Gaza: Weiteres Spital in Rafah muss schliessen

Vertriebene Palästinenser:innen verlassen nach dem Evakuierungsbefehl der israelischen Armee am 6. Mai Rafah im südlichen Gazastreifen. Copyright: MSF

Palästinensische Autonomiegebiete2 Min.

Die Verschärfung der israelischen Offensive in Rafah hat Ärzte ohne Grenzen dazu gezwungen, die lebensrettende Arbeit im Indonesischen Spital in Rafah am 12. Mai einzustellen. Die 22 dort verbliebenen Patient:innen wurden an andere Einrichtungen überwiesen, da ihre Sicherheit nicht mehr gewährleistet werden konnte. Ärzte ohne Grenzen beobachtet seit Beginn des Kriegs systematische Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen und zivile Infrastruktur. Dies und die fortschreitende Offensive haben uns dazu veranlasst, das Indonesische Feldspital in Rafah zu verlassen.

Update 19. Mai:

Seit Beginn der israelischen Offensive am 6. Mai wurden mehr als 800 000 Menschen aus Rafah vertrieben.

Sie werden oft auf ehemaligem Ackerland zusammengepfercht, ohne angemessene Infrastrukturen, wie zum Beispiel Wasser oder Sanitäranlagen.

"Einige entscheiden sich sogar dafür, sich in von Bomben zerstörte und instabile Gebäude zurückzuziehen, um zu vermeiden, wieder in Zelten und unter extremer Hitze  überleben zu müssen", berichtet Sylvain Groulx, unser Nothilfekoordinator in Gaza. 

Die Zerstörung des Gesundheitssystems hat verheerende Folgen für die eingeschlossenen Menschen im Gazastreifen. Gemäss dem UN-Büro für humanitäre Angelegenheiten (OCHA) sind 24 von 36 Spitälern im Gazastreifen nicht mehr funktionsfähig. Die Feldspitäler, die Ärzte ohne Grenzen derzeit aufbaut, reichen nicht aus, um viele Verletzte auf einmal zu versorgen – abgesehen von den bereits immensen medizinischen Bedürfnissen. Diese können unter keinen Umständen ein funktionierendes Gesundheitssystem ersetzen.

Wir mussten zwölf Gesundheitseinrichtungen verlassen und 26 Angriffe miterleben, darunter Luftangriffe, die Spitäler beschädigten, Panzer, die auf gekennzeichnete Unterkünfte feuerten, Bodenangriffe auf medizinische Einrichtungen und Konvois, die beschossen wurden

Michel-Olivier Lacharité, unser Notfallkoordinator

Vor der Evakuierung des Spitals hatte Ärzte ohne Grenzen dort seit Dezember 2023 Kriegsverletzte postoperativ versorgt. Pro Woche führte unser chirurgisches Personal rund 35 Eingriffe durch.  Die stationäre und ambulante Versorgung wurde an sechs Tagen in der Woche angeboten, mit etwa 130 Konsultationen pro Tag. Unsere Leistungen umfassten Verbandswechsel, Physiotherapie und psychologische Beratung. Auch das Gesundheitsministerium musste seine Aktivitäten einstellen, was die Schliessung des gesamten Spitals zur Folge hatte.

Vertriebene Palästinenser:innen, die aus Rafah nach Khan Yunis zurückgekehrt sind. Wir haben unsere Arbeit am Nasser-Spital in Khan Yunis wieder aufgenommen.

Vertriebene Palästinenser:innen, die aus Rafah nach Khan Yunis zurückgekehrt sind. Wir haben unsere Arbeit am Nasser-Spital in Khan Yunis wieder aufgenommen, nachdem unsere Teams im Februar nach einem Granateneinschlag und dem Evakuierungsbefehl der israelischen Streitkräfte das Spital verlassen und Patient:innen zurücklassen mussten.

© MSF

Seit die israelische Armee ihre Offensive und Evakuierungsbefehle vorangetrieben hat, sind nach Angaben der Vereinten Nationen mindestens 360 000 Palästinenser:innen aus Rafah geflohen. Unter diesen Bedingungen, die von Zerstörung und wahlloser Gewalt geprägt sind, ist es unmöglich, lebensrettende humanitäre und medizinische Hilfe zu leisten. Blockierte Hilfslieferungen verschärfen die humanitäre Lage zusätzlich und gefährden das Leben der im Gazastreifen eingeschlossenen Menschen. Die Vorräte an Treibstoff, der für den Betrieb der Spitäler benötigt wird, und andere wichtige Güter gehen aus; die Menschen können das Gebiet weder verlassen noch einreisen.

Die Bevölkerung des Gazastreifens ist weiter Luftangriffen, Gewalt und wahlloser Zerstörung ausgesetzt. Ärzte ohne Grenzen ruft erneut dazu auf, diese Offensive zu stoppen, die zu

Vertreibungen führt und es unmöglich macht, lebenswichtige humanitäre und medizinische Hilfe zu leisten.