungen eines andauernden Konflikts
Auch wenn die Lage in den vergangenen Monaten etwas ruhiger war, bleibt die Situation in Diffa angespannt. Die Angriffe von Boko Haram und die Offensiven des Militärs zwingen viele Menschen immer wieder zur Flucht. Garba arbeitet als Wachmann für Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) in Garin Wazam, einem Lager für Vertriebene in der Nähe von Diffa. Er erinnert sich an die vielen Stationen seiner dreijährigen Flucht: «Nachdem ich mein Dorf in Kamerun verlassen hatte, musste ich etwa 15 Mal weiterziehen. Erst nach Nigeria, dann in den Niger. Wegen der ständigen Angriffe musste ich einen Ort nach dem anderen verlassen.» Garba ist einer von vielen in Diffa, welche den verheerenden Folgen des Konflikts ausgesetzt sind.
Medizinische Hilfe für diejenigen, die sie am meisten benötigen
Zwar sind mehrere humanitäre Organisationen in Diffa aktiv, es fehlt jedoch an der nötigen Koordinierung, um den Grundbedarf der Bevölkerung zu decken. In den Einrichtungen für Vertriebene haben Familien kaum Zugang zu ausreichend Wasser und sanitären Einrichtungen.
Die langen Strecken und die Sicherheitslage stellen die nigrische Gesundheitsversorgung vor grosse Schwierigkeiten. Problematisch ist auch, dass Behandlungen, Labortests und Medikamente kostenpflichtig sind, sodass sich viele die dringend benötigte medizinische Hilfe nicht leisten können.
MSF arbeitet in acht Gesundheitszentren in den Regionen Diffa, Bosso und Nguigmi, um die medizinische Grundversorgung, Leistungen im Bereich Mutter-Kind-Gesundheit und psychologischen Hilfe sicherzustellen. Zusätzlich werden Impfkampagnen und Projekte zur Behandlung mangelernährter Kinder durchgeführt.
MSF kümmert sich vor allem um jene, welche die Hilfe am meisten benötigen, sowohl in der nigrischen Bevölkerung, als auch bei den Vertriebenen. «Die Gemeinde Toumour liegt 80 km von Diffa entfernt und ist aufgrund der Kämpfe komplett isoliert», erklärt Audace Ntezukobagir, MSF-Notfallkoordinatorin in Diffa. «Den Menschen fehlt Nahrung, Wasser und eine Arbeit. Im Gesundheitszentrum vor Ort, in dem MSF mit den Behörden zusammenarbeitet, können rund 3’900 Menschen im Monat kostenlos behandelt werden.»
Atemwegsinfekte: Besonders betroffen sind Frauen und Kinder
Besonders in den ersten Monaten des Jahres müssen viele Menschen mit akuten Atemwegsinfekten behandelt werden. Besonders betroffen sind Frauen und Kinder. «Die Infekte werden durch das trockene Klima, vor allem in der Trockenzeit, und durch die schlechten Lebensverhältnisse ausgelöst», sagt Audace Ntezukobagir. «Weil es nicht ausreichend sauberes Wasser gibt, leiden viele auch an Durchfallerkrankungen.» Auch der jüngste Hepatitis-E-Ausbruch zeigt, wie dringend der Zugang zu Wasser und sanitären Anlagen für Vertriebene ausgebaut werden muss.
Psychologische Hilfe für traumatisierte Menschen
Der Grossteil der Vertriebenen in Diffa hat Traumatisches erlebt. MSF bietet daher psychologische Hilfe in Form von Einzelsitzungen, psychologischer Betreuung und auf kommunaler Ebene an. Seit Anfang des Jahres werden auch Gruppensitzungen abgehalten. «Die Teilnehmer unserer Gruppensitzungen sind geflüchtete Frauen, die aufgrund der Kämpfe Schlimmes durchgemacht haben», sagt Yacoubou Harouna, Psychologe für MSF in Diffa. «Die Gespräche sollen sie aus der Isolation holen. Sie teilen, was sie erlebt haben, verarbeiten die traumatischen Erlebnisse und finden gemeinsam Lösungen.»
MSF arbeitet seit Ende des Jahres 2014 in der Region Diffa, um den Menschen zu helfen, die vor der Gewalt zwischen Boko Haram und dem Militär fliehen müssen. MSF bietet kostenlose medizinische und psychologische Hilfe in acht Gesundheitszentren der Region. Die Organisation unterstützt zudem den Zugang zu Trinkwasser, die Einrichtung von Latrinen und die Abgabe von grundlegenden Gütern in Städten und Ortschaften, in denen Vertriebene, Flüchtlinge und nigrische Heimkehrer leben.
Zusätzlich unterstützt MSF das Gesundheitsministerium in zwei Spitälern: Das Bezirksspital Nguigmi und das Mutter-Kind-Spital in der Stadt Diffa. In beiden Spitälern unterstützt MSF u. a. die Geburts- und Kinderstation und leistet psychologische Hilfe. Im Spital Nguigmi werden ausserdem Kinder mit schwerer akuter Mangelernährung behandelt.