Flüchtlingslager Dadaab: MSF fordert sofortige Massnahmen
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MSF warnt vor dem Ausbruch einer humanitären Krise und fordert das UNHCR und die Vertragsstaaten der Flüchtlingskonvention dazu auf, ihre Verantwortung gegenüber den Flüchtlingen wahrzunehmen.
Diese Woche tagt zum 63. Mal der Exekutivausschuss des UNO-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) in Genf. Gleichzeitig leben die somalischen Flüchtlinge im weltgrössten Flüchtlingslager im kenianischen Dadaab weiterhin unter prekären Bedingungen und in einem Klima der Angst.
Die internationale medizinische Hilfsorganisation Médecins Sans Frontières / Ärzte ohne Grenzen (MSF) fordert die Vertragsstaaten der Genfer Flüchtlingskonvention dringend dazu auf, sich gemeinsam mit der Regierung des Gastlandes Kenia und dem UNHCR nach besten Kräften einzusetzen, damit den Flüchtlingen in Dadaab auf angemessene Weise geholfen werden kann. Zum besseren Schutz dieser Menschen müssen dringend wirksame Massnahmen umgesetzt werden.
“Wir stellen das Ausmass der geleisteten Hilfe für die Flüchtlinge ernsthaft in Frage”, berichtet Bruno Jochum, der Geschäftsführer von MSF Schweiz, der vergangene Woche das Lager Dagahaley, eins der Dadaab-Lager, besucht hat. „Angesichts der derzeitigen Sicherheitslage wurden die Hilfeleistungen stark eingeschränkt. So ist es nicht überraschend, dass die Flüchtlinge erneut mit Cholera und einem erneuten Ausbruch von Hepatitis E zu kämpfen haben.“
Gelder für Dadaab um 40 Prozent gekürzt
Seit letztem Jahr wurde die internationale Finanzierung für die Flüchtlingslager um mehr als 40 Prozent gekürzt, während gleichzeitig die Bevölkerung weiterhin anwuchs. Vor allem jetzt, da die Regenzeit kurz bevorsteht, ist MSF sehr besorgt über den Mangel an Unterkünften und sanitären Anlagen. Es ist offensichtlich, dass die derzeit geleistete Hilfe nicht ausreichend ist. So ist es nur eine Frage der Zeit, bis in den Lagern von Dadaab die nächste humanitäre Krise ausbricht.
MSF verurteilt auch den ungenügenden Schutz der Flüchtlinge. „Die Tatsache, dass neu angekommene Flüchtlinge nicht registriert werden, ist inakzeptabel und ein klarer Verstoss gegen die Flüchtlingskonventionen und internationale Abkommen“, betont Jochum. „Wir unterstützen die laufenden Gespräche zwischen der kenianischen Regierung und dem UNHCR, um bei diesem kritischen Thema eine Lösung zu finden. Die Registrierungen müssen so rasch wie möglich wieder aufgenommen werden.“
Rückführung nach Somalia ist verfrüht
Angesichts der Tatsache, dass Somalia noch immer in einen gewaltsamen Konflikt verstrickt ist, ist eine umfangreiche Rückführung vorerst keine Option. Die Sicherheitsbedingungen lassen weder angemessenen Schutz noch Hilfslieferungen zu.
Auch wenn sich die Sicherheitslage innerhalb der Lager in Dadaab in den vergangenen Monaten vergleichsweise verbessert hat, kommt Gewalt immer noch allzu häufig vor – die Lager sind somit noch nicht die sichere Zufluchtsstätte, die sie sein sollten. Auch die Aktivitäten von Hilfsorganisationen, einschliesslich von MSF, sind stark behindert. Seit letzten Juli ein erneuter Zwischenfall die Sicherheit von humanitären Helfern gefährdete, war es für die internationalen Mitarbeiter von MSF nicht mehr möglich, dauerhaft im Lager zu arbeiten. So ist es in der derzeitigen Situation nicht gewährleistet, dass MSF auf einen medizinischen Notfall angemessen reagieren und qualitativ gute medizinische Hilfe leisten kann.
MSF fordert, dass die Registrierung von neu ankommenden Flüchtlingen umgehend wieder aufgenommen wird und dass Massnahmen umgesetzt werden, die ihren Schutz sicherstellen. Es müssen ausserdem dringend Anstrengungen unternommen werden, um die grundlegenden Bedürfnisse der Flüchtlinge, wie Unterkünfte und sanitäre Anlagen, zu decken. Das Wohl der Flüchtlinge in Dadaab muss für die Vertragsstaaten der Flüchtlingskonvention oberste Priorität haben.
Die Aktivitäten von MSF in Dadaab
In Dagahaley, einem der fünf Lager des Dadaab-Komplexes, betreibt MSF ein Spital mit 200 Betten. Im Ernährungsprogramm werden zurzeit 400 schwer mangelernährte Kinder behandelt. Im Schnitt führen die MSF-Mitarbeiter pro Monat 14'000 medizinische Untersuchungen durch und nehmen insgesamt 1'000 Patienten aus der Flüchtlings- und aus der Lokalbevölkerung stationär auf. Das Angebot des Spitals beinhaltet die Pflege von Kindern und Erwachsenen, eine Mutter-Kind-Versorgung, chirurgische Eingriffe und die Behandlung von HIV/Aids und Tuberkulose. MSF betreibt ausserdem vier Gesundheitsposten in Dagahaley, deren Angebot Schwangerschaftsfürsorge, Impfungen und psychologische Betreuung umfasst.
Vor einem Jahr, im Oktober 2011, wurden die beiden MSF-Mitarbeiterinnen Montserrat Serra and Blanca Thiebaut, in Dadaab entführt, während sie humanitäre Hilfe für somalische Flüchtlinge leisteten. Sie werden immer noch gefangen gehalten, und MSF hat in der Folge sämtliche neuen Projekte, die keinen Notfall betreffen, auf Eis gelegt. Einsätze als Reaktion auf akute Krisen werden weitergeführt.