Mosambik: Unser Einsatz für Menschen, die Drogen konsumieren
© Tadeu Andre/MSF
Mosambik4 Min.
Menschen, die Drogen konsumieren, gehören zu den am stärksten gefährdeten Personengruppen – insbesondere, wenn es um ihre Gesundheit geht. Oft haben sie kaum Zugang zu Präventions- und medizinischen Behandlungsangeboten. Ausserdem sind Stigmatisierung, Diskriminierung und Belästigung weit verbreitet, was damit zusammenhängt, dass Drogenkonsum nach wie vor stark kriminalisiert wird. In Mosambik haben Menschen, die Drogen konsumieren, häufig Angst davor, verhaftet zu werden, weil sie Utensilien wie Spritzbesteck besitzen. Aus diesem Grund werden Nadeln oder Spritzen oft geteilt oder ausgeliehen.
Um Betroffenen die dringend benötigte medizinische und präventive Versorgung zu ermöglichen, arbeitet Ärzte ohne Grenzen mit UNIDOS zusammen. Die lokale Organisation setzt sich im Maputo-Slum von Mafalala dafür ein, durch Drogenkonsum verursachte Gesundheitsschäden zu begrenzen.
Gesundheitsschäden begrenzen – was bedeutet das genau?
Für die «Schadensminimierung» stehen verschiedene Strategien, Programme, Dienste und Massnahmen zur Verfügung. Sie alle haben zum Ziel, durch Drogenkonsum verursachte Schäden zu verringern. Darunter fallen Nadelaustauschprogramme, Opioid-Substitutionstherapie (mit Methadon) und die Behandlung von Überdosierungen (mit Naloxon). Entsprechende Programme werden von den internationalen Gesundheitsorganisationen WHO, UNAIDS und UNODC empfohlen, da sie mit dem injizierenden Drogenkonsum verbundene Schäden verringern und der Ausbreitung von HIV und Virushepatitis nachweislich entgegenwirken.
Im Kampf gegen HIV, Hepatitis C und andere durch Blut übertragbare Krankheiten ist die medizinische Versorgung von Männern und Frauen, die Drogen konsumieren, eine zentrale Massnahme. Mosambik hat eine der höchsten HIV-Infektionsraten der Welt (13,8 % der Bevölkerung). Unter Drogenkonsumierenden sind die Raten besonders hoch. Von den MSF-Patient:innen, die sich Drogen injizieren, wurden 41 Prozent positiv auf HIV getestet, 27 Prozent auf virale Hepatitis. Die Eindämmung von durch Blut übertragbaren Krankheiten bei dieser Gruppe dient der gesamten Gemeinschaft, da diese Massnahme gleichzeitig die Ansteckungsgefahr verringert.
Eine Tasse Tee, sichere Injektionssets und HIV-Tests – besondere Bedürfnisse erfordern eine besondere Behandlung
Menschen, die Drogen konsumieren, scheuen sich oft davor, medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ärzte ohne Grenzen und UNIDOS haben deshalb Dienste konzipiert, die genau auf die Bedürfnisse dieser Patientengruppe zugeschnitten sind. So öffnete das «Centro Comunitario para Pessoas que Usam Drogas» im Mai 2018 seine Türen. Es ist die erste medizinische Anlaufstelle für Menschen, die Drogen konsumieren. Dort kann man sich auf HIV und andere Krankheiten testen und gegen HIV, Hepatitis B und C, TBC und andere sexuell übertragbare Krankheiten behandeln lassen. Es gibt auch ein psychosoziales Hilfsangebot. Kleinere Verletzungen werden von Pflegefachkräften versorgt. Betroffenen bietet das Zentrum eine sichere, stressfreie Umgebung, in der sie duschen, ihre Kleider waschen und zu einer Tasse Tee zur Ruhe kommen können.
Um Drogenkonsumenten zu erreichen, arbeiten die Teams von Ärzte ohne Grenzen/UNIDOS an den Hotspots, wo Heroin konsumiert wird, mit «Peer-Workers» zusammen. Dies sind Menschen, die früher Drogen genommen haben oder dies immer noch tun. Dort sprechen sie mit Drogenkonsumenten über sichere Injektionspraktiken und Sexualverhalten und informieren sie über die Dienste, die die Anlaufstelle anbietet. Peer Workers führen zudem HIV- und Hepatitis-C-Tests durch, sammeln benutzte Spritzen ein und verteilen neue. Dieser Ansatz ermöglicht einen besseren Zugang zu den Betroffenen – auch zu solchen, die von sich aus weder eine Gesundheitseinrichtung noch eine Anlaufstelle aufsuchen würden.
Opioid-Überdosierungen gehören zu den häufigsten Todesursachen bei Menschen, die Drogen injizieren. Viele, die die Anlaufstelle in Mafalala aufsuchen, haben nach eigenen Angaben Freunde oder Bekannte verloren, mit hoher Wahrscheinlichkeit durch eine Überdosis. Ärzte ohne Grenzen schult Gemeindemitglieder darin, Überdosierungen zu erkennen und im Bedarfsfall Naloxon zu verabreichen. Naxolon hebt die Wirkung von Opioiden auf – und kann Leben retten.
Von der Gemeinschaft für die Gemeinschaft
Die Aktivitäten des Drop-in-Centers waren für die lokale Gemeinschaft neu. Umso wichtiger war es, sie von Anfang an in das Projekt einzubinden, um die Akzeptanz davon sicherzustellen. Für die Verwaltung des Drop-in-Centers wurde ein Gremium ins Leben gerufen, bestehend aus einflussreichen Menschen aus der Gemeinde und Schlüsselpersonen aus dem Slum. Auch Drogenkonsumierende sind vertreten. Der Ausschuss repräsentiert die Perspektive der Gemeinde und hat die Aufgabe, Kritikpunkte zu äussern, Empfehlungen auszusprechen und die Öffentlichkeit für Aktivitäten zur Schadensminderung zu sensibilisieren.
Reaktion auf grundlegende medizinische Bedürfnisse
Mit dem Mafalala-Projekt wurde zum ersten Mal ein umfassendes Schadensbegrenzungsprogramm in Mosambik durchgeführt. Besonders ist die Kombination aus Aktivitäten zur Schadensminderung und dem breiten Angebot an medizinischen Leistungen. Dieses neue Versorgungsmodell richtet sich komplett nach den Bedürfnissen der Menschen, die die Dienste in Anspruch nehmen.
Auch in einem Kontext mit wenigen Ressourcen ist es möglich, gezielt auf die spezifischen Bedürfnisse von Drogenkonsumierenden einzugehen und wirksame Massnahmen zur Schadensbegrenzung einzuleiten. Das hat das Projekt von MSF und UNIDOS in Mafalala deutlich gezeigt. Die Aktivitäten nutzen nicht nur direkt Betroffenen, sondern kommen der Gesundheit der gesamten Gemeinschaft zugute. Denn Massnahmen, die Drogenkonsumenten vor Schäden schützen, verringern auch die Ausbreitung von HIV, Hepatitis C und anderen durch Blut übertragbare Krankheiten.
© Tadeu Andre/MSF