Zyklone in Madagaskar: Die Bevölkerung leidet unter extremen Klimaereignissen

Madagaskar, 17.03.2022

Madagaskar3 Min.

«Die beiden Zyklone haben mein Leben, meine Einkommensquelle und meine Umgebung zerstört», erzählt Randrianaivo Haingolalao Honorine, der im Küstenort Mananjary lebt. «Ich habe kein Haus mehr. Der Zyklon Batsirai hat es zerstört, und ich konnte es bis jetzt nicht wieder aufbauen.»

Randrianaivo ist nicht der einzige, dessen Leben durch die jüngsten Zyklone auf den Kopf gestellt wurde. Als die Tropenstürme Batsirai und Emnati zwischen dem 5. und 22. Februar auf die Ostküste Madagaskars trafen, verursachten sie Verwüstung und schwere Schäden. Dabei wurden auch Gesundheitseinrichtungen zerstört. Die Möglichkeiten, sich medizinisch versorgen zu lassen, wurden dadurch für die Bewohner:innen dieser abgelegenen Region weiter reduziert. Man geht davon aus, dass durch die zwei Zyklone über 300 000 Personen zu Schaden kamen. 

Die Wirbelstürme waren die zwei letzten Klimaereignisse, mit denen die Einwohner:innen Madagaskars in jüngster Zeit zu kämpfen hatten. Extreme Wetterverhältnisse kommen auf der Insel immer wieder vor. Die Menschen im südlichen Teil der Insel erholen sich gerade erst von einer aussergewöhnlich schweren Dürre, die zu besorgniserregend hohen Mangelernährungsraten führte. Madagaskar ist jedes Jahr von Tropenstürmen unterschiedlicher Stärke betroffen, Zyklon Batsirai im Februar erreichte die Stärke 4. Insgesamt wurde die Insel zwischen Ende Januar und Anfang März von fünf Stürmen getroffen. 

Unsere Hilfe in Nosy Varika

Notfallteams von Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) leisteten nach den Zyklonen medizinische Hilfe in der schwer zugänglichen Küstenregion Nosy Varika. Das lokale Spital und Gesundheitszentren waren schwer beschädigt worden. «Es war nicht einfach, in das Gebiet zu gelangen», sagt Mathilde Guého, MSF-Nothilfekoordinatorin in Madagaskar.

Die Strassen waren praktisch unpassierbar und wir mussten drei Flüsse überqueren, um Nosy Varika zu erreichen. Manchmal war das Wasser so hoch, dass es überhaupt nicht möglich war.

Mathilde Guého, MSF-Nothilfekoordinatorin

Ärzte ohne Grenzen ist nun dabei, das Spital und die Gesundheitszentren wieder instand zu setzen. An Orten, wo die Menschen nach den Zyklonen kaum Zugang zu medizinischer Versorgung hatten, waren die Teams per Boot unterwegs und boten dort Hilfe an. Jede Woche behandeln sie rund 345 Personen, meistens wegen Malaria, Durchfall- oder Atemwegserkrankungen. Immer häufiger sind unter den Patient:innen auch Kinder, die akut mangelernährt sind.

«Wir sind besorgt über die langfristigen Auswirkungen»

Rondolphe, ein Bootmechaniker und Fahrer aus Mahanoro, erklärt, dass die meisten Menschen in der Region sich ihren Lebensunterhalt mit der Fischerei oder Landwirtschaft verdienen. «Es wird für die Leute nicht einfach sein, wieder auf die Beine zu kommen – die ganze Ernte wurde beschädigt», sagt er. Fische sind immer schwieriger zu finden, so dass das Einkommen von Fischern um fast 90 Prozent zurückging.

Mit den wechselnden Klimabedingungen ist es auch immer schwieriger, Reis anzubauen, denn wenn es zu viel regnet, werden die Körner weggeschwemmt.

Rondolphe, Bootmechaniker und Fahrer aus Mahanoro

Die örtliche Bevölkerung sucht nun nach neuen Wegen, um sich ernähren zu können. Phillipe Randiar, ein Bauer aus Namorona, versucht sich im Brotbacken und -verkaufen, nachdem die Stürme all seine Nelken, Kaffeepflanzen und Reisfelder beschädigt haben. Andere haben mit der Fischerei angefangen. Doch da das Fischvorkommen nur gering ist und die Menschen sich keinen Fisch leisten können, ist es schwer, optimistisch zu sein.

«Wir sind wirklich besorgt über die langfristigen Auswirkungen für die Menschen», so Guého. «Die Zyklone trafen Madagaskar mitten in der «mageren Jahreszeit». Da die Menschen ihre Einnahmequellen grösstenteils verloren, sind Auswirkungen auf ihre Nahrungsmittelversorgung und Ernährung sehr wahrscheinlich. Umso mehr, als viele Einwohner:innen schon vorher sehr anfällig waren. Wir behalten die Lage genau im Auge und sind bereit, bei Bedarf zu helfen.» 

Expert:innen warnen schon seit Längerem, dass extreme Wetterereignisse wie Zyklone wegen des Klimawandels häufiger und intensiver werden. Verletzliche Bevölkerungsgruppen wie jene in Madagaskar werden weiterhin am stärksten unter solchen Ereignissen leiden.