Kenia: Drohende Gesundheitskatastrophe in den Geflüchtetencamps von Dadaab

Mütter warten mit ihren Kindern in der Gesundheitsstation des Geflüchtetencamps Dagahaley in Dadaab. Kenia, Juli 2019.

Kenia3 Min.

Ärzte ohne Grenzen / Médecins Sans Frontières (MSF) warnt: Es werden dringend mehr Mittel benötigt, um eine drohende Gesundheitskatastrophe in den kenianischen Dadaab-Geflüchtetencamps abzuwenden. Fast 2800 Menschen sind von einem Cholera-Ausbruch in den Camps bisher bereits betroffen. Es besteht die unmittelbare Gefahr des Ausbruchs weiterer Magen-Darm-Erkrankungen. Unsere Organisation fordert Hilfsorganisationen und alle Akteure zu sofortigem Handeln auf, um die unhygienischen Lebensbedingungen und die Überbelegung der Camps zu verbessern.

Über 300 000 Geflüchtete leben im sogenannten Dadaab-Komplex, der die drei Camps Dagahaley, Ifo und Hagadera vereint. Die meisten von ihnen kommen aus dem benachbarten Somalia. Aufgrund der anhaltenden Dürre in Somalia ist die Zahl der neu ankommenden Menschen in den letzten Monaten rapide angestiegen, was zu einer starken Überbelegung und einem erhöhten Druck auf die Versorgung mit Trinkwasser und Toiletten, geführt hat.

Der Ernst der Lage erfordert dringende Massnahmen, insbesondere in den Bereichen Wasserversorgung, sanitäre Einrichtungen, Hygiene und Abfallmanagement.

Hassan Maiyaki, Einsatzleiter in Kenia

«Wir haben bereits den schlimmsten Cholera-Ausbruch seit fünf Jahren erlebt, und das Risiko, dass weitere Epidemien ausbrechen, ist hoch. Sollte das passieren, würde dies die medizinischen Kapazitäten in den Camps übersteigen, was katastrophale Folgen haben könnte», erklärt Hassan Maiyaki, unser Einsatzleiter in Kenia.

Der derzeitige Cholera-Ausbruch ist auf eine generell erschwerte Wasserver- und Abwasserentsorgung in den Camps zurückzuführen. Nach Angaben der in den Camps tätigen humanitären Organisationen hat heute fast die Hälfte der dort lebenden Menschen keinen Zugang zu funktionstüchtigen Toiletten, was zu offener Defäkation in und um die Camps führt. Dadurch besteht ein höheres Risiko für den Ausbruch von Krankheiten.

Das kenianische Gesundheitsministerium und humanitäre Organisationen haben Cholera-Impfungen und Gesundheitskampagnen durchgeführt, damit sich die Menschen vor der Krankheit besser schützen können. Es braucht aber auch eine bessere Wasser- und Sanitärinfrastruktur, um den Ausbruch eindämmen zu können.

Trotz unserer Gesundheits- und Impfkampagne bleibt die Eindämmung des Cholera-Ausbruchs ausser Reichweite, wenn nicht vorrangig Ressourcen für nachhaltige präventive Wasser-, Sanitär- und Hygienemassnahmen bereitgestellt werden.

Nitya Udayraj, medizinische Koordinatorin in Kenia

«Wenn die Qualität und der Umfang dieser Massnahmen nicht verbessert werden, ist es nur eine Frage der Zeit, bis in den Camps andere Epidemien ausbrechen, wie zum Beispiel Hepatitis E», mahnt Nitya Udayraj, unsere medizinische Koordinatorin weiter.

In Dagahaley, einem der drei Camps in Dadaab, betreiben unsere Teams ein Spital. Allein dort haben unsere Teams seit Beginn des Ausbruchs im November 2022 mehr als 1120 Cholera-Fälle und zwei Todesfälle gemeldet.

In den letzten Wochen haben unsere Teams 150 Gemeinschaftstoiletten gebaut, sowohl innerhalb der Camps als auch in den Aussenbezirken, wo rund 9000 neu angekommene Geflüchtete in der umliegenden Wüste behelfsmässige Unterkünfte errichtet haben. Dort stellen sie derzeit täglich rund 50 000 Liter Trinkwasser zur Verfügung und haben rund 1000 dieser Haushalte mit Plastikplanen, Matten und Flüssigseife versorgt.

Die kenianische Regierung hat Pläne zur Wiedereröffnung des vierten Camps – Ifo 2 – angekündigt, um Neuankömmlinge aufzunehmen und die Ressourcen in den bestehenden Camps zu entlasten.

Ärzte ohne Grenzen fordert, dass diese Pläne dringend umgesetzt werden und dass in allen vier Camps mehr Mittel für Wasser und sanitäre Einrichtungen bereitgestellt werden. Die internationale Gemeinschaft, Geber und Hilfsorganisationen müssen dringend auf die Krise in Dadaab reagieren und unverzüglich Massnahmen ergreifen, um die alarmierenden sanitären Bedingungen zu verbessern und die weitere Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern. Längerfristig fordern wir die kenianische Regierung und das UNHCR auf, dauerhafte Lösungen für die in den Camps in Dadaab eingeschlossenen Geflüchteten zu finden.

 

Ärzte ohne Grenzen bietet in und um Dadaab seit fast 32 Jahren medizinische Versorgung an. Derzeit konzentrieren sich unsere Aktivitäten auf das Camp Dagahaley, wo unsere Teams in zwei Gesundheitsposten und einem Spital mit 92 Betten eine umfassende Gesundheitsversorgung für Geflüchtete und andere Gemeinschaften vor Ort anbieten. Neben der allgemeinen Gesundheitsversorgung bieten unsere Teams Geburtenkontrolle, einschliesslich geburtshilflicher Notoperationen, medizinische und psychologische Hilfe für Überlebende sexualisierter Gewalt, psychologische Betreuung, Insulinbehandlung und Palliativmedizin an.

Die Programme von MSF in Dadaab werden von der Glückskette unterstützt.