Ukraine: Bekämpfung des Coronavirus in Konfliktgebieten

Ukraine, 5. Mai 2020

Ukraine2 Min.

Das ukrainische Gesundheitssystem ist bereits von dem seit sechs Jahre andauernden Bürgerkrieg angeschlagen, insbesondere in der östlichen Region Donezk. Durch die Ausbreitung des Coronavirus spitzt sich die Lage weiter zu. Ärzte ohne Grenzen leistet weiterhin Hilfe für die Betroffenen des Konflikts und unterstützt nun die Gesundheitsbehörde bei der Bekämpfung der Pandemie.

In der Ukraine herrscht ein gravierender Mangel an medizinischem Personal: Etwa 25 Prozent der Ärztinnen und Ärzte sind im Pensionierungsalter, und – fast noch besorgniserregender – fast ein Fünftel aller Ukrainer, die an Covid-19 erkrankt sind, arbeiten im Gesundheitsbereich. 19 von ihnen sind gestorben und rund 2000 sind noch krank oder auf dem Weg zur Besserung. Es fehlt zudem an medizinischen Gerätschaften und persönlicher Schutzausrüstung, was die Bekämpfung der Krankheit zusätzlich erschwert.

Geschwächte Gesundheitseinrichtungen entlasten

Die Teams von Ärzte ohne Grenzen machen Hausbesuche bei vulnerablen Personen, die in der Nähe der Konfliktgebiete leben. Das Ziel ist, die wenigen verbliebenen Gesundheitseinrichtungen im Osten des Landes zu entlasten. In Marjinka in der Region Donezk sind zwei mobile Teams im Einsatz, um die medizinischen Dienste zu verstärken und ältere Mitarbeitende, die anfälliger für das Virus sind, zu schützen. Unsere Teams helfen bei der Kontaktnachverfolgung, führen Tests durch und behandeln Personen mit leichten Symptomen zu Hause. Bei Bedarf überweisen sie Patientinnen und Patienten ins Spital.

Ukraine, 29. April 2020

Ärzte ohne Grenzen hat für das ukrainische Gesundheitspersonal Schulungen im Umgang mit Covid-19 durchgeführt.

© Damaris Giuliana/MSF

In den Regionen Donezk und Schytomyr, im Westen von Kiev, hat Ärzte ohne Grenzen Schulungen für fast 170 Gesundheitsmitarbeitende durchgeführt. Behandelt wurden Themen wie Schutzmassnahmen, Infektionskontrolle, Umgang mit den Patientenströmen, Testen, Isolieren und Abfallentsorgung.

«In der Region Schytomyr haben wir fast einen Drittel aller Einrichtungen, die Covid-19-Patienten betreuen, aufgesucht», sagt Marve Duka, unsere medizinische Expertin in der Ukraine. «Das Gesundheitspersonal ist trotz aller Schwierigkeiten sehr motiviert. Die Einrichtungen brauchten lange, bis sie Massnahmen zur Infektionsbekämpfung umsetzten. Noch jetzt gibt es Unklarheiten zur Verwendung der Schutzausrüstung.» 

Ukraine, 05 mai 2020

Unser mobiles Team nimmt beim Pflegepersonal im Spital von Krasnohoriwka Proben um festzustellen, ob sie sich mit dem Coronavirus infiziert haben.

© Katerina Stepanina/MSF

Psychologische Hilfe per Telefon

Das Gesundheitspersonal und Kranke können auch ein psychologisches Hilfsangebot in Anspruch nehmen. Dazu hat Ärzte ohne Grenzen einen Telefondienst eingerichtet.

Olga Taushan, MSF-Ärztin, erzählt: «Wir haben Patientinnen und Patienten besucht, die jeden Tag vom Konflikt hören, die in beschädigten Häusern leben... Ich erinnere mich an eine Familie mit vier Kindern, die in einem Haus lebte, dessen Türe und Fenster so rissig waren, dass sie sich nicht mehr schliessen liessen.» 

Wie in anderen Ländern darf auch hier die Pandemie nicht dazu führen, dass Menschen, die an anderen Krankheiten leiden, vom Gesundheitssystem ausgeschlossen werden. Umso mehr, als in der Ostukraine die Zahl der Menschen mit chronischen Krankheiten wie resistente Tuberkulose, Hepatitis C oder HIV hoch ist – und all diese Menschen besonders anfällig für das Coronavirus sind. Ärzte ohne Grenzen achtet deshalb darauf, auch sämtliche Aktivitäten zur Behandlung von chronischen Krankheiten aufrechtzuerhalten.