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Waffenruhe in Gaza: Die humanitäre Hilfe muss umgehend und massiv aufgestockt werden
Palästinensische Autonomiegebiete 3 Min.
Der schreckliche Krieg der israelischen Armee gegen die gesamte Bevölkerung in Gaza führte zu einer vollständigen Zerstörung von Wohnvierteln, Spitälern und Schlüsselinfrastruktur. Zudem wurden Millionen Menschen wiederholt vertrieben, leiden Hunger und Durst und kämpfen bei eisigen Temperaturen ums Überleben. Millionen Palästinenser:innen sind von der massiven Zerstörungen betroffen. Gleichzeitig warten die Familien der israelischen Geiseln und der palästinensischen Gefangenen auf die Rückkehr ihrer Angehörigen.
Waffenstillstand offenbart das Ausmass der Zerstörung in Rafah
Infolge des Waffenstillstands im Gazastreifen versuchen viele Vertriebene, in ihre Häuser zurückzukehren. Die im Süden gelegene Stadt Rafah diente bis zu ihrer Invasion durch die israelische Armee im Mai 2024 mehr als 1,5 Millionen Geflüchteten als Zufluchtsort. Hier ist das Ausmass der Zerstörung massiv.
Die Häuser der Menschen sind nur noch Schutt und Asche. Die Stadt ist zerstört, die Häuser, Geschäfte, Strassen und Gesundheitseinrichtungen ähneln Ruinen und die Wasser- und Stromnetze sind beschädigt. Zudem ist das Gebiet sehr gefährlich, denn in den Trümmern sind viele nicht explodierte Artilleriewaffen verstreut, deren Räumung Jahre dauern wird. «Wir haben gesehen, wie ein Kind im Stadtteil Mawasi mit einer Granate gespielt hat», berichtet Pascale Croissard, unsere Notfallkoordinatorin vor Ort.
«Mir fehlen die Worte, um zu beschreiben, was wir sahen, als wir nach Rafah zurückkehrten. Wir erkannten nicht einmal die Strasse wieder, in der sich das Emirati-Spital befand. Es ist so traurig, dieses Spital völlig zerstört und ohne jedes Lebenszeichen vorzufinden, obwohl es ein Ort war, an dem Leben gegeben wurde», beklagt die medizinische Koordinatorin Nadia Abo Mallouh.
«Ich hoffte fälschlicherweise nach wie vor, bei meiner Rückkehr noch einen Teil meines Zuhauses vorzufinden. Aber es wurde völlig zerstört. Es war ein riesiger Schock, denn dieses Haus war mein ganzes Leben. Die Erinnerungen an meine Familie, meine Frau und meine Kinder sind mit diesem Haus verbunden. Meine Sachen, meine Kleidung, mein Geschirr, Erinnerungen an die Hochzeit, alles war im Haus», beschreibt Hadi Abo-Eneen, der als Wächter für Ärzte ohne Grenzen arbeitet und im Mai 2024 gezwungen war, Rafah zu verlassen.
Über 15 Monate lang waren die Spitäler hoffnungslos überfüllt mit Patient:innen, die infolge von Luftangriffen Gliedmassen verloren oder andere schwere Verletzungen davontrugen. Es kamen Menschen, die verzweifelt nach den sterblichen Überresten ihrer Angehörigen suchten. Immer wieder wurden medizinische Einrichtungen und Gesundheitspersonal ins Visier genommen. Dabei verloren seit Beginn des Krieges acht unserer Kolleg:innen ihr Leben. Auch die Zahl der willkürlich inhaftierten Personen im Gazastreifen und im Westjordanland ist erschreckend hoch.
Unsere Teams sind weiterhin entschlossen, die betroffene Bevölkerung medizinisch zu versorgen. Die humanitäre Not hat ein erschreckendes Ausmass angenommen, und um auch nur einen Bruchteil davon zu lindern, bedarf es einer sofortigen und massiven Aufstockung der humanitären Hilfe.
Diese hängt jedoch nicht nur von einem Ende der Kampfhandlungen ab. Erschwerend hinzu kommt der desolate Zustand von Strassen, Gebäuden und ziviler Infrastruktur. Aber auch die ständige Unsicherheit sowie das Verbot der Tätigkeit von UNRWA, dem grössten Gesundheitsdienstleister im Gazastreifen, stellen erhebliche Hindernisse dar. Zudem stürzte die Zerschlagung der Ordnungskräfte die Region ins Chaos. Wichtige Grenzübergänge wie Rafah müssen wiedereröffnet und die durch Israel in den letzten 15 Monaten errichteten Blockaden umgehend aufgehoben und Hilfslieferungen uneingeschränkt zugelassen werden. Wir fordern Israel ausserdem auf, den Zugang zu Nord-Gaza wieder zu ermöglichen, das sich seit Oktober 2024 in einem Belagerungszustand befindet.
Die israelische Regierung, die Hamas und die führenden Politiker:innen weltweit haben die Bevölkerung in Gaza auf tragische Weise im Stich gelassen, indem sie sich nicht schon früher auf eine dauerhafte Waffenruhe geeinigt oder eine solche durchgesetzt haben. Diese Waffenruhe kann nur ein erster Schritt sein. Die Menschen in Gaza brauchen noch weit mehr, damit sie ihr Leben wieder aufbauen, ihre Würde zurückgewinnen und um ihre getöteten Angehörigen und alles, was sie verloren haben, trauern können.