Wir müssen über den Sudan sprechen
Sudan10 Min.
Seit dem 15. April 2023 liefern sich die sudanesischen Streitkräfte (SAF) und die Rapid Support Forces (RSF) an vielen Orten im Land schwere Gefechte. Das Gesundheitssystem, das bereits zuvor äusserst instabil war, steht vor dem Zusammenbruch; die humanitäre und gesundheitliche Lage ist desaströs. Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM, 18. April 2024) wurden etwa 8,6 Millionen Menschen durch den Konflikt vertrieben. Sie haben in anderen Landesteilen Zuflucht gesucht oder sind in benachbarte Länder wie den Tschad, Ägypten oder den Südsudan geflohen. Unsere Teams haben angesichts der massiven Gewalt Alarm geschlagen und wiederholt auf die besorgniserregenden Zahlen von Mangelernährung hingewiesen. Dennoch erhält diese humanitäre Krise nur wenig Aufmerksamkeit. Höchste Zeit, dies zu ändern: Sprechen wir vom Sudan!
Chronologie: Beginn des Konflikts ¦ 6 Monate ¦ 12 Monate
22. Juli 2024
Der seit über einem Jahr andauernde Krieg im Sudan hat verheerende Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen. Ein Bericht von Ärzte ohne Grenzen zeigt das enorme Ausmass der Gewalt, der die Zivilbevölkerung ausgesetzt ist. Er stützt sich auf medizinische und operative Daten, die zwischen dem 15. April 2023 und dem 15. Mai 2024 gesammelt wurden.
11. Juli 2024
Leider müssen wir feststellen, dass die Krise im Sudan weitgehend unbekannt ist, dadurch vernachlässigt wird, und die humanitäre Hilfe unzureichend bleibt. Deshalb ist es zwingend notwendig, die Aufmerksamkeit der Schweizer Bevölkerung auf die Not der Menschen im Sudan und in den Nachbarländern zu lenken. Zu diesem Zweck, sendet Ärzte ohne Grenzen an alle Gemeinden zum Näherrücken der Feierlichkeiten des ersten Augusts einen offenen Brief.
10. Juli 2024
Nach über einem Jahr gewalttätiger Vorfälle innerhalb und ausserhalb des von Ärzte ohne Grenzen unterstützten Türkischen Spitals in Khartum – darunter auch Todesdrohungen gegen das Personal der Organisation – haben wir beschlossen, unser Team aus dem Spital abzuziehen. Diese Entscheidung wurde nicht leichtfertig getroffen. Ärzte ohne Grenzen konnte dort während fast 14 Monaten lebensrettende Behandlungen anbieten. Dies trotz wiederholter, oftmals beabsichtigter Behinderungen seitens der Kriegsparteien. Allerdings ist dies aufgrund der jüngsten Ereignisse nicht länger möglich.
28. Juni 2024
Mit Beginn der Regenzeit im Tschad hat Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) ihre Unterstützung für Menschen, die vor dem Krieg im Sudan in den Osten des Tschad geflohen sind, erheblich ausgeweitet. Die Teams verteilten grosse Mengen lebenswichtiger Hilfsgüter wie Plastikplanen, Moskitonetze und Seife, um Hunderttausende von Geflüchteten in Aboutengué und im Transitcamp von Adré zu unterstützen. So wird eine Versorgungslücke abgedeckt, die die von den Vereinten Nationen beauftragten Organisationen bisher nicht schliessen konnten. In der Tat leben zahllose Familien seit über einem Jahr ohne angemessene Unterkunft in diesen Camps.
27. Juni 2024
Der Sudan-Konflikt wird schon zu lange vernachlässigt.
Die humanitäre und medizinische Hilfe muss im Sudan dringend massiv aufgestockt werden. #TalkAboutSudan
22. Juni 2024
Am 13. Juni hatte der UN-Sicherheitsrat eine Resolution zur Situation in Al-Faschir verabschiedet und ein Ende der Kämpfe gefordert. Neun Tage später warnte Ärzte ohne Grenzen, dass weiterhin Spitäler angegriffen werden und die Stadt aufgrund der extremen Gewalt von jeglicher humanitären Hilfe abgeschnitten ist. Wir sind eine der wenigen internationalen humanitären Hilfsorganisationen, die noch vor Ort ist.
