Ärzte ohne Grenzen weitet die Verteilung lebenswichtiger Güter an sudanesische Geflüchtete im Osten des Tschad aus
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Tschad3 Min.
Mit Beginn der Regenzeit im Tschad hat Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) ihre Unterstützung für Menschen, die vor dem Krieg im Sudan in den Osten des Tschad geflohen sind, erheblich ausgeweitet. Die Teams verteilten grosse Mengen lebenswichtiger Hilfsgüter wie Plastikplanen, Moskitonetze und Seife, um Hunderttausende von Geflüchteten in Aboutengué und im Transitcamp von Adré zu unterstützen. So wird eine Versorgungslücke abgedeckt, die die von den Vereinten Nationen beauftragten Organisationen bisher nicht schliessen konnten. In der Tat leben zahllose Familien seit über einem Jahr ohne angemessene Unterkunft in diesen Camps.
Im Mai verteilte Ärzte ohne Grenzen im Geflüchtetencamp Aboutengué rund 11’370 Moskitonetze. Seit drei Monaten geben die Teams dort monatlich rund 47’000 Seifen ab, diese Verteilung soll um weitere 90 Tage verlängert werden. Am 14. Juni versorgten die Mitarbeitenden zusätzlich rund 5000 Familien im Camp mit Plastikplanen. Diese Hilfsgüter sind unerlässlich, um mit der Regenzeit verbundene Krankheiten wie Malaria und Durchfall zu verhindern.
Seit dem 24. Juni weiteten die Teams die Verteilung von solchen Hilfsgütern auf das Transitcamp Adré aus. Dieses beherbergt nach UN-Angaben mehr als 180’000 Geflüchtete, die überwiegend aus Darfur stammen. 90 % von ihnen sind Frauen und Kinder.
Hier bedeutet der Beginn der Regenzeit die massive Rückkehr der Mücken und damit der Malaria. Auch wenn unsere medizinischen Teams bereit sind, werden wir unweigerlich eine explosionsartigen Anstieg von Malariaerkrankten im Camp erleben. Die von uns verteilten Netze dürften jedoch dazu beitragen, diese Entwicklung einzudämmen. Die Hygiene kann dank der abgegebenen Seifen verbessert werden, und dadurch der Ausbruch von Krankheiten wie Cholera oder Hepatis E verhindert respektive verringert werden.
In den ersten drei Tagen der laufenden Verteilung haben bereits 14’370 Familien im Transitcamp Plastikplanen, Moskitonetze und jeweils mehrere Stücke Seife erhalten.
«Die Lebensbedingungen in diesem Camp sind sehr hart. Die Menschen leben hier in behelfsmässigen Unterkünften, die sie aus Stroh oder anderen Materialien bauen. Sie sind der Witterung ausgeliefert; wenn es regnet, können sie sich nirgendwo unterstellen. Oft kommen die Menschen bei Regen zu den Gesundheitsstationen, die wir im Camp errichtet haben, um Schutz für ihre Kinder zu finden. Deshalb verteilen wir diese Plastikplanen», sagt Sabala Gag, Logistiker von Ärzte ohne Grenzen, der für die Hilfsgüterverteilung im Camp verantwortlich ist.
Die verteilten Güter sind das Mindeste, was in einem Umfeld, in dem es an allem fehlt – von der Unterkunft bis zu den sanitären Einrichtungen – zur Verfügung gestellt werden kann. Ärzte ohne Grenzen sorgt weiterhin für 80 % des im Transitcamp verfügbaren Wassers und setzt sich so nach wie vor für das erklärte Ziel ein, die Grundbedürfnisse der Geflüchteten zu stillen.
Durch diese Massnahmen, die über 2 Millionen Franken kosten, werden Mittel, die normalerweise für die medizinische Versorgung bereitgestellt werden, zur Deckungg dringender anderer Bedürfnisse verwendet – um Lücken, die die beauftragten UN-Organisationen noch nicht geschlossen haben, zu stopfen.
Unser Kernbereich ist nach wie vor die medizinische Versorgung, unabhängig von den Kontexten, in denen wir tätig sind. An gewissen Orten und in Ermangelung von Akteuren, die auf andere Bereiche spezialisiert sind, oder von Mitteln dieser Akteure erweitern wir jedoch manchmal unseren Aktionsradius. Dies gilt für den Krieg im Sudan und seine Auswirkungen auf den Tschad, wohin seit letztem Jahr mehr als 600’000 Menschen geflohen sind. In Adré sind humanitären Akteure aus allen Tätigkeitsbereichen präsent, oft fehlt es ihnen aber an Mitteln. Angesichts dieser Situation hat Ärzte ohne Grenzen bereits viel in den Zugang zu sauberem Wasser sowie in die Verbesserung der sanitären Einrichtungen investiert (z.B. durch den Bau von Latrinen und deren Entleerung), um das Risiko von Krankheiten aufgrund mangelnder Hygiene zu verringern.
«Mit der Verteilung dieser 46’000 Kits sind wir nun auch im Bereich der Unterkünfte tätig. Aufgrund der bevorstehenden Regenzeit und der damit zusammenhängenden Hochsaison für Malariaerkrankungen wurde diese Soforthilfe initiiert. Sie kommt 46’000 Familien zugute, was fast 180’000 Menschen entspricht», so die Projektkoordinatorin.
Ärzte ohne Grenzen ruft alle Partner und die UN-Organisationen dringend dazu auf, die humanitäre Hilfe auszubauen, um die katastrophalen Bedingungen für die Geflüchteten aus dem Sudan zu verbessern. Die laufenden Bemühungen müssen unterstützt werden, um die seit langem vernachlässigten Bedürfnisse einer immer grösser werdenden Geflüchtetenpopulation zu stillen.
«Der Bedarf ist immens, und diese Hilfsgüter sind zwar wichtig, können aber keine angemessenen Unterkünfte und menschenwürdige Lebensbedingungen ersetzen», sagt Florent Uzzeni, stellvertretender Einsatzleiter von Ärzte ohne Grenzen in Genf. «Die UN-Organisationen und die Geberländer müssen ihre Nothilfe im Ost-Tschad unbedingt aufstocken und sicherstellen, dass diese gefährdeten Geflüchtetengruppen aus dem Sudan nicht vergessen werden.»
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