Somalia: Limitierter Zugang zur Bevölkerung erschwert Nothilfe
Somalia / Somaliland3 Min.
Seit 20 Jahren befindet sich Somalia im Kriegszustand. Truppen der Übergangsregierung kämpfen heute, unterstützt von Truppen der Afrikanischen Union (AMISOM), in Mogadischu und anderen Teilen des Landes gegen bewaffnete Gruppen der Al-Shabaab-Miliz. Ein sicherer Zugang für internationale Nichtregierungsorganisationen zur Bevölkerung bleibt schwierig und Hilfsleistungen werden dadurch behindert. Zwei Projekte von MSF mussten kürzlich vorübergehend eingestellt werden, obwohl eines davon als Reaktion auf die Notsituation gerade erst wieder eröffnet worden war. Ein Dutzend Projekte laufen im Moment im Norden und Süden Somalias und MSF arbeitet hart daran, die medizinische Hilfe trotz der anhaltenden Behinderungen auszuweiten.
Interview mit Duncan McLean, Projektleiter von MSF in Somalia
Wie ist die aktuelle Lage in Somalia?
Die Behörden funktionieren nicht und unsere Daten sind zu lückenhaft für eine präzise Einschätzung über den Zustand der Bevölkerung. Sicherheitsprobleme und fehlender Zugang zur Bevölkerung hindern uns an der Datenerfassung. Wenngleich es keine Zweifel daran gibt, dass die Situation kritisch ist, haben wir dennoch einen sehr unvollständigen Einblick, der auf die Gebiete beschränkt ist, in denen wir arbeiten. In Somalia, wie auch in anderen Konfliktgebieten, sind gute Absichten nicht genug: es gibt zahlreiche Hürden. Eine Organisation wie MSF ist nicht in der Lage zu helfen, ohne mit allen lokalen Akteuren zu verhandeln. Der Zugang zur Bevölkerung und die Hilfe hängen von ihnen ab. Das Wohlergehen der Menschen ist nur ein Kriterium unter vielen, und nicht immer eine Priorität für die, die in den Konflikt involviert sind. Sonst würden nicht so viele Menschen das Land verlassen. In Äthiopien beispielsweise sind die Menschen in der Region Oromia von einer ähnlichen Dürre betroffenen, doch sie versuchen deshalb nicht, die Grenze zu überqueren. In Somalia herrscht eine humanitäre Krise, die nicht das Ergebnis von ausgetrocknetem Land allein sein kann.
Nun sagt jeder, dass die Hungersnot mit der Dürre zusammenhängt…
Trotz der Warnung, die im vergangenen Jahr zahlreiche Organisationen ausgesprochen hatten, ist es nicht leicht, einen konkreten Beweis für eine Hungersnot nach den Kriterien der Vereinten Nationen vorzulegen. Ende vergangenen Jahres hat die Dürre den Zugang zu Wasser und Brunnen betroffen. Wir haben einen Anstieg in der Anzahl der Menschen festgestellt, die in einigen unserer Projekte Hilfe gesucht haben. In den beiden Projekten Daynile and Jamame in Somalia, die wir im Juni eingestellt haben, waren die Indikatoren paradoxerweise weniger aussagekräftig. Uns wurde zum Beispiel nichts über das Viehsterben berichtet. Die Zeichen für eine grosse Krise wurden zuerst an der äthiopischen und kenianischen Grenze sichtbar, wo Tausende Somalier im Juni dieses Jahres begonnen haben, den Süden ihres Landes zu verlassen.
Wie ist der Stand der Dinge heute?
Das Projekt im Spital von Daynile ist wieder geöffnet und beinhaltet nun auch ein Ernährungsprogramm. Unsere Aktivitäten in Jamame, im Süden Somalias, werden auch in Kürze wieder aufgenommen. Wir sind in Verhandlungen um den Aufbau von neuen Projekten in der Gegend um Mogadischu, um die kürzlich vertriebenen Menschen zu versorgen. In den Lagern, die wir besuchen konnten, haben unsere Teams sehr schwache Menschen und Fälle von Mangelernährung beobachtet. Darüber hinaus haben sie eine grosse Zahl von Todesfällen aufgrund schweren Durchfalls vorgefunden. Wir planen unter anderem die Durchführung von Konsultationen vor Ort mit der Möglichkeit einer Spitaleinweisung, Aktivitäten gegen Mangelernährung (inklusive der Verteilung von Nahrungsmitteln) sowie Impfungen gegen Masern.
Unsere erste Priorität ist nach wie vor die Verbesserung des Zugangs zu sauberem Trinkwasser, da der Mangel an Wasser und einer Sanitärversorgung die Gefahr einer Ausbreitung von Durchfallerkrankungen erhöhen. Insbesondere mangelernährte Kinder sind dadurch einem erhöhten Risiko ausgesetzt.