«Wir haben nichts zu trinken»: Zehntausende fliehen aus dem Nordosten Nigerias nach Kamerun
© Naoufel Dridi/MSF
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Mehr als 35’000 Menschen sind in den vergangenen Wochen aufgrund der jüngsten Gewaltausbrüche in der Region Rann im Nordosten Nigerias nach Goura im Nordwesen Kameruns geflohen.
Die medizinische Organisation Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) hat einen Notfalleinsatz gestartet. Die Zustände in Goura sind alarmierend: Es werden dringend Nahrungsmittel, Unterkünfte und Wasser für die Geflüchteten benötigt.
«Die Menschen sind am frühen Morgen zu Fuss losgegangen, auch Frauen, Kinder und ältere Menschen.» erzählt Dr. Silas Adamou Moussa, stellvertretender Programmverantwortlicher für Noteinsätze.
Sie mussten kranke und ältere Verwandte zurücklassen. Die Menschen nahmen mit, was sie tragen konnten, aber in Goura haben sie nichts zu trinken und keinen Ort zum Schlafen. Sie sind sich selbst überlassen.
Die Flüchtlinge befinden sich seit Ende Januar in einem grossen, informellen Camp in Goura. Die meisten schlafen im Freien, trotz der Standstürme und der nächtlichen Temperaturstürze.
Es ist unklar, ob die Flüchtlinge umgesiedelt oder wieder nach Nigeria abgeschoben werden. Diese Situation verhindert eine effiziente und umfassende humanitäre Hilfe.
MSF hat im Camp eine Klinik aufgebaut. In den letzten zwei Wochen konnte das medizinische Team von MSF mehr als 400 Konsultationen durchführen. 35 % betrafen infektiöse Atemwegserkrankungen, gefolgt von Durchfallerkrankungen und Bindehautentzündungen – all diese Erkrankungen sind auf die prekären Lebensbedingungen im Camp zurückzuführen.
Der Zugang zu Trinkwasser ist eines der grössten Probleme. MSF hat zusammen mit anderen Lieferanten die Trinkwasserversorgung erhöht, momentan beträgt die Menge 240’000 Liter pro Tag. Das ergibt 7 Liter pro Person/Tag – absoluter Mindeststandard in Notfällen sind jedoch mindestens 15 Liter.
«Es ist nicht das erste Mal, dass Menschen aus Rann nach Kamerun fliehen mussten», sagt Dr. Moussa. «Das erste Mal sind einige danach wieder nach Hause zurückgekehrt, nicht so dieses Mal: Die Menschen warten mit der Rückkehr, bis sie wissen, dass sie in Rann sicher sind. Aber ihre Zukunft hier ist ebenfalls sehr unsicher. Die Menschen haben Angst. Auch die Kinder haben Angst.»
© Naoufel Dridi/MSF