Menschen unter katastrophalen Zuständen in libyschen Internierungslagern eingesperrt

Ein Mann sitzt am Fusse eines Bettes ohne Matratze in einem gemauerten Raum. Er ist barfuss und trägt eine Daunenjacke.

Libyen2 Min.

Rund 60 Personen, unter ihnen 24 Kinder, werden zurzeit in Sabratah, Libyen, unter schrecklichen Bedingungen festgehalten, nachdem sie in der Nacht vom 27. September bei einer gewaltsamen Razzia verschleppt worden waren. Sie gehörten zu einer Gruppe von 350 vorwiegend aus Westafrika stammenden Menschen.

Bewaffnete und maskierte Männer schafften die Migrantinnen und Migranten, die in einer Unterkunft in Al-Jilat im Süden von Sabratah hausten, gewaltsam in einen Hangar eines ehemaligen Militärstützpunktes. Sie nahmen ihnen ihre Habseligkeiten und Ausweispapiere weg.

In diesem Hangar fanden sie zwei Tage später die Teams von Ärzte ohne Grenzen. «Wir fanden dort Männer, Frauen und Kinder vor, die auf dem nackten Fussboden schliefen. Die Hygienebedingungen waren katastrophal, es gab weder Wasser, Duschen noch Toiletten», sagt Guillaume Baret, unser Landeskoordinator in Libyen.

Bei diesem Einsatz organisierte Ärzte ohne Grenzen eine Spitalüberweisung von vier Personen und verteilte Wasser sowie Notrationen an Lebensmitteln. Unser Pflegepersonal durfte indes nur Frauen und Kinder untersuchen, für die Männer hatte es keine Bewilligung. Die Gewalt vor Ort war förmlich spürbar. Bewaffnete Männer gaben Schüsse in die Luft ab.

Am 2. Oktober sei es nach einem Fluchtversuch zu einer Schiesserei gekommen. Laut mehreren Quellen seien dabei drei Migranten ums Leben gekommen. Einige konnten fliehen, andere wurden befreit. «Die rund sechzig Personen, die noch immer im Hangar eingesperrt sind, die meisten davon Frauen und Kinder, müssen sofort freigelassen und geschützt werden», fährt Baret fort.

Dieses Ereignis zeigt einmal mehr, dass Flüchtlinge und Migrant*innen in Libyen permanenter Gefahr ausgesetzt sind. Dennoch bestehen die Verantwortlichen in Libyen und Europa darauf, dass Menschen, die versuchen zu fliehen, nach Libyen zurückgeführt werden und dort bleiben müssen. So wurden zwei Schiffe der libyschen Küstenwache übergeben, welche auf Kosten der Europäischen Union und Italien umfangreich modernisiert wurden.

Seit Beginn des Jahres sind fast 9000 Personen durch die libysche Küstenwache – mit Unterstützung Europas – auf das libysche Festland zurückgebracht worden. Die Anzahl Menschen, die derzeit in den staatlichen Internierungslagern des Department for Combating Illegal Migration (DCIM) festgehalten werden, beläuft sich auf etwa 2400. Möglicherweise werden jedoch immer mehr Menschen in anderen Einrichtungen festgehalten, entweder vollkommen illegal oder durch andere Instanzen als die DCIM.

Ärzte ohne Grenzen leistet derzeit in sechs Internierungszentren im Westen und Zentrum des Landes sowie in Tripolis Hilfe für Migrant*innen, Geflüchtete und Asylsuchende. Die angebotenen Hilfeleistungen umfassen medizinische Grundversorgung, Überweisungen an Gesundheitseinrichtungen, psychologische Betreuung sowie Verteilungen von Wasser, Lebensmitteln und anderen Hilfsgütern.