Taifun Haiyan: Erste Hilfe und logistische Herausforderungen
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Nach dem Taifun Haiyan haben Einsatzteams der internationalen Nothilfeorganisation MSF die Hilfstätigkeiten in einigen der am schlimmsten betroffenen Gebiete der Philippinen aufgenommen.
Die Arbeit ist durch die Verwüstungen, die der Sturm hinterlassen hat, aber nach wie vor eingeschränkt. Die vom Taifun betroffenen Landstriche erstrecken sich über sehr weite Gebiete. Viele wichtige Strassen und Flughäfen der Region sind entweder zerstört oder mit Schutt und Trümmern bedeckt. Manche Landebahnen sind zu klein für Cargo-Flugzeuge, zudem sind Strom und Treibstoff nur sehr eingeschränkt verfügbar. Dadurch war es bisher sehr schwierig, die Hilfsgüter in den Mengen zu liefern, die benötigt werden, um die Hilfsprogramme aufzubauen und die medizinische Versorgung zu starten.
Médecins Sans Frontières / Ärzte ohne Grenzen (MSF) versucht daher alle Möglichkeiten und Transportmittel zu nützen, um Mitarbeiter und Mitarbiterinnen sowie Material dorthin zu schaffen, wo sie am dringendsten gebraucht werden –vor allem in den Gebieten, die weitab vom Schwerpunkt der Hilfe liegen. „Wenn wir auf ein Hindernis treffen und Plan A nicht funktioniert, müssen wir auf Plan B oder C übergehen, manchmal auch auf Plan D oder E“, sagt die Ärztin Natasha Reyes, Nothilfe-Koordinatorin in Cebu. „Wir müssen kreativ denken und innovative Lösungen finden, denn die Menschen brauchen Hilfe. MSF hat jahrzehntelange Erfahrung darin, möglichst schnell auf Notsituationen zu reagieren. Und das machen wir jetzt auch, so schnell wie möglich.“
So konnten bereits mehrere grosse Cargo-Flugzeuge von MSF auf dem Flughafen von Cebu landen, der grössten Stadt der Region. Von dort weg wurden kleinere Transportmittel – Flugzeuge, Helikopter und Boote – verwendet, um zunächst kleine Teams auf die Inseln der Umgebung zu schicken, die sich dort einen Überblick über die medizinische und humanitäre Situation verschaffen konnten.
Im äussersten Osten der Insel Samar, die als erste vom Taifun getroffen wurde, hat indes ein Team die medizinische Nothilfe bereits aufgenommen und behandelt Patienten. Einerseits werden hier mobile Kliniken eingerichtet, um die Menschen in abgelegenen Küstenabschnitten und auf den vorgelagerten Inseln zu erreichen, andererseits wird in der Stadt Guiuan ambulante medizinische Versorgung angeboten. Ernsthaft erkrankte Patienten und Patientinnen können in der Klinik in Guiuan auch stationär aufgenommen werden.
„Wir müssen viele Wunden behandeln, die sich infiziert haben“, berichtet der Arzt Johan von Schreeb, der am Donnerstag im Katastrophengebiet angekommen ist. „Wir haben heute 25 kleinere Eingriffe durchgeführt, und es kommen immer mehr Menschen zu uns, die an Lungenentzündungen und Durchfall leiden.“
In Guiuan wurden die meisten Gebäude zerstört und das örtliche Krankenhaus ist nicht in Betrieb. Die am schwersten verletzten Patienten wurden inzwischen evakuiert. MSF wird hier so rasch wie möglich die Versorgung mit sauberem Trinkwasser organisieren, sanitäre Anlagen errichten und auch Material für Notunterkünfte zur Verfügung stellen. Andere Helfer und Helferinnen des Teams erkunden per Hubschrauber die kleineren Inseln nahe Guiuan. Sobald die Umstände es erlauben werden sie Boote einsetzen, um die Menschen auf den Inseln entlang der Küste von Ost-Samar mit mobilen Kliniken zu versorgen.
Auch in Tacloban wurde die Arbeit aufgenommen. Nach mehrtägigen Versuchen, Mitarbeiter und Hilfslieferungen in die Stadt auf der Insel Leytezu schicken, hat am Donnerstag ein sechsköpfiges Team von MSF die Stadt erreicht und arbeitet jetzt daran, ein Feldspital einzurichten. Das Team hat auch Palo besucht, eine Stadt südöstlich von Tacloban, in der das Krankenhaus schwer vom Taifun beschädigt wurde.
In Ormoc, im Westen der Insel Leyte, haben die Helfer und Helferinnen eine Stadt vorgefunden, in der die meisten Gebäude zerstört sind. Im Spital – früher mit einer Kapazität von 200 Betten – können derzeit nur 25 Betten für Notfälle verwendet werden. Das Team wird nun auch die Lage zwischen Ormoc und Tacloban erheben, ein weiteres Team sucht den Süden von Leyte auf.
Ein weiteres Team von MSF hat per Hubschrauber die Stadt Roxas auf der Insel Panay (Provinz Capiz) erreicht. Die Stadt wurde etwa zur Hälfte schwerstens beschädigt. Nun werden auch die kleineren Dörfer in der Umgebung von Roxas aufgesucht, um die Situation nach dem Taifun in Augenschein zu nehmen und die Bedürfnisse der Menschen zu erheben. Ein weiteres Einsatzteam, bestehend aus zwei Krankenschwestern bzw. Pflegern, einem Logistiker und einem Experten für Wasseraufbereitung, wird von der Hauptstadt Manila aus nach Iloilo fliegen. Von dort versuchen sie, die Gemeinden San Dionisio, Estancia und Balasan im Nordosten der Insel Panay zu erreichen.
Die Art der Hilfe, die MSF leistet, wird von Ort zu Ort unterschiedlich sein. Eine Priorität ist auf jeden Fall die Unterstützung lokaler Krankenhäuser, von denen viele beschädigt wurden. Eine andere ist die Arbeit mit mobilen Kliniken, um Menschen in schwer zugänglichen Gebieten zu erreichen. Das könnte bedeuten, dass mobile „Basisstationen“ auf Booten eingerichtet werden, die abhängig vom Bedarf von einem Ort zum anderen fahren. Trotz aller Schwierigkeiten werden die Teams weiter nach allen Möglichkeiten suchen, jene zu erreichen, die Hilfe benötigen.