Das Jahr 2021 in Bildern
© Alexis Huguet
5 Min.
Viele, wenn nicht alle von uns, wünschen sich, dass wieder eine gewisse «Normalität» einkehrt. Dabei hätten die vergangenen zwölf Monate in unseren Einsatzländern ereignisreicher nicht sein können. Ob in Afghanistan, dem Sudan, Myanmar oder Haiti: Die Menschen, denen wir helfen, waren besonders stark von politischem Wandel, Staatsstreichen und anderen Naturkatastrophen betroffen. All dies verschärfte die Verwundbarkeit bereits stark betroffener Gruppen und erschwerte ihren Alltag zusätzlich. Ein Highlight war in diesem Jahr das 50. Jubiläum von Ärzte ohne Grenzen (MSF). Seit fünf Jahrzehnten leisten hoch motivierte MSF-Teams medizinische Nothilfe. 2022 wird neue Herausforderungen an uns herantragen, insbesondere in Bezug auf die globale Gesundheit. Vielerorts ist der Klimawandel spürbar, und er zieht einen erhöhten Bedarf an medizinischen Leistungen nach sich. Anhand dieser Bilder möchten wir die weltweiten Hilfseinsätze der Teams von Ärzte ohne Grenzen im Jahr 2021 beleuchten.
Januar:
Die Eskalation des Konflikts in der äthiopischen Region Tigray treibt weiterhin Zehntausende Menschen in den benachbarten Sudan. In den Transitlagern Al-Shabat, Hamdayet und Um Rakuba sind die sanitären Bedingungen äusserst schlecht. Die Teams von Ärzte ohne Grenzen führen medizinische Konsultationen durch und bieten Unterstützung bei der Wasser- und Sanitärversorgung.
Februar:
Burkina Faso meldet derzeit über 1,3 Millionen Binnenvertriebene aufgrund der unsicheren Lage im Land. Der Bedarf an Hilfe steigt kontinuierlich, und die verfügbaren Ressourcen reichen nicht aus, um ihn zu decken. Trinkwassermangel führt zu parasitären Infektionen und durch Wasser übertragenen Krankheiten wie Hepatitis E, Cholera oder Durchfall. In der Region Barsalogho setzen die Teams von Ärzte ohne Grenzen auf Gemeindeebene eine Strategie zur Bekämpfung von Epidemien um. Die Situation verschlechtert sich immer weiter. Umso wichtiger ist es, dass mehr Organisationen vor Ort aktiv werden.
März :
Das Konzept der «Selbsthilfe» verändert die Gesundheitsversorgung nachhaltig. Patient:innen erhalten die notwendigen Mittel und die Möglichkeit, bei der medizinischen Versorgung eine aktive Rolle einzunehmen. Für Frauen weltweit – aber insbesondere in Krisengebieten – bedeutet dies eine grössere Unabhängigkeit. Die Selbsthilfe rückt die Patient:innen in den Fokus. Genau deshalb wird der Ansatz von Ärzte ohne Grenzen in immer mehr Projekten auf der ganzen Welt verfolgt – von Malawi über Palästina bis in die Demokratische Republik Kongo.
April :
Bis heute hat Brasilien keine wirksame Gesundheitsstrategie gegen Covid-19. Das Land kämpft mit einer humanitären Katastrophe. Die fehlende Bereitschaft der Regierung, angemessen auf die Pandemie zu reagieren, bezahlen weiterhin Tausende von Brasilianer:innen mit ihrem Leben. Ärzte ohne Grenzen fordert die brasilianischen Behörden erneut auf, den Ernst der Lage zu erkennen. Es braucht eine zentralisierte Reaktion auf Covid-19 sowie ein Koordinationssystem, um weitere vermeidbare Todesfälle zu verhindern.
Mai :
Bei einer Gewaltwelle in Jerusalem wurden Hunderte Palästinenser:innen verletzt, auch Kinder. Ärzte ohne Grenzen verurteilt die Gewaltanwendung der israelischen Polizei und warnt vor verheerenden Auswirkungen, sollte die Situation im Gazastreifen eskalieren.
