Haiti: Ärzte ohne Grenzen versorgt Opfer des Erdbebens und fliegt 100 Tonnen Hilfsgüter ein

Orthopedischer Chirurge von Ärzte ohne Grenzen im Operationssaal des Spitals Saint Antoine in Jérémie bei einer Operation.

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Teams von Ärzte ohne Grenzen aus anderen Teilen des Landes haben am 17. August die ersten Erdbebenregionen im Süden Haitis erreicht. Sie versorgen seither in den drei betroffenen südlichen Provinzen Grand'Anse, Nippes und Sud akut Verletzte und ermitteln, was die Menschen am dringendsten brauchen. Der Tropensturm Grace erschwert die Hilfe. «Mehrere Kliniken mussten Patienten ins Freie oder in Zelte verlegen, und es werden schwere Regenfälle erwartet», sagt Michel-Olivier Lacharité, Leiter des Notfalleinsatzes.

Der Transport von medizinischen Teams und deren Ausrüstung ist eine der grössten Herausforderungen. Mehrere Strassen sind blockiert. Erdrutsche, die die Zufahrtsstrassen beschädigt haben, verlangsamen und erschweren den Einsatz und die Lieferung von Hilfsgütern. Daher ist geplant, auch Schiffe und Hubschrauber einzusetzen. Nach wie vor ist es schwierig, einen Überblick über das ganze Ausmass der Schäden und die Zahl der Verletzten zu erhalten.

Die Hauptstadt Port-au-Prince ist glücklicherweise nicht von Schäden betroffen. Die Teams von Ärzte ohne Grenzen in den Kliniken versorgen hier Verletzte aus den Erdbebenregionen. Gemeinsam mit den örtlichen Behörden wurde eine Blutspendenaktion organisiert, um den aktuellen Bedarf decken zu können.

Ein medizinisches Team mit zwei Chirurgen und einer Operationspflegefachfrau

Ein medizinisches Team mit zwei Chirurgen und einer Operationspflegefachfrau konnte am 15. August nach Jérémie reisen und seine Arbeit im Spital Saint Antoine aufnehmen. Ärzte ohne Grenzen lieferte medizinische Hilfsgüter, vor allem Sterilisationsmaterialien für die medizinische Einrichtung.

© Steven Aristil / MSF

Vergangenes Wochenende hat Ärzte ohne Grenzen damit begonnen, Hilfsgüter nach Haiti zu fliegen. Die erste Lieferung von 100 Tonnen Material hat das Lager in Brüssel verlassen, ein weiterer Transport wird vorbereitet. Unterdessen erreichen zunehmend auch Verletzte aus entlegeneren Dörfern die Kliniken und suchen Hilfe.  «Wir operieren täglich bis Mitternacht, um so viele Patienten wie möglich zu versorgen», sagt Xavier Kernizan, haitianischer Chirurg für Ärzte ohne Grenzen in Jérémie.  «Auch viele Ärzte aus der Hauptstadt oder anderen Städten sind auf eigene Faust in die Erdbebenregion gekommen, um zu helfen.»

Das Frachtflugzeug ist mit medizinischem Material, Zelten und Ausrüstung zum Aufbau einer Wasser- und Sanitärversorgung für 30 000 Menschen auf dem Weg in die Krisenregion. Erste Lastwagen mit Trinkwasser sind bereits in Haiti im Einsatz.

Das im äussersten Südwesten des Landes gelegene Jérémie war aufgrund der zerstörten Strasse für das Team von Ärzte ohne Grenzen nicht mehr erreichbar. Nur per Hubschrauber gelangten die Helfer*innen in die betroffene Stadt.  «Ärzte und Pfleger vor Ort hatten bereits aussergewöhnliche Arbeit geleistet mit den begrenzten Mitteln, die sie zur Verfügung hatten», sagt der Chirurg. Doch die Unterstützung durch mehr Personal wurde dringend gebraucht. Per Helikopter werden nun auch Schwerverletzte zur Behandlung in die Hauptstadt gebracht.

Nach wie vor konnten die Teams nicht alle betroffenen Gebiete erreichen, vor allem in den Bergen ist der Zugang sehr schwierig. Insgesamt hat Ärzte ohne Grenzen rund 1000 Mitarbeitende im Haiti im Einsatz.