14. Juni 2024
Seit Beginn des Krieges im Sudan im April 2023 sind mehr als 550 000 Menschen in den Osten des Tschad geflohen – vor gewalttätigen ethnischen Übergriffen, brutaler Gewalt und Morden.
Viele der sudanesischen Frauen haben ihre Männer verloren und müssen ihre Familie nun allein durchbringen. Die folgende Sammlung von Erfahrungsberichten zeugt vom Mut und der unerschütterlichen Entschlossenheit, mit der sudanesische Frauen ihre Familien auf der Flucht vor ethnischer Gewalt in Darfur schützen.
25. Mai 2024
Am Nachmittag des 25. Mai wurde ein Mitglied unseres Teams in Al-Faschir getötet, als sein Haus in der Nähe des Marktes der Stadt beschossen wurde. Wir sprechen seiner Familie unser tiefstes Beileid aus. Der Mann gehörte zum Sicherheitspersonal unserer Apotheke und war während des Beschusses ausser Dienst. Er wurde sofort zur Behandlung in das Süd-Spital gebracht, erlag aber dort seinen Verletzungen.
Seit Beginn der Kämpfe vor mehr als 2 Wochen haben wir im Süd-Spital, in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium, bereits 979 Verletzte behandelt. Die Zahl der Todesopfer ist auf 134 Menschen gestiegen - ein Zeichen für die Intensität der Kämpfe. Viele unserer Mitarbeitenden haben aufgrund des Beschusses ebenfalls Familienangehörige oder ihr Zuhause verloren. Wir fordern die Kriegsparteien erneut dazu auf, mehr für den Schutz der Zivilbevölkerung zu tun.
13. Mai 2024
Bei einem Luftangriff am Abend des 11. Mai schlug eine Bombe der sudanesischen Armee 50 Meter vom Kinderspital in Al-Faschir, Nord-Darfur, ein, das von Ärzte ohne Grenzen unterstützt wird. Dabei stürzte das Dach der Intensivstation ein. Zwei Kinder, die noch dort behandelt wurden, und mindestens ein Mitglied des Pflegepersonals starben. Das Spital ist derzeit geschlossen.
11. Mai 2024
Ärzte ohne Grenzen sah sich gezwungen, die Arbeit im Universitätsspital von Madani einzustellen. Dieses war das letzte funktionsfähige Spital in der Hauptstadt des sudanesischen Bundesstaats al-Dschazira. Hunderttausende Menschen stehen dadurch ohne medizinische Hilfe da. Diese äusserst schwierige Entscheidung erfolgte nach mehr als drei Monaten, während denen es unmöglich war, medizinisches Material und Personal vor Ort zu bringen. Wiederholt war es auch zu Zwischenfällen gekommen, die unsere Arbeit einschränkten.
6. Mai 2024
Die Ernährungskrise im Samsam Camp im Sudan spitzt sich weiter zu. Als Reaktion auf die Situation hat Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) die Hilfe ausgeweitet.
30. April 2024
16. April 2024
Die internationale Geberkonferenz, die am 15. April 2024 in Paris stattgefunden hat, trägt dazu bei, dass diese schwer vernachlässigte Krise mehr Aufmerksamkeit erhält. Es ist zwar erfreulich, dass so viele Länder Unterstützung signalisiert haben, doch die zugesicherten zwei Milliarden Euro reichen nicht annähernd aus, um den enormen – und weiter wachsenden – Bedarf im Sudan und den Nachbarländern zu decken. Die Vereinten Nationen hatten (im Februar) 3,8 Milliarden Euro beantragt, das Ziel wurde somit verfehlt. Claire Nicolet, unsere Notfallmanagerin im Sudan, äussert sich zu den Ergebnissen der Konferenz.
15. April 2024
Der Sudan ist von einer der weltweit schwersten Krisen der vergangenen Jahrzehnte gezeichnet. Millionen Menschen sind davon betroffen, dass die Kriegsparteien den Zugang für humanitäre Hilfe und die Lieferung von Hilfsgütern absichtlich blockieren. Ärzte ohne Grenzen fordert rasche Ausweitung von humanitärer Hilfe.
