DR Kongo: Bekämpfung von Masern in Zeiten von Covid-19

1er avril 2020 Niangara, Haut-Uele, RDC

Demokratische Republik Kongo4 Min.

Im Schatten von Covid-19 wüten relativ unbemerkt auch andere Epidemien. So auch in der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo): Einmal mehr grassiert im Land eine Masern-Epidemie. Seit 2019 unterstützt Ärzte ohne Grenzen die nationalen Gesundheitsbehörden bei der Bekämpfung dieser hochansteckenden Krankheit mit hohen Sterblichkeitsraten.

Laut offiziellen Zahlen hat der gegenwärtige Ausbruch bereits 6000 Todesopfer gefordert, Hunderttausende Menschen sind an Masern erkrankt.

Die Teams von Ärzte ohne Grenzen sind schon lange in dieser Region tätig. In den Gebieten, die von der Epidemie besonders betroffen sind, hilft die Organisation bei der Durchführung von Impfkampagnen und der Behandlung der Kranken in verschiedenen Gesundheitszentren im ganzen Land.

«2020 lancierten wir eine Impfkampagne gegen Masern in der Provinz Haut-Uélé, im Nordosten des Landes, in der Nähe der Grenze zum Südsudan», erklärt Lisa Merzaghi, Projektkoordinatorin in Isiro. «Da wir bereits vor Ort waren, konnten wir die Entwicklung der Epidemie in einem grösserem Rahmen beobachten. Leider bestätigte sich die im Bezirk Niangara festgestellte Tendenz, dass sich die Krankheit weiterhin ausbreitet.»

Niangara, Haut-Uele, RDC, 1er avril 2020

Kally Masudi, MSF-Pflegefachmann, vor dem Eingang des Gesundheitszentrums in Lipombo, Region Niangara, DR Kongo.

© MSF/Avra Fialas

Restriktionen und Ausgangssperre wegen Covid-19

Seit im März die ersten Fälle von Covid-19 in der DR Kongo bestätigt wurden, müssen die Impfteams nun auch mit den landesweit geltenden Restriktionen und der Ausgangssperre umgehen.

Trotz dieser zusätzlichen Schwierigkeit konnten insgesamt 39 Teams vom 16. bis 21. März über 54 000 Kinder im Alter zwischen sechs Monaten und fünf Jahren gegen Masern impfen. Damit sind nun 97,3 Prozent der Zielbevölkerung geimpft. Dennoch nimmt die Zahl der Neuansteckungen und der Todesfälle in anderen Provinzen weiterhin zu.

«Während etwas mehr als einer Woche waren unsere Teams täglich über acht Stunden unterwegs, meistens per Motorrad, damit sie die engen und schlammigen Strassen passieren konnten», fährt Merzaghi fort.

Hôpital général de Niangara, Haut-Uele, RDC. 31 mars 2020

Eine junge Frau wird im Spital von Niangara, Provinz Haut-Uélé, von einem MSF-Team behandelt. Sie ist schwer an Masern erkrankt.

© MSF/Avra Fialas

Eine logistische Herausforderung: Einhaltung der Kühlkette

«Abgesehen von der Herausforderung, die Dörfer überhaupt zu erreichen, stellen sich weitere Schwierigkeiten. Man muss auch in der Lage sein, die Impfstoffe den Vorschriften entsprechend zu transportieren. Die Impfstoffe müssen bei einer Temperatur zwischen zwei und 8 Grad aufbewahrt werden. Deshalb werden sie in Kühlboxen transportiert, in denen die Temperatur während mehrerer Tage sichergestellt ist, und in kleineren Behältern für jeweils einen Tag», führt Maud Pathe, Logistik-Verantwortliche bei Ärzte ohne Grenzen, weiter aus. 

Die Herstellung von Eis zur Kühlung der Boxen stellt vor jeder Impfkampagne eine besondere logistische Herausforderung dar.

«Obschon ich schon seit Jahren als Pflegefachmann in diesem Bezirk arbeite, wusste ich nicht einmal von der Existenz einiger Dörfer. Tatsächlich sah ich sie zum ersten Mal, als es uns gelang, sie für die Impfkampagne aufzusuchen», erzählt Jeremie Mbota, der im Gesundheitszentrum in Lipombo arbeitet.

Eigene Stromquelle mitbringen

«Die Schwierigkeit war, die Impfungen über zwei Hauptrouten zu organisieren. Wir mussten unser Personal verdoppeln. Zu allem Übel hatte einer unserer Generatoren eine Panne, und das nur wenige Tage vor Beginn der Impfaktion», erinnert sich Pathe. «Unsere Kollegen von der Beschaffung handelten zum Glück sofort und schickten uns notfallmässig einen anderen Generator. So konnten wir die Impfungen dennoch planmässig durchführen. Da es in unseren Einsatzorten keinen Strom gibt, ist gerade für die Einhaltung der Kühlkette eine eigene Stromquelle eine wesentliche Voraussetzung».

Nach der Impfkampagne haben die Teams in den verschiedenen Gesundheitszentren die Betreuung der Masernkranken sichergestellt. Im Zuge dessen hat Ärzte ohne Grenzen etwa zwanzig Mitarbeitende des Gesundheitsministeriums in der Behandlung der Krankheit instruiert und hat medizinisches Material gespendet. «Diese Schulungen ermöglichen, dass unsere Kollegen sich nachher selbst um an Masern erkrankte Personen kümmern können. Das ist motivierend und gibt ein gutes Gefühl», fügt Merzaghi hinzu. Die Teams von Ärzte ohne Grenzen haben die Gelegenheit auch genutzt, um die Bevölkerung mit Vitamin A und Medikamenten gegen Parasiteninfektionen zu versorgen und auf Mangelernährung zu untersuchen.

Impfungen auszusetzen wäre verheerend

Im Anschluss an die Impfkampagne stellte sich schon die nächste Herausforderung: Im März wurden in der DR Kongo die ersten Fälle von Covid-19 bestätigt. Von da an sahen sich die Impfteams mit den diversen Restriktionen und der Ausgangssperre im ganzen Land konfrontiert.

Die Gesundheitsbehörde entschied, die Impfungen dennoch durchzuführen, unter Beachtung der neuen Vorschriften. Diese Entscheidung ermöglichte es Gesundheitsdienstleistern und humanitären Organisationen, weiterhin Leben zu retten – insbesondere in den Gebieten, die von den Masern besonders betroffen waren. «Hätte man die Impfungen wegen Covid-19 abgesagt, wäre dies für die betroffenen Bevölkerungen verheerend gewesen», sagt Alex Wade, Landesskoordinator in der DR Kongo.

Die Impfungen richten sich insbesondere an Kinder im Alter zwischen sechs Monaten und zehn Jahren, die besonders anfällig für eine Ansteckung mit Masern sind, und helfen damit, die Zahl der Todesopfer zu verringern.

Nun hat Ärzte ohne Grenzen eine weitere Impfkampagne in der Provinz Tshopo gestartet. Das Ziel ist es, unter Einhaltung der Covid-19-Vorschriften 51 000 Kinder unter zehn Jahren zu impfen.