Nigeria kämpft gegen die heftigste Meningitis-C-Epidemie seit 2008
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Tausende Menschen sind im Norden Nigerias an Meningitis C erkrankt. Die Epidemie wird als die stärkste seit neun Jahren eingestuft.
Fast sechs Monate nach der Meldung des ersten Falles im Bundesstaat Zamfara hat das nigerianische Gesundheitsministerium immer noch Mühe, die Epidemie in den Griff zu bekommen. Mittlerweile wütet die Epidemie in sieben Bundesstaaten in Nigeria. Seit Februar, als der Ausbruch der Epidemie offiziell erklärt wurde, unterstützt Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) die Gesundheitsbehörden des Landes in den am meisten betroffenen Landesteilen bei der medizinischen Versorgung der Erkrankten. Das schwerfällige Gesundheitssystem und die weltweite Impfstoffknappheit behindern jedoch die zeitnahe und effiziente Krankheitsbekämpfung.
Am 15. April richtete MSF zunächst ein Behandlungszentrum in der Stadt Sokoto ein, anschliessend eine Station mit 20 Betten in Anka, im Bundesstaat Zamfara. Dort ist eine MSF-Notfalleinheit kontinuierlich im Einsatz, um hochwertige und kostenlose medizinische Behandlung zu gewährleisten und die Sterblichkeitsrate so gut wie möglich zu senken.
Die Notfallteams behandeln die schwerkranken Patienten unter äusserst schwierigen Bedingungen. «Vor einigen Tagen wurde ein neunjähriger Junge zu uns gebracht. Er war bewusstlos. Ein besonders schwerer Fall von Meningitis.», erzählt Caroline Riefthuis, MSF-Pflegefachfrau in Sokoto. «Er wurde fünf Tage lang bei uns behandelt und sein Zustand verbesserte sich, doch inzwischen hatte er infolge des schweren Krankheitsverlaufs sein Gehör verloren und war erblindet.»
Dieser Junge ist einer der 614 Patienten, die seit April im Mutalah-Mohamad-Spital von Sokoto versorgt werden, als MSF die Leitung des Spitals von den Gesundheitsbehörden übertragen wurde, weil es an Material und qualifiziertem Personal fehlte. Im allgemeinen Spital von Anka wurden seit Ausbruch der Epidemie 137 Patienten stationär aufgenommen. Die meisten sind zwischen fünf und zwanzig Jahre alt.
Die Epidemie eindämmen
Zusätzlich zum Personal in den Behandlungszentren hat MSF elf Teams zur Abklärung in die medizinischen Einrichtungen der Bundesstaaten Sokoto, Zamfara, Yobe, Niger und Kebbi entsandt, um die Ursache der Neuerkrankungen zu bestimmen. Zudem wurden weitere Massnahmen getroffen, insbesondere bei der Gesundheitsförderung, um die Bevölkerung über Symptome und Anzeichen der Erkrankung sowie die Wichtigkeit einer raschen Meldung von neuen Fällen aufzuklären.
Ende April meldete das nigerianische Gesundheitsministerium 9’646 Meningitis-C-Verdachtsfälle und seit Ende 2016 waren 839 Menschen daran gestorben. Seit dem 1. Mai nimmt MSF aktiv an einer Impfkampagne der Gesundheitsbehörden in Sokoto teil. Eine Woche lang haben fünfundzwanzig MSF-Teams in den drei am stärksten betroffenen Gemeinden täglich je rund 850 Menschen geimpft, womit über 148’000 Menschen erreicht wurden. Insgesamt sollen im Rahmen der Kampagne 800'000 Kinder und Jugendliche zwischen einem und zwanzig Jahren geimpft werden. Mit einer weiteren Kampagne, die für Monatsende geplant ist, sollen weitere 130’000 Menschen in den vier am stärksten betroffenen Gemeinden im Bundesstaat Yobe geimpft werden.
Späte Reaktion und knapper Impfstoff-Vorrat
Obwohl Impfkampagnen zur Eindämmung der Meningitis-Epidemie von zentraler Bedeutung sind, ist MSF besorgt, weil die Reaktion auf die Krise sehr spät kam – und das in einem Land, in dem Meningitis-Epidemien keine Seltenheit sind. «Das nationale Frühwarnsystem und die Krisenreaktionsfähigkeit des Landes müssen gestärkt werden, damit die Ausbreitung und die Schwere der Epidemie bestmöglich reduziert werden können.», sagt Philip Aruna, MSF-Landeskoordinator in Nigeria.
Noch grösseren Grund zur Sorge geben die weltweit knappen Vorräte des Meningitis-C-Impfstoffs, welche die ohnehin schon späte Reaktion noch verzögerten und die Sterblichkeitsrate in Nigeria in die Höhe trieben. «Die Epidemie breitet sich rapide aus. Das ist angesichts der für die betroffene Bevölkerung unzureichende Menge an verfügbarem Impfstoff äusserst allarmierend.», sagt Aruna.
In Sokoto zum Beispiel sind drei Millionen Einheiten des Impfstoffs erforderlich, um eine Massenimpfungskampagne zu starten, aber nur 800'000 dieser Einheiten waren verfügbar. Diese unzureichende Menge erlaubt es lediglich eine reaktive Kampagne zu lancieren. Aufgrund dessen müssen die Teams in der Lage sein schnell zu handeln, um so zu verhindern, dass sich die Krankheit weiter ausbreitet.
Um dieser logistischen Herausforderungen zu begegnen und die Sterblichkeitsraten zu senken, besteht MSF darauf, dass Behandlungszentren dezentralisiert werden. So kann eine freie und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung für Menschen, die von der Krankheit betroffen sind, sichergestellt werden. Dies bedeutet, dass die richtigen Tests zur Schnellerkennung der Krankheit zur Verfügung stehen müssen, um Falschdiagnosen zu verhindern. Es ist entscheidend, dass angemessene Präventionsmassnahmen ergriffen werden, um beim nächsten unvermeidlichen Meningitis-Ausbruch folgenschwere Verzögerungen zu verhindern.