Augenkliniken in Somalia: Behandlungen, die das Leben verändern

Patientinnen im Wartesaal nach einer erfolgreichen Operation. Huddur, Januar 2022.

Somalia / Somaliland3 Min.

Seit 2018 bietet Ärzte ohne Grenzen / Médecins Sans Frontières (MSF) Augenkliniken, sogenannten «Eye Camps», in Somalia Unterstützung an. Dort werden Beratungen, Behandlungen und Operationen für verschiedene Augenerkrankungen wie dem Grauen Star angeboten. Ziel ist es, Menschen in schwer zugänglichen Gebieten grundlegende Augenbehandlungen anzubieten.

«Augenerkrankungen erhalten wie viele andere Gesundheitsprobleme in Somalia häufig nicht genügend Aufmerksamkeit», erklärt Dr. Fuad, unser medizinischer Koordinator für Somalia. Häufige Beschwerden wie Grauer Star führen unbehandelt allzu oft zu Erblindung. Besonders verheerend: In Somalia bedeutet der Verlust der Sehkraft häufig auch den Verlust des Einkommens. Dies in einem Land, in dem die Bevölkerung wegen des bewaffneten Konflikts und chronischer Armut ohnehin kaum über die Runden kommt. Deshalb hat dieser kleine Eingriff im Leben der betroffenen Menschen enorme Auswirkungen.

«Es braucht bei jedem Camp viel Organisation und Vorbereitungsarbeit», so Fuad weiter. «Umso mehr, als wir die Camps aus Sicherheitsgründen aus der Distanz leiten und vor Ort mit lokalen Partner:innen arbeiten. In den Wochen zuvor wird die Bevölkerung über das kommende Eye Camp informiert. Dann finden Screenings statt, um herauszufinden, ob die Patient:innen eine Operation, eine Brille, eine weitere Untersuchung oder eine Behandlung benötigen.»

Augenkliniken in Somalia

Augenkliniken in Somalia

© MSF

Ankündigung der Eye Camps am Radio und auf sozialen Medien

Dr. Said ist Augenarzt beim lokalen Anbieter für Augenbehandlungen in Burhakaba, wo ein neues Eye Camp durchgeführt wird. Er erklärt, wie die Aufklärungsarbeit abläuft: «Im vergangenen Monat haben wir in der Region mit den Gemeindevorstehern gesprochen, Radiospots geschaltet und auf den sozialen Medien auf unser Angebot aufmerksam gemacht. Wir haben die Leute ermuntert, dieses kostenlose Screening zu nutzen. Denn das gab es hier seit fast 20 Jahren nicht mehr».

Said fährt fort: «Wegen der unsicheren Lage mussten wir sehr diskret vorgehen und möglichst unauffällig hierherkommen. Wir befinden uns etwa zwei Autostunden von Baidoa entfernt, und die Reise führt durch mehrere heikle Gebiete. Deshalb müssen wir vorsichtig fahren und auch bei unserer Abreise wieder genauso diskret vorgehen.»

Unsere medizinische Hilfe in Zahlen:

  • 4000 Untersuchungen,
  • davon 2000 Untersuchungen auf Grauen Star und Grünen Star (Glaukom)
  • 500 chirurgische Eingriffe

Die Operation des Grauen Stars findet unter Lokalanästhesie statt und dauert zwischen fünf und zehn Minuten. Im Schnitt werden bei jedem Eye Camp etwa 4000 Personen behandelt.


Operation gibt Sehvermögen und Sozialleben zurück

«Viele unserer Patient:innen haben einen beidseitigen Grauen Star», erklärt Said. «Häufig sitzen sie dann einfach zu Hause, weil sie ohne Sehvermögen nichts machen können. Nach der Operation sind sie fast schockiert, dass sie einfach wieder sehen können. Diese Reaktion miterleben zu dürfen, ist für uns immer ein unglaublicher Moment. Meistens handelt es sich um ältere Menschen, die teilweise schon zehn Jahre oder noch länger nichts mehr sehen konnten. Sie konnten ihre Kinder, ihre Enkelkinder nicht sehen, und auf einmal ist das wieder möglich. Ein sehr spezieller Moment.»

Unser Team in Somalia führt einen Augentest durch. Huddur, Januar 2022.

Unser Team in Somalia führt einen Augentest durch. Huddur, Januar 2022.

© MSF/Hanad Abdi

Andere Aktivitäten in Somalia

Neben den Eye Camps in Somalia und Somaliland arbeiten unsere Teams auch in Spitälern in Baidoa in South West State, in Galkayo Nord in Puntland, in Galkayo Süd in Galmudug sowie in Las Anod und Hargeisa in Somaliland. Im Zentrum unserer Arbeit stehen die Mutter-Kind-Versorgung, Pädiatrie, Notfallversorgung, Ernährungsmassnahmen sowie die Diagnose und Behandlung von Tuberkulose. Daneben betreiben wir auch mobile Kliniken für die Menschen in Vertriebenenlagern und die Bevölkerung in der Umgebung.

2021 haben die Teams von Ärzte ohne Grenzen rund 154 800 Sprechstunden abgehalten, 12 509 mangelernährte Kinder behandelt, rund 8800 Geburten begleitet und 74 Patient:innen mit resistenter Tuberkulose behandelt. Die Organisation hat im vergangenen Jahr bei zwei Eye Camps mitgewirkt: Dabei wurden 4022 Konsultationen durchgeführt, 656 Operationen des Grauen Stars vorgenommen und 506 Kinder erhielten eine Brille. 2022 hat Ärzte ohne Grenzen insgesamt fünf Eye Camps unterstützt, zwei davon sind noch am Laufen.