14. März 2024
Während die Hauptstadt des Sudan seit vielen Monaten ein zentraler Schauplatz des im Land tobenden Krieges ist, haben die Kämpfe in einigen Teilen der Stadt etwas nachgelassen. Für die hier verbleibende Zivilbevölkerung ist die Lage aber nach wie vor äusserst schwierig und unsicher. Interview mit unserem Projektleiter am Ende seines Einsatzes.
13. Februar 2024
Seit April 2023 bekämpfen sich im Sudan und insbesondere im Gliedstaat West-Darfur das sudanesische Militär und die paramilitärischen «Rapid Support Forces». Auf der Flucht vor der Gewalt, die sich auch gegen die Zivilbevölkerung richtet, strömen seither massenhaft Menschen über 32 Grenzübergänge in den Osten des Tschad. Dort leben heute rund eine halbe Million Geflüchtete über mehrere Camps verteilt unter unmenschlichen Bedingungen.
Von Juli bis Dezember 2023 hat Ärzte ohne Grenzen in ihren Einrichtungen 135 Patientinnen behandelt, die berichteten, vergewaltigt worden zu sein. Das Alter der Betroffenen reicht von 14 bis 40 Jahren, 18 von ihnen sind minderjährig. In 90 Prozent der Fälle waren ihre Angreifer bewaffnet.
5. Februar 2024
Die Situation im Geflüchtetencamp Samsam in Nord-Darfur ist katastrophal. Die kritische Schwelle für Mangelernährung ist erreicht und die Sterblichkeitsrate sehr hoch, wie eine Erhebung von Ärzte ohne Grenzen ergab. Die Menschen brauchen Nahrungsmittel, medizinische Versorgung, Wasser, sanitäre Einrichtungen und Bargeld. Ärzte ohne Grenzen fordert daher eine sofortige Ausweitung der humanitären Hilfe für die Menschen.
18. Januar 2024
Seit Monaten sind die Bewohner:innen von Khartum im Sudan zunehmend von Gesundheitsversorgung abgeschnitten. Wenige medizinische Einrichtungen sind noch funktionsfähig, drei Millionen Einwohner:innen haben kaum Zugang zu lebensrettenden medizinischen Behandlungen.
Unsere Teams stehen vor grossen Herausforderungen, um die medizinische Versorgung aufrechtzuerhalten. Zu den grössten gehören die administrativen Beschränkungen für Reisegenehmigungen für Mitarbeitende.
17. Januar 2024
Die Forschungsabteilung von Ärzte ohne Grenzen Epicentre hat eine retrospektive Studie zur Sterblichkeit sudanesischer Geflüchteter durchgeführt. Sie dokumentiert das Ausmass der Gewalt, die im letzten Juni über die Region hereinbrach. In der Umgebung von El Geneina, der Hauptstadt von West-Darfur, kam es in den vergangenen Monaten weiter zu Gräueltaten.
22. Dezember 2023
Die Welt darf nicht wegsehen: Eine halbe Million sudanesische Geflüchtete im Osten des Tschads sind auf humanitäre Hilfe angewiesen
«Viele, die hier Zuflucht suchen, sind auf sporadische und unzureichende humanitäre Hilfe angewiesen. Dieser Zustand ist unhaltbar», sagt Stephen Cornish, Generaldirektor von Ärzte ohne Grenzen.
17. November 2023
Das Verbot des Transports von lebensrettenden chirurgischen Hilfsgütern zu Spitälern in den von Rapid Support Forces (RSF) kontrollierten Teil von Sudans Hauptstadt Khartum gefährdet das Leben von Hunderten von Menschen. Vor allem Schwangeren, die einen Kaiserschnitt benötigen, fehlt die nötige Hilfe. Ärzte ohne Grenzen fordert deshalb die sofortige Rücknahme des Verbots.
24. September 2023
In den Geflüchtetencamps in Adré, an der Grenze zum Sudan, gibt es einen gravierenden Wassermangel, der die Gesundheit und das Wohlergehen der rund 200 000 sudanesischen Geflüchteten bedroht. Als Reaktion darauf hat Ärzte ohne Grenzen 15 Wasserstellen installiert und in der Umgebung der Camps fünf Brunnen ausgehoben, wodurch täglich 600 000 Liter Wasser verteilt werden können. Doch diese Menge ist nicht ausreichend.
