Zehn Jahre nach Ebola-Epidemie: Ärzte ohne Grenzen fordert Notvorrat an Medikamenten

Butembo, DR Kongo, 3. November 2018

Ebola2 Min.

Ein Jahrzehnt nach dem Beginn der Ebola-Epidemie in Westafrika sieht Ärzte ohne Grenzen / Médecins Sans Frontières (MSF) die Welt nicht ausreichend für erneute Ausbrüche der Krankheit gewappnet. Aus Sicht der medizinischen Nothilfeorganisation ist es enttäuschend, dass es inzwischen zwar Möglichkeiten zur Behandlung gibt, jedoch keinen Notvorrat an Medikamenten – vor allem mit Blick auf Länder, in denen die Krankheit endemisch ist. Während der Ebola-Epidemie in Westafrika 2014 waren mehr als 11 000 Menschen durch die Krankheit ums Leben gekommen.

«Damals gab es keine antiviralen Behandlungen», sagt Armand Sprecher, unser Epidemiologe im Rückblick. Es gab auch keine Impfstoffe gegen Ebola, daher war der Versuch, Menschen zu Verhaltensänderungen zu bewegen, der vielversprechendste Ansatz, um die Krankheit respektive die Ansteckung damit einzudämmen.

«Heutzutage gibt es wirksame antivirale Behandlungen und Impfstoffe», sagt Armand Sprecher. «Mit ihnen verfügen wir über wichtige Instrumente, um Menschenleben zu retten, Krankheiten vorzubeugen und Ausbrüche zu kontrollieren. Das funktioniert aber nur, wenn sie für Menschen, die sie benötigen, uneingeschränkt verfügbar sind. Deshalb fordern wir einen Notvorrat.»

Die Patente für die medizinischen Produkte liegen bei den zwei US-Pharmakonzernen Regeneron und Ridgeback Biotherapeutics. Fast alle derzeit weltweit verfügbaren Behandlungen werden in einem nationalen Sicherheits- und Bioverteidigungsvorrat aufbewahrt, der von den USA genutzt wird. Es ist dringend nötig, einen internationalen Notvorrat dieser Behandlungen anzulegen, der von Regeneron und Ridgeback bereitgestellt und von der Internationalen Koordinierungsgruppe (ICG) für die Bereitstellung von Impfstoffen verwaltet wird. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Behandlungen immer und überall kurzfristig bei Bedarf zur Verfügung gestellt werden können.

Nachdem es fast ein halbes Jahrhundert lang keine spezifischen Behandlungsmöglichkeiten für Ebola gab, wurden erst während des grössten Ausbruchs im Jahr 2014 die Mittel drastisch erhöht, um Behandlungen und Impfstoffe zu erforschen und zu entwickeln. An der Bereitstellung der Mittel von 800 Millionen US-Dollar waren u.a. die Regierungen der betroffenen Länder beteiligt. Unterstützt wurden sie von NGOs sowie akademischen Einrichtungen, die klinische Studien durchführten oder erleichterten. Überdies waren Patient:innen und Überlebende direkt an der Erprobung der Behandlungen beteiligt.

Diese Behandlungen wurden 2022 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlen und stehen nun auf der Modellliste der WHO für unentbehrliche Arzneimittel.

Inzwischen gibt es auch zwei Impfstoffe, die – neben der Behandlung – für die Prävention und Reaktion auf einen Ebola-Ausbruch unerlässlich sind. Diese neuen medizinischen Hilfsmittel sind zwar eine wichtige Ergänzung des Ebola-Instrumentariums, wirken aber nur gegen das Zaire-Ebolavirus, die häufigste Virusart, die den Ausbruch 2014 verursachte.

Die beiden zugelassenen Medikamente* sind für die Menschen, die sie bei Ausbrüchen benötigen, weitgehend nicht zugänglich. Die rasche Bereitstellung von Behandlungen bei einem Ebola-Ausbruch ist auf vielen Ebenen herausfordern. Bei fünf Ausbrüchen seit 2020 hat nur ein Drittel der Patient:innen eines der beiden Medikamente erhalten. Dies ist grösstenteils darauf zurückzuführen, dass die Produkte dort, wo die Ausbrüche am häufigsten auftreten, nicht ohne weiteres verfügbar sind. Und dies, obwohl betroffene Länder und Communities einen Beitrag am Entwicklungsprozess hatten.

Regeneron und Ridgeback behalten die private Kontrolle über diese Medikamente durch Patente und Lizenzen. Ärzte ohne Grenzen fordert die Patentinhaber von Ebola-Medikamenten auf, Lizenzen zu vergeben und die Technologie an fähige Hersteller:innen weiterzugeben, damit ihre Verfügbarkeit erhöht wird.

 

* REGN-EB3 (Atoltivimab/Maftivimab/Desivimab), das von Regeneron unter dem Namen Inmazeb vermarktet wird, und mAb114 (Ansuvimab), das von Ridgeback unter dem Namen Ebanga vermarktet wird