DR Kongo: Schwerster Cholera-Ausbruch seit Jahren
Demokratische Republik Kongo5 Min.
Seit der Ausbruch der Cholera-Epidemie am 9. September offiziell erklärt wurde, hat MSF bereits 17’000 Menschen in den rund 30 errichteten Behandlungszentren versorgt. 20 Provinzen sind vom Ausbruch betroffen.
Die Demokratische Republik Kongo steht vor einer Situation, die es im Land noch nie zuvor gab und bisher noch nicht unter Kontrolle gebracht werden konnte. Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) fordert verstärkte Präventions- und Aufklärungsmassnahmen. Darüber hinaus ist es dringend notwendig, dass sich mehr Organisationen an der Bekämpfung der Epidemie beteiligen.
Die Epidemie ist eine der schwersten in den letzten Jahren und brach im Juni in der Provinz Nord-Kivu aus. Von dort aus breitete sich die Krankheit in 20 der 26 Provinzen des Landes aus, in elf davon erreichte sie epidemische Ausmasse. Mehr als 24’000 Menschen sind betroffen, 500 Todesfälle wurden registriert. Cholera ist in sechs Provinzen des Landes endemisch, jedoch hat die Dürre der letzten Monate und die hohe Mobilität der Bevölkerung in bestimmten Regionen zu einer rascheren Verbreitung und einer grösseren Auswirkung geführt: 2017 gab es 28 Prozent mehr Fälle als im Jahr 2016. Allein in der letzten Augustwoche hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mehr als 1’500 Fälle gemeldet.
Die Eindämmung der Epidemie hat oberste Priorität.
«Unsere Hilfe vor Ort ist breit aufgestellt, um die am stärksten betroffenen Gebiete des Landes abzudecken. Die Anzahl der Patienten und Patientinnen in unseren Zentren ist in den letzten Wochen zurückgegangen», berichtet Cisco Otero, Einsatzleiter in der Demokratischen Republik Kongo. «Es hat sich gezeigt, dass es dringend notwendig ist, Präventionsmassnahmen wie Impfungen und Aufbereitung von Wasser in den Gebieten durchzuführen, in denen Cholera endemisch ist, um Ausbrüche dieser Grössenordnung zu vermeiden und die Ausbreitung zu verhindern.»
Seit Beginn des Jahres liegt der Fokus der Hilfe von MSF auf der Errichtung von Behandlungseinheiten und -zentren. Hinzu kommen Materialspenden in den Provinzen, in denen Cholera endemisch ist und in denen sich die Krankheit ausgebreitet hat. MSF ist in den Provinzen Kwilu, Haut-Lomami, Zentral-Kongo, Tanganyika, Nord-Kivu, Süd-Kivu, Ituri, Bas Uélé und Maniema aktiv. In den vergangenen Tagen starteten die Aktivitäten in Haut-Lomami, und die Hilfe in Süd-Kivu wurde erweitert.
«Die Eindämmung der Epidemie hat oberste Priorität», sagte Otero. «Die Regenzeit kommt und dadurch kann der Virus sich noch schneller ausbreiten und zu einer kritischen Situation führen.»
Die Provinz Süd-Kivu war in der letzten Woche am stärksten betroffen. Dort hat MSF eine ungewöhnlich hohe Anzahl an Patienten und Patientinnen in endemischen Gebieten und in der Hauptstadt Bukavu, in Baraka und Sebele sowie in kleineren Orten wie Minova, Kabare, Katana, Idjwi-Kihumba, Lulimba, Missi und Nyange registriert. In all diesen Regionen ist das Risiko einer Verbreitung der Krankheit besonders hoch – aufgrund der Bevölkerungsdichte und der geographischen Lage ist die Bevölkerung praktisch dazu gezwungen, nicht trinkbares Wasser aus dem See zu verwenden. Die Stadt Minova ist am stärksten betroffen, mehr als 1’400 Menschen wurden dort behandelt.