25. August 2023
Der Konflikt im Sudan hat bereits über vier Millionen Menschen in die Flucht getrieben. Davon haben 3.3 Millionen im eigenen Land Zuflucht gesucht, während über 380 000 sudanesische Geflüchtete in den Tschad geflüchtet sind. Dort leben sie hauptsächlich in Camps und Siedlungen in und um die Grenzstadt Adré. Unsere Teams vor Ort berichten von besorgniserregenden Lebensbedingungen: Es fehlt an Nahrung, Wasser, sanitären Anlagen, Unterkünften und medizinischer Versorgung.
21. August 2023
Im Südsudan ist die Zahl von Masern- und Mangelernährungsfällen in besorgniserregendem Masse gestiegen. Das betrifft vor allem Menschen aus dem Südsudan, die einst in den Sudan geflohen sind und nun wegen des dort herrschenden Konfliktes zurückkehren. Auch die Gemeinschaften, die die Menschen aufnehmen, sind betroffen. Die Screenings und Auffrischungsimpfungen an den Einreiseorten müssen ausgeweitet werden.
14. August 2023
Ärzte ohne Grenzen warnt vor einer sich anbahnenden humanitären Krise im Osten Tschads, wo in der Grenzstadt Adré bereits über 358 000 sudanesische Flüchtlinge angekommen sind. Die Unterkünfte und Ressourcen sind stark überlastet. Internationale Unterstützung ist dringend erforderlich, um eine Katastrophe zu verhindern.
4. August 2023
Als der aktuelle Konflikt im Sudan Mitte April ausbrach, herrschte in der Region Darfur bereits Gewalt, insbesondere zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen. Die zunächst in Khartum ausgebrochenen Kämpfe zwischen den sudanesischen Streitkräften (SAF) und den Rapid Support Forces (RSF) haben auch die Konflikte zwischen den Gemeinschaften in West-Darfur, insbesondere in der Stadt El Geneina, wieder aufleben lassen.
23. Mai 2023
Wir verurteilen die inakzeptablen Schikanen, denen Mitarbeiter:innen von uns im Sudan ausgesetzt sind sowie die gewaltsamen Plünderungen und Besetzungen unserer medizinischen Einrichtungen und solchen, die von uns unterstützt werden.
Mitarbeiter:innen und Patient:innen müssen immer wieder erleben, dass bewaffnete Gruppen in die Räumlichkeiten von Ärzte ohne Grenzen eindringen und diese plündern. Dabei werden hauptsächlich Medikamente, Vorräte und Fahrzeuge gestohlen. Diese schockierende Missachtung der humanitären Grundsätze und des humanitären Völkerrechts erschwert es uns, Menschen in einer Zeit zu unterstützen, in der sie dringend auf medizinische Hilfe angewiesen sind.
22. Mai 2023
Ein Team von Ärzte ohne Grenzen hat in Zusammenarbeit mit sudanesischen Mitarbeitenden und Freiwilligen in einem Spital im Süden der Hauptstadt in sieben Tagen 240 Patient:innen behandelt. Viele von ihnen hatten Schussverletzungen erlitten oder waren durch Explosionen verletzt worden.
12. Mai 2023
Inmitten der Gewalt hat Ärzte ohne Grenzen beschlossen im Sudan zu bleiben, und die Menschen in Not weiterhin zu unterstützen.
27. April 2023
Die anhaltende Gewalt in vielen Teilen des Sudan nimmt kein Ende. Die Teams vor Ort berichten, dass die Spitäler überlastet sind. Tausende Menschen sind zudem auf der Flucht. Ärzte ohne Grenzen sieht bereits jetzt einen immensen Bedarf an humanitärer und medizinischer Hilfe.
18. April 2023
Viele Menschen sind infolge der anhaltenden Kämpfe eingeschlossen und von medizinischer Versorgung abgeschnitten. Darunter befindet sich auch medizinisches Personal. «Die meisten Verwundeten sind Zivilist:innen, unter ihnen viele Kinder, die ins Kreuzfeuer geraten sind. Sie haben sehr schwere Verletzungen.»
15. April 2023
In der Hauptstadt Khartum und anderen Regionen des Landes kommt es zu Gefechten zwischen den sudanesischen Streitkräften (SAF) und den Rapid Support Forces (RSF). Wegen der heftigen Kämpfe und Plünderungen werden unsere Hilfsmassnahmen stark erschwert und sind mit grossen Risiken verbunden.