Noma: Die vernachlässigte Tropenkrankheit ist der WHO-Liste einen Schritt näher
© Claire Jeantet - Fabrice Caterini
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Die wenig bekannte, aber lebensbedrohliche Krankheit Noma ist der Anerkennung als vernachlässigte Tropenkrankheit (NTD) einen Schritt näher. Ärzte ohne Grenzen / Médecins Sans Frontières (MSF) hatte den Antrag Nigerias an die Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterstützt, die Krankheit in die Liste der NTDs aufzunehmen. Eine Aufnahme in die Liste würde Prävention und Behandlung der Krankheit erleichtern. Die endgültige Entscheidung wird die WHO auf einer ihrer halbjährlichen Tagungen im Jahr 2023 treffen.
Nach einer dreijährigen internationalen Advocacy- und Kommunikationskampagne übergab ein Vertreter des nigerianischen Bundesgesundheitsministeriums im Januar 2023 das Dossier über Noma an die WHO-Büros in Abuja, Brazzaville und Genf. Ärzte ohne Grenzen unterstützte Nigeria bei der Fertigstellung des Dossiers und bei der Kontaktaufnahme mit den Co-Sponsoren, zu denen 30 Länder aus fünf WHO-Regionen gehören.
Eine tödliche, aber behandelbare Krankheit
Noma ist eine vermeidbare und behandelbare Krankheit, die in Armut lebende Menschen, insbesondere Kleinkinder, betrifft und mit Mangelernährung und unhygienischen Lebensbedingungen einhergeht. Meistens sind Menschen in abgelegenen Gemeinden betroffen, die nur begrenzten Zugang zur Gesundheitsversorgung und zu Impfungen haben.
Die Krankheit beginnt als Zahnfleischentzündung, breitet sich aber rasch aus und zerstört Gesichtsgewebe und Knochen. Unbehandelt sterben bis zu 90 Prozent der Betroffenen, meist innerhalb kurzer Zeit. Die Überlebenden bleiben mit schweren Gesichtsentstellungen zurück, die das Essen, Sprechen, Sehen oder Atmen erschweren können. Sie sind aufgrund ihrer Entstellung oft mit Stigmatisierung konfrontiert.
Es gibt keine andere Infektionskrankheit, an der so viele Menschen in so kurzer Zeit sterben.
«Menschen sterben an Noma, weil sie nur wenig über die Krankheit wissen und nicht erkennen. Es müssen mehr Anstrengungen unternommen werden, frühzeitig Fälle und Überlebende zu identifizieren», sagt Mark Sherlock, unser Gesundheitsberater für Nigeria.
Der Antrag auf Aufnahme von Noma in die WHO-Liste steht im Einklang mit der Resolution zur Mundgesundheit, die im Jahr 2021 auf der 74. Weltgesundheitsversammlung verabschiedet wurde. Diese empfahl, Noma bei der Überprüfung der Liste im Jahr 2023 für die Aufnahme in das NTD-Portfolio in Betracht zu ziehen.
Noma ist eine Krankheit, die es nicht mehr geben sollte.
Die Strategische und Technische Beratungsgruppe für vernachlässigte Tropenkrankheiten (STAG-NTDs) der WHO definiert eine vernachlässigte Tropenkrankheit folgendermassen:
- betrifft unverhältnismässig viele in Armut lebende Bevölkerungsgruppen
- verursacht eine erhebliche Morbidität und Mortalität, einschliesslich Stigmatisierung und Diskriminierung, die eine globale Reaktion rechtfertigen
- betrifft in erster Linie die Bevölkerung in tropischen und subtropischen Gebieten
- kann unmittelbar bekämpft, eliminiert oder ausgerottet werden indem eine oder mehrere Strategien für öffentliche Gesundheit angewendet werden
- von der Forschung relativ vernachlässigt
«Die Aufnahme von Noma in die Liste würde ein Schlaglicht auf die am meisten vernachlässigte aller vernachlässigten Krankheiten werfen und die Integration von Prävention und Behandlung von Noma in bestehende öffentliche Gesundheitsprogramme sowie die Zuweisung dringend benötigter Ressourcen erleichtern», sagt Sherlock. «Wir wollen, dass Kinder in endemischen Ländern schon bei den ersten Anzeichen von Noma untersucht werden, wenn noch Leben gerettet werden können.»
Mehr Informationen: https://noma.msf.org/
Ärzte ohne Grenzen unterstützt das Sokoto Noma Spital des nigerianischen Gesundheitsministeriums seit dem Jahr 2014 mit rekonstruktiven Operationen, Ernährung und psychosozialer Betreuung. Zudem gehen wir in die Gemeinden und versucht die erkrankten Menschen dort zu identifizieren, wo sie wohnen und arbeiten. Seit dem Jahr 2014 haben die chirurgischen Teams 1 066 Operationen an 717 Patienten ausgeführt. Sämtliche medizinische Hilfe im Sokoto Noma Spital ist kostenlos.
© Claire Jeantet - Fabrice Caterini