Somalia: Wieder sehen dank «Eye Camps»
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Somalia / Somaliland3 Min.
«Es ist immer wieder schön, wenn Menschen, die manchmal jahrelang blind waren, wieder sehen können», erzählt Mohamed Ahmed, Projektkoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Jubaland, im Süden Somalias.
«Wir verändern das Leben dieser Menschen grundlegend. Und das mit einem relativ kleinen Eingriff, kostenlos und quasi an der Haustür, den sie sich sonst nicht leisten könnten. Das Lächeln auf ihren Gesichtern, wenn sie wieder sehen, ist einfach unvergesslich.»
Ärzte ohne Grenzen unterstützt die lokale Gesundheitsbehörde bei der Durchführung dieser so genannten «Eye Camps» in Jubaland seit 2019. Die Eye Camps finden in lokalen Spitälern statt. Angeboten werden kostenlose Augenbehandlungen einschliesslich Screening, Operationen, Aufklärung und Beratung. Seit 2019 haben diese Augenspezialist*innen Tausenden von Menschen mit Augenerkrankungen geholfen, häufig gaben sie ihnen ihre Sehkraft zurück.
Augenprobleme werden wie viele andere gesundheitliche Beschwerden in Somalia häufig nicht behandelt. Krankheiten wie Grauer Star können unbehandelt zu Erblindung führen. Der Verlust der Sehkraft – der häufig zum Verlust des Einkommens führt – ist in einem von Krieg und Armut geprägten Land verheerend. Deshalb hat dieser relativ kleine chirurgische Eingriff enorme Auswirkungen auf das Leben dieser Menschen.
Die Gesundheitsindikatoren in Somalia gehören zu den schlechtesten weltweit und das überlastete Gesundheitswesen konzentriert sich auf lebensrettende Behandlungen. In gewissen Regionen gibt es praktisch keine Augenbehandlungen und die wenigen Augenspezialist*innen im Land sind hauptsächlich in den grossen Städten zu finden.
So gibt es keine Augenkliniken in den Städten Kismayo, Badaade, Afmadow, Elwak, Baardhere oder in der gesamten Region Gedo in Jubaland. Menschen mit Augenproblemen haben keine andere Wahl, als hunderte Kilometer zu reisen und sich in der Hauptstadt Mogadischu behandeln zu lassen. Benachteiligte Bevölkerungsgruppen oder Vertriebene können sich die Reisekosten dorthin schon gar nicht leisten.
Vermeidbare Erblindung ist ein grosses Problem in Somalia. Tatsächlich sind etwa 1,2 Prozent der somalischen Bevölkerung – mehr als 100 000 Menschen – blind.
Die häufigste Ursache ist Grauer Star (Katarakt), wovon Frauen über 50 am stärksten betroffen sind. Grauer Star steht in Zusammenhang mit Armut, Belastung durch UV-Strahlung und Staub, geringer Verwendung von Sonnenbrille und UV-Schutz, Vitamin-A-Mangel, Diabetes und Bluthochdruck. Die Erkrankung kann durch die Anwendung von traditionellen Heilmitteln und Verfahren durch unqualifiziertes Personal noch verschlimmert werden.
Ärzte ohne Grenzen hat zur Durchführung der Eye Camps technischen Support und Mittel zur Verfügung gestellt. Die Organisation hat für die Camps in Kismayo und Baardhere mit der somalischen Organisation Save the Vision zusammengearbeitet. Neben den Behandlungen hat unser Team auch lokale Ärzt*innen und Pflegefachkräfte geschult, damit sie Menschen mit Augenproblemen untersuchen, behandeln und bei Bedarf an einen Spezialisten überweisen können.
«In der Regel dauert ein Eye Camp einen Monat», erklärt Mohamed. «Die Leute werden zwei Wochen lang über lokale Radio- und TV-Stationen informiert. Gleichzeitig finden die Registrierungen und Screenings statt. In den folgenden zwei Wochen werden die Operationen und anderen Behandlungen durchgeführt. Die Operation des Grauen Stars dauert etwa 30 Minuten, und mit drei Chirurg*innen im Einsatz können wir pro Tag zwischen 20 und 25 Patient*innen operieren.»
Die Covid-19-Restriktionen haben es im vergangenen Jahr besonders schwierig gemacht, in abgelegenen Regionen Somalias Gesundheitsversorgung anzubieten. Doch trotz aller Schwierigkeiten konnte Ärzte ohne Grenzen die Augenbehandlungen in der Region Jubaland fortsetzen. Von Ende November 2020 bis Ende Januar hat das Team in Jubaland zwei Eye Camps in Kismayo und Bardheera unterstützt. In dieser Zeit wurden 604 Patient*innen am Grauen Star operiert und erlangten dadurch ihre Sehkraft wieder zurück. 2 430 Personen wurden wegen leichter bis mittlerer Augenbeschwerden behandelt und 1 306 Menschen erhielten Lesebrillen oder Sonnenbrillen zum Schutz vor schädlichen UV-Strahlen.
«Trotz der Covid-19-Pandemie in Kismayo und Bardheere zu helfen, war sehr wichtig», sagt Mohamed. «Denn die Menschen dort können sich die Reisekosten in eine Stadt mit augenmedizinischen Leistungen nicht leisten, ganz zu schweigen von den Kosten für die Operationen. In unseren Eye Camps konnten sie unmittelbar von den Behandlungen profitieren.»
Zusätzlich zu den Camps in Jubaland wurden diese Dienste auch in den Städten Baidoa, Galkayo, Garbaharey und Las-Anod sowie Buhoodle und Erigavo in Somiland angeboten.
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