Die Kapazitäten zur medizinischen Versorgung haben sich um rund 70 Prozent reduziert
© Sacha Myers/MSF
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Ein Jahr nach dem Kampf um Mossul ist die medizinische Versorgung bei Weitem nicht ausreichend. Neun der 13 öffentlichen Spitäler der Stadt wurden bei den Kämpfen beschädigt. Die Kapazitäten zur medizinischen Versorgung sowie die Zahl der verfügbaren Betten haben sich dadurch um rund 70 Prozent reduziert.
Ein ruiniertes Gesundheitssystem
Der Wiederaufbau von Gesundheitseinrichtungen in Mossul geht nur sehr langsam voran. Derzeit stehen für die geschätzten 1,8 Millionen Einwohner der Stadt immer noch weniger als 1‘000 Spitalbetten zur Verfügung. Täglich kehren tausende Menschen nach Mossul zurück. Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) behandelt in Mossul immer mehr Patienten, die in den zerstörten Gebäuden verletzt werden.
Gesundheitsversorgung zu bekommen ist in Mossul jeden Tag eine Herausforderung für Tausende Kinder und Erwachsene.
Die Einwohnerzahl der Stadt wächst von Tag zu Tag. Allein im Mai 2018 kamen knapp 46‘000 Menschen nach Mossul zurück. Aber das öffentliche Gesundheitssystem erholt sich nicht so schnell, und es gibt eine riesige Kluft zwischen den verfügbaren Angeboten und den tatsächlichen Bedürfnissen der wachsenden Bevölkerung.
Besonders dringend benötigt werden derzeit mehr Kapazitäten in Notaufnahmen, in chirurgischen Abteilungen, der Onkologie und zur Behandlung von Brandwunden ebenso wie medizinische Ausrüstung und eine zuverlässige Versorgung mit bezahlbaren Medikamenten. Gebraucht werden ausserdem psychologische Angebote für Menschen, die traumatische Gewalterfahrungen und den Verlust von Angehörigen verarbeiten müssen, sowie chirurgische Nachsorge, Schmerztherapie und Physiotherapie für Patienten mit Kriegsverletzungen. Diese leiden oft seit Monaten, weil sie nicht die medizinische Versorgung erhalten, die sie bräuchten.
95% der Verletzungen stehen im Zusammenhang mit den gefährlichen Lebensbedingungen
In Mossul zu leben ist derzeit gefährlich. Die hygienischen Bedingungen sind schlecht, es mangelt an fliessendem Wasser und Strom, viele Gebäude sind beschädigt und Minen und Sprengkörper sind noch immer in Strassen und Gebäuden der Stadt verteilt. All dies stellt ein Risiko für die Gesundheit der zurückgekehrten Menschen dar und erhöht den Bedarf an medizinischer Versorgung.
Das Team in dem von MSF betriebenen Spital im Westen Mossuls beobachtete in den vergangenen 12 Monaten eine Verschiebung der gesundheitlichen Probleme der Patienten. Während die Mitarbeiter zunächst vor allem Kriegsverletzte behandelten, kamen später mehr Patienten mit Verletzungen durch Minen und andere Sprengkörper. Zuletzt stieg die Zahl der Verletzungen, die auf die schwierigen Lebensumstände in der zerstörten Stadt zurückzuführen sind. So wurden im Mai etwa 95 Prozent der Patienten, die in die Notaufnahme kamen, von herunterfallenden Trümmern, beim Einsturz von Gebäuden oder bei Stürzen verletzt.
«Die Kämpfe in Mossul sind seit einem Jahr offiziell beendet», sagt Nagarathnam. «Nationale und internationale Akteure müssen viel mehr dafür tun, dass die Menschen in Mossul die Gesundheitsversorgung bekommen, die sie brauchen. Die öffentlichen Gesundheitseinrichtungen müssen wieder aufgebaut werden, die Menschen müssen bezahlbare Medikamente bekommen und Gesundheitseinrichtungen mit dem nötigen Material ausgestattet werden.»
© Sacha Myers/MSF