D.R. Kongo: Tausende Erwachsene und Kinder Opfer sexueller Gewalt in Kasai
© Ghislain Massotte
Demokratische Republik Kongo2 Min.
MSF hat von Mai 2017 bis September dieses Jahres 2‘600 Opfer sexueller Gewalt in der Stadt Kananga in der kongolesischen Provinz Kasai behandelt. Achtzig Prozent der Opfer gaben an, von bewaffneten Männern vergewaltigt worden zu sein.
«Diese Zahlen sind ein Indiz für das hohe Gewaltniveau auch in diesem Jahr», sagt Karel Janssens, Landeskoordinator von MSF in der Demokratischen Republik Kongo. «Wir hören täglich die schockierenden Zeugnisse von Überlebenden und wie ihre Gemeinschaften auseinandergerissen wurden. Diese Erfahrungen machen es den Menschen schwer, ihr Leben wieder aufzubauen.»
Zehn Prozent sind Zeugen von Gewalttaten
MSF-Teams bieten eine psychologische Betreuung in Gruppen- und Einzelsitzungen für die am meisten traumatisierten Patienten an. Von März bis September dieses Jahres nahmen 835 Menschen an den individuellen Konsultationen teil. Die Hälfte von ihnen berichtete, dass mindestens ein Mitglied ihrer Familie getötet worden war und/oder ihre Häuser und Besitztümer geplündert oder zerstört wurden. Jeder Zehnte sprach davon, einen Mord oder eine andere Gewalttat gesehen zu haben. Von den 2‘600 Menschen, die seit Mai 2017 von MSF behandelt wurden, waren 162 Kinder unter 15 Jahren, darunter 22 unter fünf Jahren. 32 der Opfer waren Männer. Einige von ihnen berichteten, sie seien mit Waffen gezwungen worden, Mitglieder ihrer eigenen Gemeinschaft zu vergewaltigen.
Der Schutz von Opfern, ob Kindern oder Erwachsenen, und die sozioökonomische Hilfe bleiben für uns die zentralen Herausforderungen
MSF-Teams begannen im Mai 2017 mit der Versorgung von Opfern sexueller Gewalt. Dabei konzentrierten sie sich zunächst auf chirurgische Hilfe für Trauma-Patienten. Im September 2017 hat die Organisation die Behandlung von Opfern sexueller Gewalt ausgeweitet. MSF versorgt im Monat durchschnittlich mehr als 200 Patienten.
Drei von vier Opfern kommen erst einen Monat oder noch später nach dem Übergriff zur Behandlung. Die meisten
erklären, dass sie die kostenlose medizinische Versorgung nicht kannten oder kein Geld hatten, um zu den Einrichtungen zu reisen. Die sofortige Versorgung von Opfern sexueller Gewalt, innerhalb von 72 Stunden nach der Vergewaltigung, ist jedoch eine medizinische Notwendigkeit, insbesondere um einen wirksamen Schutz vor sexuell übertragbaren Infektionen, wie HIV, zu gewährleisten.
MSF arbeitet seit 1977 in der D.R. Kongo und betreut Opfer von Konflikten, Vertriebene und Menschen, die von Epidemien oder Pandemien wie Ebola, Cholera, Masern und HIV/ Aids betroffen sind. Seit 2017 bietet MSF in der Provinz Kasai Opfern der anhaltenden Gewalt eine kostenlose Notfallversorgung. Im vergangenen Jahr haben Teams der Organisation an 17 Orten im ganzen Land mehr als 6‘300 Konsultationen für Opfer sexueller Gewalt ausgeführt.
© Ghislain Massotte