Mittelmeer: Gerettete an Bord der Geo Barents brauchen dringend einen sicheren Hafen
© Anna Pantelia/MSF
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Nach ihrer dramatischen Rettung aus Seenot im Mittelmeer brauchen die 71 Geretteten an Bord des Such- und Rettungsschiffes Geo Barents dringend einen sicheren Hafen. Ärzte ohne Grenzen fordert von den europäischen Staaten eine Ausweitung der Such- und Rettungskapazitäten im Mittelmeer, um weitere Todesfälle zu verhindern.
Am Montag war im zentralen Mittelmeer ein Schlauchboot gekentert. Mindestens 22 Menschen sind seitdem vermisst. Eine schwangere Frau starb an Bord der Geo Barents trotz umfassender Wiederbelebungsversuche des medizinischen Teams von Ärzte ohne Grenzen. Drei weitere Menschen, darunter ein vier Monate altes Baby, brauchten eine Notversorgung. Das Baby wurde später zusammen mit der Mutter nach Malta geflogen. Das Team von Ärzte ohne Grenzen betreut die übrigen Überlebenden an Bord der Geo Barents. Die meisten von ihnen sind sehr schwach und stehen unter Schock. Das Team sammelt derzeit Informationen zu den Vermissten. Zwei Frauen berichteten, dass sie ihre Kinder im Meer verloren haben, eine weitere junge Frau verlor ihren kleinen Bruder.
«Die Überlebenden sind erschöpft», sagt Stephanie Hofstetter, Leiterin des medizinischen Teams von Ärzte ohne Grenzen an Bord. «Viele von ihnen haben viel Meerwasser geschluckt, einige litten nach Stunden im Wasser an Unterkühlung. Mindestens zehn Menschen, vor allem Frauen, haben sich zudem mittelschwere bis schwere Verbrennungen durch Treibstoff zugezogen und müssen dringend im Spital behandelt werden.»
Die Geo Barents ist jetzt auf dem Weg zur italienischen Küste. Ärzte ohne Grenzen hat bei den italienischen und maltesischen Behörden bereits einen Hafen angefragt, an dem die grossenteils traumatisierten Menschen so bald wie möglich von Bord gehen können, damit sich ihr psychischer Zustand nicht noch weiter verschlechtert.
Dieses traumatische Ereignis ist eine direkte Folge der Untätigkeit europäischer Staaten.
«Die Mittelmeer-Anrainerstaaten wie Italien und Malta ziehen sich immer weiter zurück», fährt Gil fort. «Solche Tragödien vor Europas Haustür kosten Tausende Menschenleben, während die europäischen Staaten schweigen und gleichgültig zusehen. Eigentlich läge es an den Regierungen, diesen Menschen zu helfen. Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen können die grosse Lücke in der Seenotrettung nicht füllen.»
Das Mittelmeer ist nach wie vor die tödlichste Grenze der Welt: Seit 2014 wurden 24 184 vermisste Geflüchtete registriert, 721 allein im Jahr 2022. Ärzte ohne Grenzen fordert, dass sich alle EU-Mitgliedsstaaten proaktiv für Massnahmen zur Seenotrettung im Mittelmeer einsetzen. Nur so ist eine schnelle und angemessene Reaktion auf alle Notrufe möglich.
© Anna Pantelia/MSF