Kirgisistan, 20.07.2017
Kirgisistan, 20.07.2017
© Maxime Fossat

Resistente Tuberkulose auf dem Vormarsch

Tuberkulose (TB) ist eine Infektionskrankheit, von der bevorzugt die Lunge, seltener aber auch andere Organe befallen werden. Ein Drittel der Weltbevölkerung ist infiziert und jährlich sterben zwei Millionen Menschen an dieser Krankheit.

Infolge der HIV-Pandemie häufen sich auch die Tuberkuloseerkrankungen, da die beiden Infektionen häufig assoziiert sind. Eine HIV-infizierte Person mit geschwächtem Immunsystem hat ein 50mal höheres Risiko, an Tuberkulose zu erkranken.

Insbesondere in Russland, Osteuropa und Zentralasien ist ein signifikanter Anstieg von TB-Fällen zu verzeichnen, bei denen die TB-Erreger gegen Antituberkulotika resistent sind. Dabei stellen in diesen Regionen die Gefängnisse aufgrund von Überbelegung, desolaten Hygienebedingungen und häufig unangemessener Therapie ein beträchtliches Erregerreservoir dar, in dem sich Resistenzen entwickeln.

Symptome:

  • Hartnäckiger Husten
  • Blutiger Auswurf (Hämoptysis)
  • Brustschmerzen

Schwere Fälle:

  • Atemnot
  • Verschlechterung des Allgemeinbefindens
  • Gewichtsverlust
  • Leichtes Fieber
  • Nächtliche Schweissausbrüche

Eine Infektionskrankheit, die meist, aber nicht nur, die Lunge befällt

Die Infektion kann auch in anderen Organen lokalisiert sein. So können Drüsen, Knochen, die Nieren, die Harnwege, die Geschlechtsorgane, die Lymphbahnen und verschiedene Organhüllen (von Lunge, Hirnhaut, Herz, Abdomen) von der tuberkulösen Entzündung betroffen sein.

Je nach Organbeteiligung können unterschiedliche Symptome auftreten.

Sind etwa ein Wirbel und die entsprechende Bandscheibe entzündet, kommt es zu Schmerzen und einer Verformung der Wirbelsäule, was als Pottsche Krankheit bezeichnet wird.

Sind ein oder mehrere Lymphknoten betroffen (besonders häufig ist die Halslymphknoten-Tuberkulose), kommt es zu einer schmerzlosen, nichtentzündlichen Anschwellung. In einem späteren Stadium können sich nach aussen hin offene, eiternde Fisteln bilden.

Kommt es zu einer Massenaussaat von Tuberkulosebakterien im ganzen Körper, spricht man von einer Miliartuberkulose.

Obschon Tuberkulose heilbar ist, ist sie die weltweit tödlichste Infektionskrankheit. Wir brauchen dringend Medikamente, die wirksamer, verfügbar und erschwinglich sind und von den Patient:innen besser vertragen werden. Sonst befinden wir uns in einer Sackgasse.

Dr. Grania Bridgen, Tuberkulose-Expertin bei der Medikamentenkampagne von MSF

Lungentuberkulose: Ansteckung über Tröpfcheninfektion

Bei der TB-Infektion der Lunge erfolgt die Ansteckung von Mensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion. Beim Husten oder Sprechen versprüht der Infektionsträger winzige Tröpfchen. Sie sind mit virulenten Bakterien angereichert und werden so an die Umgebung abgegeben. Sobald sie von anderen Personen eingeatmet werden, infizieren diese sich mit den TB-Erregern. Bei rund 10% der Infizierten kommt die Krankheit zum Ausbruch.
Bei anderen Lokalisationen dagegen ist die Tuberkulose grundsätzlich nicht ansteckend.

Ansteckung verhindern

Auch wenn der sog. BCG-Impfstoff (Bacillus-Calmette-Guérin) keinen umfassenden Schutz vor Ansteckung bietet, empfiehlt sich die Schutzimpfung in Entwicklungsländern, wo ein deutlich höheres Ansteckungsrisiko besteht. Bei einer schweren Immunosuppression, wie sie beispielsweise bei HIV/Aids gegeben ist, ist die Schutzimpfung dagegen nicht empfohlen.

Wenn bei einer Person ein Verdacht auf Lungentuberkulose besteht und durch eine Diagnose erhärtet wird, so sind Vorkehrungen zum Schutz von Kontaktpersonen sowohl beim Gesundheitspersonal als auch in der Umgebung der Person zu treffen. Dazu gehören in der Ansteckungsphase die Isolierung von Patient:innen und die Verwendung von Atemschutzmasken. Sobald die Behandlung anschlägt, kann die Isolierung aufgehoben werden. Den Kontaktpersonen ist eine medizinische Nachsorge anzubieten. Durch den Mantoux-Test (subkutane Einspritzung einer geringen Menge Tuberkulin) lässt sich feststellen, ob eine Ansteckung erfolgt ist. Schwieriger ist die Testauswertung, wenn sich die:der Patient:in bereits einer Schutzimpfung unterzogen hat.

Liegt eine Immunschwäche bei Patient:innen vor, etwa bei einer Ansteckung mit dem HI-Virus, sollte die Diagnose möglichst früh gestellt werden. Handelt es sich um eine ausgeprägte Immunschwäche, können prophylaktisch Antibiotika verschrieben werden.

HIV und Tuberkulose sind hier ein grosses Problem. Einer der Hauptgründe, weshalb die TB-Prävalenz so hoch ist, sind die fehlenden Kenntnisse über die Krankheit. Ein Teil unserer Aufgaben besteht deshalb darin, die Patienten und ihre Angehörigen über die beiden Krankheiten zu informieren, ihnen zu erklären, wie die Ansteckung erfolgt, wie man sich davor schützt und wie man mit ihnen leben kann.

Dr. Tor Deng, Allgemeinmediziner im Südsudan

Eine bisweilen komplexe Behandlung

Eine Lungentuberkulose wird anhand von Anamnese und Untersuchung von Patient:innen sowie von Röntgen- (Thorax-Röntgenaufnahmen) und Laboruntersuchungen diagnostiziert. Das Sputum von Patient:innen wird zunächst mikroskopisch analysiert; dann wird zwecks Nachweis von TB-Erregern eine Kultur angesetzt. Im Verlauf der Behandlung werden weitere Laboruntersuchungen durchgeführt, um die Therapie auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen.

Nachdem die Diagnose gestellt ist, wird eine medikamentöse Behandlung mit vier verschiedenen Antibiotika verordnet, die in den meisten Fällen genügt sechs Monate dauert. Wenn die TB-Infektion gegen ein oder mehrere Antibiotika resistent ist, muss dem sowohl bei der medikamentösen Behandlung wie auch bei der Dauer der Therapie Rechnung getragen werden. Besorgniserregend ist die stete Zunahme multiresistenter und hochresistenter Tuberkuloseformen (MDR-TB bzw. XDR-TB).

Was Dauer und Anzahl der einzunehmenden Medikamente betrifft, ist die Therapie für Patient:innen ziemlich belastend. Es können zudem Nebenwirkungen – bis hin zu Vergiftungserscheinungen – auftreten. Sobald jedoch eine Therapie verordnet ist, muss dafür Sorge getragen werden, dass die Patient:innen nicht mit der Krankheit allein gelassen werden, dass sie entsprechend aufgeklärt und für einen verantwortlichen Umgang mit den Medikamenten gewonnen werden. Denn durch Absetzen der Medikamente oder durch mangelhafte Medikamententreue kann es zu Rückfällen und zur Bildung von Resistenzen kommen.