In Goma, Nord-Kivu, ist Cholera endemisch. MSF leitet ein dauerhaftes Projekt mit zwei Cholera-Behandlungszentren. Seit Beginn des Ausbruchs hat MSF weitere sechs Behandlungszentren in der Stadt eröffnet. Zudem betreibt die Organisation Gesundheitsförderung in den Gemeinden sowie mehrere Rehydrierungs-Stationen und Wasseraufbereitungsanlagen. Das Ausmass des aktuellen Ausbruchs an diesem Ort ist teilweise auf eine lange Trockenzeit und Probleme mit der Wasserversorgung zurückzuführen – hinzu kommen eine schlechte Abwasserentsorgung und unzureichende Wasserversorgungsanlagen. Diese Faktoren – in Kombination mit Armut und einem Mangel an Informationen in den Gemeinden – machen eine Epidemie wahrscheinlicher. Die Stadt liegt am Ufer des Sees Kivu und die Mehrheit der Bevölkerung hat keine andere Wahl als Wasser direkt aus dem See zu beziehen, obwohl es durch Exkremente verschmutzt ist. Zwischen dem 26. Juni und 21. September wurden 6’287 Patienten und Patientinnen behandelt. 18 Menschen sind an der Krankheit gestorben. Es handelt sich um die schwerste Epidemie in der Region seit 2012.
Seit Anfang September ist MSF auch im Gesundheitsbereich in Mulongo tätig. Mulongo liegt in der Provinz Haut-Lomami, in der die Epidemie im Mai 2017 in den Seengebieten begann und sich dann am Lulaba-Fluss verbreitete, bis sie die Stadt erreichte. Am 15. August wurde das Mulongo Cholera-Behandlungszentrum eröffnet. Die meisten Patienten sind Fischer und leben auf den kleinen Inseln des Sees, die per Kanu drei Stunden entfernt liegen. Die Versorgung in der Region ist eine Herausforderung mit erheblichen logistischen Einschränkungen. Momentan gibt es keine internationale Organisation in der Provinz, die sich für die Bekämpfung der Epidemie einsetzt. Die Teams von MSF unterstützen das Behandlungszentrum und haben neben der Bereitstellung von sauberem Trinkwasser auch fünf zusätzliche Stationen zur oralen Flüssigkeitsgabe zur Verfügung gestellt. In Mulongo wurden 844 Patienten und Patientinnen behandelt und 15 Todesfälle gemeldet. MSF hat auch Chlorierungs-Stellen entlang des Sees gebaut und führt Überwachungsaktivitäten und Bewusstseinsarbeit durch.
In Tanganyika ist Cholera endemisch und die aktuelle Anzahl der Fälle entspricht dem Niveau der vergangenen Jahre. Allerdings hat die Regenzeit noch nicht begonnen und mit rund 100’000 Vertriebenen, die in behelfsmässigen Lagern und Schulhöfen in und um Kalémie leben, besteht ein sehr hohes Risiko, dass sich die Krankheit rasch ausbreitet, wenn sich die Bedingungen verschlechtern. In der letzten Woche wurden 84 Cholera-Fälle gemeldet. Die Betroffenen werden vom Gesundheitsministerium im Spital von Kalémie behandelt, das MSF mit Rehabilitation, Ausbildung und Spenden unterstützt. Unsere Teams im Gebiet von Kalémie bereiten eine Impfkampagne mit lokalen Behörden vor und erhöhen ihre Sanitäraktivitäten. Andere werten die aktuelle Lage in Manono, Ankoro und Kongolo entlang des Lualaba Flusses aus.
Darüber hinaus behandelte MSF im Februar und März 332 Cholera-Patienten und -Patientinnen in Matadi und Kimpese (Zentralkongo), bevor die Aktivitäten übergeben wurden. Leider haben einige Akteure vor Ort ihre Verpflichtungen nicht erfüllt und der Ausbruch kehrte ein paar Wochen später wieder zurück und verbreitete sich auf regionaler Ebene. Teams von MSF mussten nach Kimpese zurückkehren. Fast 1’700 Personen wurden ins Behandlungszentrum eingeliefert und 897 Behandlungen durchgeführt.
Ein Cholera-Behandlungszentrum ist grundlegend für die Behandlung von Menschen mit schwerer Cholera. Es bietet die Möglichkeit, Patienten und Patientinnen zu stabilisieren, zu versorgen und eine Ausbreitung der Krankheit durch strenge Hygienemassnahmen zu verhindern. Cholera beginnt sehr abrupt, daher ist es wichtig, Fälle so schnell wie möglich zu erkennen und zu behandeln. Die Dehydrierung kann sehr schnell zum Tod führen, wenn sie nicht sofort durch die Verabreichung von Flüssigkeit und oralen Rehydrationssalzen behandelt wird. Die meisten Patienten und Patientinnen können die Flüssigkeit oral einnehmen, in Fällen von schwerer Dehydratation wird sie intravenös verabreicht.