Mexiko: US-Migrationspolitik gefährdet Leben von Asylsuchenden im Bundesstaat Tamaulipas
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Die internationale medizinische Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) warnt, dass das Leben Asylsuchender im mexikanischen Bundesstaat Tamaulipas durch das «Remain-in-Mexico-Abkommen» (offiziell bekannt als die Migration Protection Protocols MPP) der US-Regierung und die mangelnde humanitäre Hilfe von Mexikos Regierung gefährdet sei.
Das Abkommen zwingt Asylsuchende, das Verfahren zur Bestimmung ihres Status in Mexiko abzuwarten. In Städten wie Matamoros mit hoher Gewaltrate sind sie Entführungen, Erpressung, Raubüberfällen und sexueller Gewalt ausgesetzt und die Infrastruktur ist unzureichend. Gesundheit und Leben dieser Menschen stehen auf dem Spiel.
Es ist inakzeptabel, dass schutzbedürftige Menschen gezwungen sind, unter derart gefährlichen Bedingungen zu leben, dass sie der Gewalt durch kriminelle Banden ausgesetzt sind.
Seit das Abkommen im August in Matamoros umgesetzt wurde, haben die Teams von Ärzte ohne Grenzen die erzwungene Rückkehr von rund hundert Asylsuchenden pro Tag beobachtet. Die Stadt verfügt nur über wenig geeignete Unterkünfte und ist kaum in der Lage, sie aufzunehmen. Die meisten leben unter unhygienischen Bedingungen mit schlechtem Abwassersystem, unzureichend Trinkwasser und Gesundheitsversorgung. Manche schlafen in improvisierten Zelten auf den Strassen und sind der Gewalt krimineller Banden ausgesetzt, die um die Vorherrschaft im Gebiet konkurrieren.
Tamaulipas von US-Regierung als einer der gefährlichsten Staaten Mexikos eingestuft
Die Teams von Ärzte ohne Grenzen bieten in einigen Unterkünften, die alle ihre Kapazitätsgrenze bereits erreicht haben, medizinische und psychosoziale Versorgung für Migranten und Flüchtlinge an. Die Unterkünfte befinden sich in den Städten Nuevo Laredo, Reynoso und Matamoros in Tamaulipas, der vom US-Aussenministerium als einer der gefährlichsten Bundesstaaten Mexikos eingestuft wird. Seit Ärzte ohne Grenzen im Juli auf die äusserst prekäre Lage der Asylsuchenden in Tamaulipas hingewiesen hat, hat sich die Situation weiter verschlechtert.
Es darf nicht sein, dass diese Menschen von den mexikanischen und US-amerikanischen Behörden unmenschlich behandelt werden.
«Sie haben mich mit meiner Tochter nach Matamoros zurückgeführt», erzählt Monica*, eine Asylbewerberin aus Honduras und Patientin von Ärzte ohne Grenzen. «Die mexikanischen Behörden gaben mir keinerlei Informationen zu Unterkünften oder wo wir die Nacht verbringen sollten. Ich kenne diesen Ort nicht, aber ich weiss, dass es hier gefährlich ist.»
Ebenfalls besorgt ist MSF über die jüngste Massnahme der mexikanischen Regierung, Gruppen von Menschen in den Süden des Landes zu überführen. Sie sind gewissermassen dazu verurteilt, die Reise in den Norden entlang äusserst gefährlicher Routen von Neuem zu beginnen und so wiederum ihr Leben aufs Spiel zu setzen.
45 Prozent der 2315 Patienten (Migranten, Asylsuchende, Flüchtlinge oder Rückkehrer), die zwischen Juni 2018 und Juli 2019 in Reynosa und Matamoros psychologische Hilfe erhielten, gaben an, während ihrer Reise durch Mexiko Opfer von Gewalt geworden zu sein. Von diesen Personen hatte jede dritte körperliche Gewalt erfahren, während eine von fünf sexuelle Gewalt erlebte.
Ärzte ohne Grenzen fordert die US-Regierung dazu auf, keine Asylsuchenden mehr an Orte zurückzuschicken, wo sie Gewalt und Verfolgung ausgesetzt sind. Die USA und Mexiko müssen diese schädliche Migrationspolitik, die Menschenleben gefährdet, stoppen. Die Regierungen beider Länder sollten Massnahmen einleiten, um die vertriebenen Menschen zu schützen und die dringend benötigte humanitäre Hilfe zu sichern.
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