Unsichere Schwangerschaftsabbrüche sind eine vernachlässigte Gesundheitskrise
Mutter-Kind-Gesundheit3 Min.
Patricia hat abgetrieben. Damit ist die junge Mutter aus Südafrika nicht allein: Zwischen 2010 und 2014 endete weltweit etwa jede vierte Schwangerschaft mit einem Abbruch. Rund 45 Prozent der Schwangerschaftsabbrüche weltweit sind sogenannte unsichere Abbrüche – und damit potentiell lebensgefährlich.* Unsere Mitarbeitenden sehen in unseren Projekten täglich die katastrophalen Folgen unsachgemäss ausgeführter Abbrüche. Um Frauen vor solchen Schicksalen zu bewahren, arbeiten wir mit einem Drei-Pfeiler-Prinzip. Wir bieten Verhütungsmittel an, helfen ihnen mit medizinischer Nachsorge nach unsachgemässen Abbrüchen und ermöglichen auch sichere Schwangerschaftsabbrüche.
Patricia hatte wenig Hoffnung, eine Möglichkeit für einen sicheren Schwangerschaftsabbruch zu finden. In ihrem Heimatland Südafrika werden Abtreibungen oft in Hinterhofkliniken, so genannten «Backstreet Clinics», vorgenommen. Für Patricia war das keine Option: «Die Menschen verlieren am Ende dadurch ihr Leben.» [durch unsichere Schwangerschaftsabbrüche, Anm. der Redaktion]
Einer der fünf Hauptgründe für Müttersterblichkeit: unsichere Schwangerschaftsabbrüche
Unsichere Schwangerschaftsabbrüche sind eine übersehene Gesundheitskrise. Sie sind einer der fünf Hauptgründe für Müttersterblichkeit weltweit. Mehr als 22’800 Frauen und Mädchen sterben jedes Jahr an den Folgen eines unsachgemässen Schwangerschaftsabbruchs.* Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert einen Schwangerschaftsabbruch als unsachgemäss, wenn er von unqualifizierten Personen vorgenommen wird, die nicht über die erforderlichen Fähigkeiten verfügen, und/oder in einem Umfeld stattfindet, das nicht den medizinischen Mindeststandards entspricht.
Neben den erschreckend vielen Frauen, die an den Folgen eines unsicheren Abbruchs sterben, ist auch das Ausmass von Komplikationen enorm: Rund sieben Millionen Frauen und Mädchen werden jedes Jahr aufgrund der Folgen eines unsachgemässen Abbruchs in Krankenhäuser eingeliefert.** 2017 haben wir mehr als 23’000 Patientinnen mit Komplikationen nach einem Schwangerschaftsabbruch behandelt. In einigen Spitälern, in denen wir arbeiten, dürften bis zu 30 Prozent der Komplikationen in der Geburtshilfe ihre Ursache in unsachgemässen Schwangerschaftsabbrüchen haben.
Sichere Schwangerschaftsabbrüche gehören zur Gesundheitsversorgung
Ein Schwangerschaftsabbruch ist immer eine schwierige Situation. Neben der schweren Entscheidung, vor der die Frau steht, ist der Abbruch oft mit Stigma behaftet oder tabuisiert. In vielen Ländern gibt es ausserdem strenge gesetzliche Regelungen oder Verbote. Restriktive Gesetze oder Traditionen führen aber nicht dazu, dass weniger Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden. Sie resultieren lediglich in einer höheren Zahl unsicher vorgenommener Abbrüche mit den entsprechenden gesundheitlichen und psychischen Konsequenzen für Frauen. Wo ein sicherer Abbruch nicht möglich ist, riskieren Frauen und Mädchen ihr Leben mit einem unsicher ausgeführten Eingriff.
Es gilt heute als bewährtes medizinisches Vorgehen, wenn medizinische Einrichtungen sichere Schwangerschaftsabbrüche als Teil eines Pakets grundlegender Gesundheitsleistungen vornehmen, das drei Pfeiler umfasst: Die Behandlung von Komplikationen nach unsachgemässen Abbrüchen, den sicheren Schwangerschaftsabbruch und die Bereitstellung von Verhütungsmitteln.
Ein Drei-Pfeiler-Prinzip für das Leben und die Gesundheit von Frauen
Auch wir arbeiten in unseren Einsätzen mit lokalen Gemeinschaften, Gesundheitsministerien und anderen medizinischen Organisationen nach diesem Drei-Pfeiler-Prinzip: Wir wollen Frauen besser mit modernen Verhütungsmitteln versorgen und sowohl medizinische Nachsorge nach unsachgemässen Abbrüchen als auch sichere Schwangerschaftsabbrüche ermöglichen.
Denn auch, wenn es ein schwieriges Thema ist: Sichere Schwangerschaftsabbrüche gehören zur Gesundheitsversorgung. Eine Frau, die sich zu diesem Schritt entschliesst, sollte nicht verurteilt werden. Sie braucht eine ausgebildete medizinische Ansprechperson, die ihr zuhört und ihre Fragen beantwortet – und eine gute medizinische Betreuung.
Unsere Patientin Patricia aus Südafrika fand schliesslich in einer Klinik, in der wir gemeinsam mit den lokalen Gesundheitsbehörden arbeiten, genau diese Art der Versorgung. Sie wünscht jeder Frau, die vor dem schwierigen Schritt eines Schwangerschaftsabbruchs steht, so aufgenommen zu werden wie sie hier: «Alle waren freundlich. Sie haben uns die gesamte Prozedur erklärt, jeden Schritt.»
*https://www.guttmacher.org/report/abortion-worldwide-2017
**https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/preventing-unsafe-abortion