Ein Spital für die Opfer von Gewalt in Ulang
© Igor G. Barbero / MSF
Südsudan2 Min.
Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) hat in der Stadt Ulang, im Nordosten des Südsudans, ein neues Projekt gestartet. Ziel ist es, auf die Bedürfnisse der Menschen in dieser entlegenen und vernachlässigten Region im Bundesstaat Upper Nile, nahe der Grenze zu Äthiopien, einzugehen.
Ärzte ohne Grenzen hat bereits ein Spital mit 30 Betten aufgebaut und einen Dienst zur Überweisung in dieses Spital eingerichtet. Es ist der einzige Ort, an dem die rund 100 000 Einwohnerinnen und Einwohner von Ulang und den umliegenden Dörfern entlang des Flusses Sobat fachärztliche Versorgung erhalten können.
Viele Menschen in dieser Region gerieten zwischen die Fronten und waren – oft mehrmals – gezwungen zu fliehen.
«Viele von ihnen sind nach Äthiopien geflohen und leben in Flüchtlingslagern, andere sind zurückgekehrt und mussten feststellen, dass es hier für sie keine Lebensgrundlage mehr gibt», erklärt Abdalla Hussein, MSF-Einsatzleiter im Südsudan.
Nachhaltige Hilfe
Im Juli 2018 lancierte MSF einen Nothilfe-Einsatz, in dessen Rahmen mobile Kliniken in Ulang und Umgebung organisiert wurden. Im Oktober 2018 wurde das neue Spital eröffnet und im April 2019 beschloss Ärzte ohne Grenzen, die Aktivitäten im Land zu stabilisieren.
«Unser Ziel ist es, den Menschen, die unter Gewalt und wiederkehrenden Epidemien leiden, eine fachärztliche Versorgung anzubieten», erklärt Hussein. «Die Menschen leben unter katastrophalen Bedingungen und haben nur begrenzt Zugang zu einer medizinischer Versorgung.»
Manchmal müssen [die Menschen] stundenlange oder sogar tagelange Fussmärsche auf sich nehmen, um lebensrettende medizinische Hilfe zu erhalten.
Von Oktober 2018 bis April 2019 haben die Teams von Ärzte ohne Grenzen in Ulang 3200 Konsultationen durchgeführt und 81 Geburten begleitet. Darüber hinaus wurden 719 Patientinnen und Patienten stationär aufgenommen, davon 287 Kinder in der Pädiatrieabteilung.
«Es kommen viele Mütter und Kinder ins Spital», erklärt Madeleine Walder, MSF-Projektkoordinatorin in Ulang. «Oft haben sie einen langen Weg zurücklegen müssen.» Viele erreichen das Spital in kritischem Zustand, weil es so lange dauert, ein Gesundheitszentrum zu erreichen. Wir kümmern uns um Frauen mit komplizierten Schwangerschaften sowie Menschen mit schwerer Malaria oder Schusswunden infolge der anhaltenden gewaltsamen Auseinandersetzungen. Wir behandeln auch sehr oft komplizierte Fälle von Tuberkulose/HIV-Koinfektionen bei Patienten, die seit mindestens einem Jahr Symptome haben, aber bei denen die Krankheiten nie diagnostiziert oder behandelt wurden.
Ambulanzdienst per Boot
Die Teams von Ärzte ohne Grenzen arbeiten mit den lokalen Gemeinden zusammen, um die Menschen über häufige Krankheiten und deren Behandlungsmöglichkeiten zu informieren. Ein Ambulanzdienst, den Ärzte ohne Grenzen eingerichtet hat, sorgt dafür, dass die Patientinnen und Patienten per Boot auf dem Sobat von den weit entfernten Gesundheitszentren bis zum Spital in Ulang transportiert werden können
«Die logistischen Probleme in der Region sind gross, sowohl für uns als auch für unsere Patientinnen und Patienten», fügt Madeleine Walder hinzu. «Während der Regenzeit, die acht Monate pro Jahr anhält, sind viele Strassen überschwemmt und die meisten Flugzeuge können nicht landen. Das Boot ist dann die einzige Transportmöglichkeit. In der Trockenzeit können die Menschen sich einfacher fortbewegen, doch die Distanzen zu den nächstgelegenen Gesundheitseinrichtungen sind auch dann enorm gross.»
© Igor G. Barbero / MSF