Demokratische Republik Kongo, 02.11.2015
Demokratische Republik Kongo, 02.11.2015
© Sandra Smiley/MSF

Noteinsätze: Mit Notfallmassnahmen das Überleben der Bevölkerung sichern

Um in Notsituationen handeln zu können, sind in erster Linie genaue Kenntnisse der Umstände vor Ort und des Hilfsbedarfs sowie eine gute Vorbereitung nötig. Der Erkundungseinsatz ist eine unverzichtbare Phase vor Projektbeginn.

Die Zielsetzungen eines Erkundungseinsatzes sind vielfältig: Einschätzung der Situation, Abklärung der Auswirkungen auf den Bedarf der Bevölkerung, Ermittlung und Bestimmung geeigneter und auch tatsächlich umsetzbarer Hilfsmassnahmen. Als Erstes werden Informationen zur Morbiditätsrate, also zur Häufigkeit einer Krankheit in einer bestimmten Bevölkerungsgruppe, und zur Sterblichkeit gesammelt.

Bei einem Epidemie-Alarm gehen die Teams auf Erkundungseinsatz, um festzustellen, was der genaue Hilfsbedarf ist, welche Akteure bereits vor Ort sind und in welchem Ausmass diese Hilfe leisten können. Je nach Ergebnis der Beurteilung unterstützt MSF bestehende Einrichtungen und vorhandenes Personal, kümmert sich direkt um die Patient:innen oder organisiert eine präventive Impfkampagne.

Wenn die Sterblichkeits- und Morbiditätsraten höher sind als in der Region üblich, ist ein Hilfseinsatz gerechtfertigt. Das Ziel einer medizinischen Nothilfeorganisation ist es, das Überleben der Bevölkerung während einer Krise zu sichern und die Sterblichkeit auf den Stand vor der Krise zurückzuführen.

Jean-Clément Cabrol, Verantwortlicher für die operative Unterstützung der Nothilfe

Im Fall von Naturkatastrophen ist die sofortige Entsendung von erfahrenen Teams entscheidend. Ein typisches Erkundungsteam besteht aus einem Leiter, eine:r Notfallärzt:in und eine:r Logistiker:in. Ihre Aufgabe ist es, unter Berücksichtigung der logistischen Anforderungen und allfälliger Hindernisse die bestmöglichen Standorte für die Hilfeleistungen zu bestimmen. Gleichzeitig stellt das MSF-Team Kontakte zu den lokalen Behörden her und macht ihnen Vorschläge für Hilfsmassnahmen. In Situationen, in denen jede Minute zählt, können Beurteilungsfehler dramatische Konsequenzen haben: Wenn beispielsweise der Hilfsbedarf unterschätzt wird, kann sich das in einem Mangel an Mitarbeitenden, deren fachlicher Kompetenz oder in fehlendem Material niederschlagen.

Dank des technologischen Fortschritts konnten die Erkundungseinsätze erheblich verbessert werden: Während man früher warten musste, bis die Teams Zugang zu einem Telefon hatten, erfolgt die Informationsübermittlung heute fast unmittelbar. Dadurch ist der Materialbedarf leichter vorhersehbar, die Personalrekrutierung besser planbar und Hilfseinsätze können inzwischen bereits während der Erkundungseinsätze beginnen.

Eine hohe Reaktionsfähigkeit und eine rasche Präsenz vor Ort sind zentrale Stärken von MSF. Möglich sind diese dank einem aktiven und gut unterhaltenen Informationsnetz, einem effizienten Warnsystem und einer grossen Erfahrung mit dieser Art von Einsätzen.

Wir sind häufig die Ersten, die vor Ort tätig werden. Für Bevölkerungsgruppen, die bisher sich selbst überlassen wurden, stellen unsere Erkundungseinsätze einen Funken Hoffnung dar. Obwohl es ihnen an allem mangelt, unternehmen sie alles, um uns bei unserer Arbeit zu unterstützen. Die Dankbarkeit in ihren Augen ist überwältigend.

Naoufel Dridi, MSF-Logistikexperte
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Kontinuität sicherstellen

Sobald die unmittelbare Not gelindert ist, gilt es, die begonnenen Tätigkeiten langfristig auszurichten. MSF führt deshalb auch Projekte durch, die direkt an Nothilfe-Einsätze anschliessen, oder längerfristige Projekte in Regionen, in denen zwar kein akuter Notfall herrscht, aber das Gesundheitssystem wieder aufgebaut werden muss. Diese Projekte setzen sich aus den unterschiedlichsten Aktivitäten zusammen, von der Ausbildung über technische und logistische Unterstützung lokaler NGOs oder den Wiederaufbau bis hin zu spezifischen Programmen im Bereich Trinkwasser, Hygiene und sanitäre Einrichtungen.

Nach dem Abschluss solcher Projekte versucht MSF stets einheimische Partner zu gewinnen, welche die Arbeit übernehmen, weiterführen und ausbauen können. Durch eine solche Übergabe werden wieder Ressourcen frei, die MSF in anderen Programmen einsetzen kann.

Neben den eigentlichen medizinischen Aktivitäten (zur Behandlung, aber auch zur Prävention, wie etwa bei epidemiologischen Studien) konzentrieren sich diese Programme auf die folgenden Tätigkeiten:

  • Ausbildung und Schulung
  • Wiederaufbau
  • Wasserversorgung und Abwasserentsorgung

In einer Notfallsituation geht es darum, dass das für die Hilfseinsätze benötigte Material möglichst schnell griffbereit ist. Ein aufwendiges System mit 500 verschiedenen Medizin- und Logistik-Kits wurde erarbeitet, die den konkreten Bedarf in unterschiedlichen Situationen wie etwa bei chirurgischen Eingriffen, Impfkampagnen, einer Cholera-Behandlung oder Naturkatastrophen abdecken. So müssen gemeinsam benötigte Artikel nicht jedes Mal einzeln bestellt werden, und dank der Verpackung und Zollabfertigung im Voraus kann viel Zeit gespart werden. Denn wenn jede Stunde zählt, sind schnelle und effiziente Abläufe ausschlaggebend. Pro Jahr werden über 10‘000 solcher Kits produziert!