MSF, SOS MEDITERRANEE und SEA-WATCH warnen vor mehr Todesfällen im zentralen Mittelmeer
© Rahul Dhankani/MSF
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Die Hilfsorganisationen SOS Méditerranée, Sea-Watch und Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) fordern von den europäischen Mitgliedsstaaten und assoziierten Staaten eine staatlich geführte und proaktive Such- und Rettungsflotte im zentralen Mittelmeer. Diese muss schnell und angemessen auf alle Notrufe reagieren sowie einen vorhersehbaren Mechanismus für die Ausschiffung der Überlebenden schaffen. Nur so können weitere Todesfälle auf See verhindert werden.
Die Geo Barents, ein von Ärzte ohne Grenzen betriebenes Such- und Rettungsschiff, und die Ocean Viking, ein von SOS Méditerranée in Zusammenarbeit mit der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC) gechartertes Such- und Rettungsschiff, retteten zuletzt innerhalb von fünf Tagen Menschen von sechzehn Booten in Seenot.
In der Woche zuvor konnte die Sea-Watch 3 ebenfalls Menschen von fünf Booten in Seenot retten – insgesamt waren 444 Menschen an Bord. Ohne die Anwesenheit ziviler Such- und Rettungskräfte im zentralen Mittelmeer wären die bei diesen Rettungsaktionen geretteten Menschen in den internationalen Gewässern vor Libyen ihrem Schicksal überlassen worden. Die Route über das Mittelmeer ist nach wie vor die tödlichste der Welt.
«Seit dem Beginn der Sommermonate hatte unser Team drei Rettungseinsätze auf dem Mittelmeer», erklärt Juan Matias Gil, Koordinator von Ärzte ohne Grenzen für Such- und Rettungseinsätze. «Leider endete der erste Rettungseinsatz tragisch. 30 Menschen sind vermisst, eine Frau hat leider nicht überlebt. Auch die anderen beiden Einsätze waren sehr anspruchsvoll. Es gab sechs Rettungen innerhalb von 12 Stunden und elf Rettungen innerhalb von 72 Stunden. Insgesamt haben wir 974 Menschen gerettet. Derzeit haben wir 659 Menschen an Bord der Geo Barents, was über der Schiffskapazität liegt. Wir haben immer wieder Alarme erhalten, die nicht beantwortet wurden, und haben von unserer Brücke aus Boote in Seenot gesichtet. Es ist unsere rechtliche und moralische Pflicht, diese Menschen nicht ertrinken zu lassen.»
Die Lücke der staatlich geführten Such- und Rettungsflotte zu schliessen, reicht angesichts des Bedarfs einfach nicht aus. Eine Erhöhung der Kapazitäten im zentralen Mittelmeer ist mehr als notwendig.
Der Rückzug der europäischen Behörden von Such- und Rettungsaktionen im zentralen Mittelmeer sowie die Verzögerungen bei der Zuweisung eines sicheren Ortes für die Ausschiffung haben die Funktionsfähigkeit der Seenotrettung untergraben. Obwohl die Organisationen, wie im Seerecht vorgeschrieben, systematisch um die Koordinierung der Einsätze mit den jeweilig verantwortlichen Behörden bemühen, reagieren die libyschen Schifffahrtsbehörden fast nie. Wenn sie eingreifen und Boote in Seenot abfangen, bringen sie die Überlebenden gewaltsam nach Libyen zurück, das laut den Vereinten Nationen nicht als sicherer Ort gelten kann.
Die Sea-Watch 3 hat am 30. Juli 438 Menschen im italienischen Taranto an Land gebracht. Die Ocean Viking konnte am 1. August 387 Frauen, Kinder und Männer, die zwischen dem 24. und 25. Juli gerettet wurden, im italienischen Salerno an Land bringen. Die Geo Barents wartet immer noch auf eine Entscheidung für die bis zu sieben Tage zuvor geretteten Überlebenden.
«Die Überlebenden tagelang auf dem Meer ausharren zu lassen, während sie darauf warten, an einem sicheren Ort an Land gehen zu können, ist eine zusätzliche Gewalt, die den ohnehin schon schutzbedürftigen Menschen angetan wird», sagt Xavier Lauth, Einsatzleiter von SOS Méditerranée.
Ärzte ohne Grenzen sucht und rettet seit 2015 Menschen im zentralen Mittelmeer und arbeitete auf acht verschiedenen Such- und Rettungsschiffen (allein oder in Zusammenarbeit mit anderen NGOs). Seit 2015 haben die Teams mehr als 80 000 Menschen in Seenot gerettet. Im Mai 2021 hat Ärzte ohne Grenzen die Such- und Rettungsaktivitäten im zentralen Mittelmeer wieder aufgenommen und mit der Geo Barents ein eigenes Schiff gechartert.
Sea-Watch e.V. ist eine zivile Non-Profit-Organisation, die seit mehr als sechs Jahren Such- und Rettungsaktionen im zentralen Mittelmeer durchführt, Menschenrechtsverletzungen dokumentiert und mit zivilen Aufklärungsflugzeugen Menschen in Not meldet.
SOS Méditerranée ist eine europäische, humanitäre und maritime Such- und Rettungsorganisation, die im zentralen Mittelmeer tätig ist. Sie wurde im Mai 2015 von Bürgerinnen und Bürgern als Reaktion auf die Todesfälle im Mittelmeer und dem Versagen der EU gegründet, diese Todesfälle zu verhindern. Von Februar 2016 bis Dezember 2018 charterte und betrieb die Organisation das Rettungsschiff Aquarius, seit August 2019 chartert und betreibt sie die Ocean Viking. Seit dem Start der Operation hat die Organisation mehr als 36 000 Menschen in Seenot gerettet und unterstützt.
© Rahul Dhankani/MSF