Südsudan: Massentötungen und Vergewaltigungen im Norden des Landes
© Siegfried Modola
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Im Norden des Südsudan richtet sich nach Angaben der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen seit Ende April bei neuen Kämpfen die Gewalt massiv gegen Zivilisten.
Zahlreiche Menschen wurden getötet, vergewaltigt oder verletzt. Mitarbeiter der Organisation in den Provinzen Leer und Mayendit im Bundesstaat Southern Liech behandelten Dutzende Überlebende, darunter viele Opfer sexueller Gewalt. Während der Kämpfe wurden Dörfer niedergebrannt, Gesundheitseinrichtungen angegriffen und Nahrungsmittelvorräte zerstört. Tausende Zivilisten verstecken sich außerhalb der Dörfer.
«In einem der Dörfer behandelten wir 21 Überlebende sexueller Gewalt in 48 Stunden. Ein paar Tage später behandelten wir in einer anderen Gegend weitere 20 Überlebende. Diese Zahlen sind sehr besorgniserregend.», sagt Georgina Brown, medizinische Koordinatorin von Ärzte ohne Grenzen im Südsudan. «Wir wissen, dass viele Überlebende keine Behandlung erhalten. Die Menschen verstecken sich immer noch in den Busch- und Sumpfgebieten, weil sie Angst vor der Gewalt haben. Daher haben sie keinen Zugang zu grundlegender Hilfe und medizinscher Versorgung. Erst wenn die Gewalt abnimmt, können wir diese Menschen erreichen und ihnen die Behandlung geben, die sie brauchen.»
An zwei Orten wurden Einrichtungen von Ärzte ohne Grenzen zerstört und medizinische Vorräte geplündert. Dadurch wurden zahlreiche weitere Überlebende von medizinischer Hilfe abgeschnitten.
«Um sechs Uhr morgens, als wir noch schliefen, wurde unser Dorf gestürmt. Wir wachten auf und rannten fort. Wir hatten keine Zeit, irgendetwas mitzunehmen», berichtete eine Mutter von neun Kindern Mitarbeitern von Ärzte ohne Grenzen. «Ich sah, wie die Bewaffneten auf Menschen schossen. Mein Sohn wurde von einer Kugel in die Brust getroffen. Sie haben angefangen, die Häuser niederzubrennen, als noch Menschen darin waren. Sie zerstörten alles. Wir flohen in ein anderes Dorf, um medizinische Hilfe zu bekommen. Dieses Dorf wurde ebenfalls attackiert, von denselben Angreifern. Dieses Mal hatten wir keine Chance zu fliehen, deshalb versteckten wir uns auf dem Boden. Sie fanden uns nicht. Als es wieder still wurde, sind wir erneut geflohen.»
«Die Menschen, die es in unsere Einrichtungen schaffen, leiden überwiegend an Durchfallerkrankungen, Atemwegsinfektionen, Hautkrankheiten, Muskelbeschwerden und Gelenkschmerzen», sagt Brown. «All diese Beschwerden wurden durch die schlechten Lebensbedingungen auf der Flucht verursacht. Wenn nun die Regenzeit anbricht, könnten noch mehr Menschen erkranken.»
In den Provinzen Leer und Mayendit herrscht seit Jahren rücksichtslose Gewalt. Von allen Kriegsparteien wurden Zivilisten angegriffen und zu einem Leben auf der Flucht gezwungen. Ärzte ohne Grenzen ruft alle bewaffneten Akteure dringend dazu auf, die Gewalt gegen die Bevölkerung sofort zu beenden.
Ärzte ohne Grenzen arbeitet seit 1983 im Südsudan und leistet in großen Teilen des Landes medizinische Hilfe. Ärzte ohne Grenzen hilft unabhängig von ethnischer oder politischer Zugehörigkeit, Religion oder Geschlecht. Die Organisation hat derzeit 16 Projekte im Südsudan.
© Siegfried Modola