Juni :
Drei MSF-Kolleg:innen wurden getötet, während sie in der der äthiopischen Provinz Tigray unterwegs waren. Sie arbeiteten vor Ort, um der Bevölkerung Hilfe zu leisten. Es ist unfassbar, dass sie ihren selbstlosen Einsatz mit dem Leben bezahlen mussten. Es gibt keine Worte, die unsere Trauer und Empörung über diesen schrecklichen Angriff ausdrücken könnten. Wir fordern alle Beteiligten auf, nicht zuzulassen, dass humanitäre Mitarbeiter:innen zur Zielscheibe werden.
Juli :
Die Menschen im Süden Madagaskars sind mit einer aussergewöhnlich schweren Ernährungskrise konfrontiert. Der Gesundheitszustand Tausender Kinder ist kritisch, und ganze Familien leben in extremer Armut. In verschiedenen Distrikten leistet eine wachsende Anzahl mobiler Teams von Ärzte ohne Grenzen humanitäre und medizinische Hilfe. Sie verteilen Nahrungsmittel und haben vor kurzem im Spital der Stadt Ambovombe ein Ernährungszentrum eröffnet.
August :
Am 14. August erschütterte ein Erdbeben Haiti. Ärzte ohne Grenzen beurteilte die Lage, und in den Städten Port-Salut, Les Cayes und Jérémie lancierten die Teams Hilfseinsätze. Zudem wurden medizinisches Material, Hilfsgüter und Gesundheitsmitarbeitende – insbesondere Chirurgenteams – ins Katastrophengebiet transportiert, um Verletzte bestmöglich zu versorgen.
September :
Während sich auf dem Mittelmeer täglich humanitäre Dramen abspielen, eröffneten die Europäische Union und die griechische Regierung am 18. September 2021 auf der griechischen Insel Samos ein neues Zentrum für Asylsuchende – ein wahres Gefängnis unter freiem Himmel und eine Schande für Europa und seine vermeintlichen Werte. Ermöglicht wird dies durch den offensichtlichen Mangel an politischem Willen und Respekt für die Menschenwürde.
Oktober :
Am 28. Oktober griffen Unbekannte einen Konvoi von Ärzte ohne Grenzen an. Bei dem Vorfall auf den Strassen Bambous, in der Provinz Ituri, wurden zwei Mitarbeitende verletzt. Das Fahrzeug war auf dem Rückweg aus einem Einsatzgebiet, wo die medizinischen Teams Notleidende versorgt hatten. Die Aktivitäten wurden nach dem Angriff ausgesetzt. Einmal mehr müssen die Menschen in dieser Region, in der es kaum Zugang zu Gesundheitsversorgung gibt, den Preis für die Unsicherheit zahlen.
November :
Im südsudanesischen Bentiu breiten sich infolge von schweren Überschwemmungen Krankheiten aus, die Menschen haben nicht ausreichend Nahrung und viele Kinder sind akut mangelernährt. Mindestens 152 000 Vertriebene leiden unter katastrophalen Lebensbedingungen. Die Teams von Ärzte ohne Grenzen kümmern sich um medizinische Notfälle, indem sie die Kapazitäten des MSF-Spitals aufstocken und in den Bereichen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Unterstützung bieten.
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Wenige Monate bevor die Dadaab-Flüchtlingslager in Kenia schliessen sollen, erinnert Ärzte ohne Grenzen daran, dass dringend nachhaltige Lösungen für die betroffenen Frauen, Männer und Kinder gefunden werden müssen. Zu gross ist die Gefahr, dass sie bald komplett von den – wenn auch bescheidenen – humanitären Hilfsleistungen abgeschnitten sind. Im Dadaab-Flüchtlingskomplex, dem grössten weltweit, leben derzeit 350 000 Menschen, vorwiegend Geflüchtete aus Somalia. Ärzte ohne Grenzen ist seit der Gründung des Lagers vor 30 Jahren in Dadaab tätig und bietet in zwei Gesundheitsposten und einem Spital mit 100 Betten allgemeine und stationäre Gesundheitsversorgung.
Bei humanitären Krisen – auch bei weniger beachteten – Hilfe zu leisten, ist seit 50 Jahren Sinn und Zweck von Ärzte ohne Grenzen.
2021 haben Sie unseren Teams die Mittel in die Hände gegeben, um Menschen in Not weiterhin zu beschützen und zu behandeln, ihr Leid zu mildern und ihnen Hoffnung und Würde zu schenken.
Wir danken Ihnen von ganzem Herzen für Ihre wertvolle Unterstützung in diesem Jahr und wünschen Ihnen frohe Festtage im Kreise Ihrer Liebsten.
© Alexis Huguet