Gut geschützt im Einsatz: Sicherheit bei Ärzte ohne Grenzen

Un véhicule MSF croise un blindé à Bangui

2 Min.

Die Teams von Ärzte ohne Grenzen arbeiten inmitten von Konfliktgebieten, oft in unmittelbarer Nähe der Frontlinie oder an besonders abgelegenen Orten. Der MSF-Sicherheitsbeauftragte Joan Arnan erklärt, wie die Organisation mit Gefahren umgeht – und warum unser Sicherheitskonzept nicht ohne gründliche Risikoanalyse auskommt.

 

In unserer Charta steht: «Als Freiwillige sind sich die Mitarbeitenden von MSF der Risiken und Gefahren ihrer Einsätze bewusst.» Doch welche Gefahren müssen Einsatzteams überhaupt fürchten?

Erstmal unterscheiden wir zwischen Bedrohungen oder Gefahren und echten Risiken. Vor der Lancierung eines Projekts wird der jeweilige Kontext deshalb genau analysiert. Wir fragen: Welche potenziellen Bedrohungen bestehen für unsere Teams, unsere Patienten und den Erfolg des Programms? Anschliessend geht es darum, für jede einzelne Bedrohung die Eintrittswahrscheinlichkeit zu berechnen. Mögliche Auswirkungen auf die verschiedenen involvierten Akteure sowie den gesamten Hilfseinsatz werden ebenfalls berücksichtigt. Mithilfe einer solchen gezielten Kontext- und Umweltanalyse gelingt es, reelle Risiken klar zu definieren und zu verhindern, dass wir uns nur von Annahmen leiten lassen. Erst im Zusammenhang mit der Geschichte und der jüngeren Entwicklung einer Region lässt sich etwas über die Relevanz der Risiken sagen. Zuverlässige Informationen für die Einschätzung von Risiken erhalten wir von der lokalen Bevölkerung und den nationalen Einsatzteams.

Wie gut kennen die Mitarbeitenden die mit ihrem Einsatz verbundenen Risiken?

Die Mitarbeitenden werden vor jeder Abreise genauestens über potenzielle Risiken im jeweiligen Einsatzgebiet aufgeklärt. Diese «informierte Zustimmung» gehört zu den Schlüsselprinzipien unserer Organisation. Natürlich unterscheiden sich die Risiken von Projekt zu Projekt. Für Einsatzgebiete mit besonders hohen Risiken und Auswirkungen gibt es ein zusätzliches Verfahren. Sämtliche Hintergrundinformationen zum Einsatzland werden dem oder der Mitarbeitenden einschliesslich Risikoanalyse vor der Vertragsunterzeichnung vorgelegt, und er oder sie hat die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Selbstverständlich steht es Mitarbeitenden in jeder Einsatzphase frei, ihr Engagement zu beenden. Dies hat auch keinerlei Einfluss auf zukünftige Einsatzangebote.

Wie werden bestehende Risiken während des Einsatzes minimiert?

Im Prinzip gewährleisten die Gemeinschaften, in denen wir tätig sind, unsere Sicherheit. Voraussetzung dafür ist, dass unsere Hilfsprojekte von der lokalen Bevölkerung akzeptiert werden. Von Zeit zu Zeit ergreifen wir zusätzliche Massnahmen, um die Eintrittswahrscheinlichkeit gewisser Bedrohungen möglichst klein zu halten, etwa durch den Einsatz von Wachpersonal oder durch öffentliche Erklärungen. 

Zwischenfälle können nie ganz ausgeschlossen werden. Wie reagiert Ärzte ohne Grenzen im Ernstfall? 

Es gibt immer einen Notfallplan. Kommt es in der Umgebung beispielsweise zu Schusswechseln, stehen unseren Teams schutzsichere Räume zur Verfügung, die Ähnlichkeit mit den zivilen Bunkern in der Schweiz haben. Es stehen Verpflegung, Wasser, Betten und sanitäre Anlagen zur Verfügung, sodass Mitarbeitende dort einige Zeit «überwintern» können, wie es in unserem Jargon heisst. Im Ernstfall wird ein Krisenstab eingerichtet, der die Entwicklungen genau im Auge behält und bei Bedarf einschreitet. Bei Zwischenfällen verfolgen wir ein übergeordnetes Ziel: die Gesundheit und Sicherheit unserer Teams zu gewährleisten.