Humanitäre Lage in Dagahaley verschlechtert sich weiter
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Kenia3 Min.
In Dagahaley, einem der drei Camps für Menschen auf der Flucht in der Provinz Dadaab in Kenia, ist die Zahl der Spitaleinweisungen von Kindern, die an schwerer Mangelernährung leiden, in die Höhe geschnellt. Ärzte ohne Grenzen / Médecins Sans Frontières (MSF) berichtet über die Gründe für die Verschlechterung der humanitären Lage.
Im Jahr 2022 behandelten unsere Teams eine Rekordzahl von 12 007 Betroffenen in der Kinderstation und dem stationären therapeutischen Ernährungszentrum in Dagahaley, Kenia. Die überwiegende Mehrheit, mit einem Anstieg von 33 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, sind Kinder. Neben dem alarmierenden Anstieg von erkrankten Kindern zeigen die Daten unserer Teams zudem einen Anstieg von akuter Mangelernährung bei Kindern. Die Untersuchungen des mittleren Armumfangs, im Dezember 2022, ergaben einen Anstieg von 45 Prozent im Vergleich zur Untersuchung im Juli 2022.
Mehrere komplexe Faktoren verschlimmern die humanitäre Lage in Dagahaley und überfordern die Gesundheitskapazitäten im Camp.
Ein anhaltender Choleraausbruch, der Ende Oktober 2022 ausgerufen wurde, hat sowohl die Camps für Menschen auf der Flucht, sowie die Gemeinden in den Bezirken Garissa und Wajir erfasst. Eine extreme Dürre und ein anhaltender Konflikt am Horn von Afrika, treiben die Menschen auf der Suche nach Nahrung und Wasser weiter in die Flucht. Aufgrund knapper finanzieller Mittel sind die humanitären Massnahmen nicht weitreichend genug, was den Druck und Versorgungslücken in den Bereichen Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene, Ernährung, Gesundheit sowie Schutz erhöht.
Besorgniserregend ist, dass die Prognosen für die Betroffenen in diesem Jahr düster ausfallen. Gemäss dem Büro für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen, soll auch die Regenzeit von März bis Mai 2023 keine Besserung bringen. Dies wäre bereits die sechste trockene Regenzeit in Folge und würde die humanitäre Notlage am Horn von Afrika noch weiter verschärfen. Humanitäre Organisationen sind besorgt über die zu erwartenden Einbrüche von Spendengeldern, was Projektkürzungen in Zeiten von erhöhtem Bedarf mit sich bringen würde.
Wir haben in Abstimmung mit den lokalen sowie humanitären Akteuren unsere Nothilfe über die umfassende Gesundheitsversorgung im Lager Dagahaley hinaus verstärkt. Unsere Teams eröffneten zwei medizinische Aussenstellen, bauten 50 Latrinen, stellten zwei Wassertanks auf und verteilten Plastikplanen und Fußmatten an rund 800 neu angekommene Familien, die am Rande des Lagers leben. Trotz der Bemühungen die am Rande des Lagers Dagahaley lebenden bedürftigsten Menschen zu unterstützen, erfordert die aktuelle humanitäre Krise in Dadaab dringend umfassende Maßnahmen, um eine weitere Verschlechterung zu verhindern.
Wir appellieren, rasch finanzielle Unterstützungen bereitzustellen, um den steigenden Bedarf an lebensrettender Hilfe zu decken. Das UNHRC ruft Geber dazu auf, Mittel für die Wiedereröffnung des IFO-2-Geländes zu sprechen. Das Gelände wurde 2018 geschlossen und könnte Platz für bis zu 80 000 Menschen bieten, die durch die Dürre zur Flucht gezwungen wurden.
Falls die nötigen Mittel nicht zustande kommen und keine Massnahmen erfolgen, könnte die Anzahl Menschen, die zur Flucht gezwungen werden, die Lage so weit verschärfen, dass die humanitären Organisationen vor Ort die Lage nicht mehr bewältigen können.
Die Menschen in Dadaab befinden sich seit 30 Jahren in einer langwierigen Notlage. Auch wenn die unmittelbare Priorität darin besteht, auf eskalierende Vorfälle in den Camps zu reagieren, ist es ebenso wichtig, die Agenda für eine dauerhafte Lösung für Menschen auf der Flucht umzusetzen. Im kenianischen Rechtsrahmen wurde mit dem 2022 geschaffenen Gesetz für Menschen auf der Flucht eine Agenda verankert, deren faktische Anwendung in Verzug ist.
In Dadaab leben derzeit über 233 000 registrierte Schutzsuchende, von denen viele seit mehr als drei Jahrzehnten in Camps leben (UNHCR, Juli 2022), und mehr als 80 000 nicht registrierte Schutzsuchende. Allein im Jahr 2022 kamen über 50 000 Menschen in Dadaab an, die noch nicht offiziell als Geflüchtete registriert sind.
Ärzte ohne Grenzen leistet seit fast 30 Jahren medizinische Hilfe in und um Dadaab. Unsere aktuellen Programme konzentrieren sich auf das Lager Dagahaley, wo wir eine umfassende Gesundheitsversorgung für Geflüchtete und die Aufnahmegemeinschaften bereitstellen, einschliesslich der Grund- und Spezialversorgung durch zwei Gesundheitsstationen und einem Spital mit 92 Betten. Zu unseren medizinischen Leistungen gehören sexuelle und reproduktive Gesundheitsfürsorge einschließlich Notoperationen bei Geburten, medizinische und psychologische Hilfe für Überlebende sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt, psychische Gesundheit, häusliche Insulinversorgung und Palliativmedizin.
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