Noma in Nigeria: Genesung nach der Krankheit
© Fabrice Caterini/Inediz
Nigeria3 Min.
Seit 2014 unterstützen unsere Teams das Spital im nigerianischen Sokoto. Dort werden hunderte von Noma betroffene Menschen behandelt. Die Erkrankung zerstört innerhalb kürzester Zeit Knochen und Gewebe im Gesicht und endet oft tödlich. Überlebende tragen zum Teil schwere Narben und Beeinträchtigungen davon. Zudem leiden sie unter Ausgrenzung und Stigmatisierung. Dabei kann eine angemessene Behandlung dieses Leid verhindern.
Muhammadu und Mulikat hatten selbst Noma. Nach mehreren Operationen ging es ihnen langsam wieder besser. Sie wurden selbstsicherer und entschieden, im Spital von Sokoto zu arbeiten, um den Patient:innen beizustehen, die wie sie unter den Folgen von Noma leiden.
Die infektiöse Erkrankung zerstört in nur wenigen Wochen das Gewebe und die Knochen des Gesichts. 90 Prozent der Betroffenen, die meisten sind Kinder, sterben infolge der Infektion – obwohl sie vermeidbar und leicht zu behandeln ist. Die 10 Prozent, die überleben, tragen schmerzhafte Narben davon und werden häufig ausgegrenzt.
«Mein Vater hat mich in mehrere Städte gebracht, um Hilfe zu finden. Ich war drei Monate in einem Spital in Maiduguri, im Nordosten des Landes», erinnert sich Muhammadu, der heute als Reinigungskraft im gleichen Spital arbeitet. «Jemand erzählte uns von Sokoto, aber das war sehr weit weg. Mein Vater musste einige unserer Tiere verkaufen, um den Transport zahlen zu können.»
Als er in Sokoto ankam, konnte Muhammadu seinen Mund kaum öffnen. Auch essen oder sprechen war fast unmöglich. Nach mehreren Operationen hatte sich sein Zustand sichtlich verbessert. «Inzwischen kann ich überall hin, ohne mich zu schämen», erklärt er.
Ich versuche, mein Wissen über die Krankheit mit den Menschen, die ich treffe, zu teilen. Ich erkläre zum Beispiel, dass man durch eine bessere Mundhygiene das Risiko einer Infektion reduzieren kann.
Prävention ist äusserst wichtig – auch, um gegen die Stigmatisierung anzukämpfen. Die 38-jährige Mulikat hat Noma ebenfalls überlebt. Inzwischen arbeitet sie im Team für Gesundheitsförderung des Spitals.
«Ich verstehe das Leid der Betroffenen und ihrer Familien», erklärt sie. «Die Ausgrenzung ist schrecklich. Bevor ich damals im Spital behandelt wurde, weinte ich ständig. Ich dachte, dass ich lieber an der Krankheit gestorben wäre, als in diesem Zustand zu überleben. Ich verliess das Haus nicht mehr. Dann hatte ich das Glück, in Sokoto behandelt zu werden. Ich liess fünf Operationen über mich ergehen und nun geht es mir besser.»
Inzwischen kämpfe ich dafür, dass die Menschen verstehen, wie schlimm Noma ist.
Muhammadu und Mulikat geben den Patient:innen Hoffnung. Sie sind für sie der Beweis, dass man nach Noma ein würdevolles und autonomes Leben führen kann. 2018 hat Mulikat ein Diplom in Gesundheitsinformationsmanagement absolviert. Ausserdem ist sie Mitgründerin von Elysium, der ersten Stiftung für Noma-Überlebende. Auch im Ausland erzählt sie ihre Geschichte und informiert die Menschen über die Krankheit.
Muhammadu engagiert sich auf andere Weise: «Ich konnte nicht lesen, habe es aber gelernt», erklärt er. «Das medizinische Team hat mir geholfen, in Sokoto zu bleiben, und mein Vater unterstützt mein Projekt: Arzt werden. Anfangs putzte ich Autos, um Geld zu verdienen, dann fand ich den Job als Reinigungskraft im Spital. Nebenbei gehe ich zur Schule. Das dauert sehr lange, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf.»
Dieses Jahr könnte Noma in die Liste der vernachlässigten tropischen Krankheiten der WHO aufgenommen werden. Dies würde die Krankheit und ihre Folgen bekannter machen und könnte zu zusätzlichen Ressourcen führen, die für die Prävention und Behandlung benötigt werden. Zwei Dinge, für die Muhammadu und Mulikat sich täglich einsetzen.
© Fabrice Caterini/Inediz